Название: Zur Professionalität der Professionalisierenden
Автор: David Gerlach
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik
isbn: 9783823302025
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Damit verbunden sein kann auf dieser Ebene jedoch keine Wirksamkeitsforschung, was an dieser Stelle bereits ausdrücklich hervorgehoben werden soll, um keinen falschen Eindruck oder entsprechende Vorerwartungen zu erwecken. Vielmehr wird der Versuch unternommen, die Handlungspraxis von Lehrerbildner*innen im Vorbereitungsdienst angehender Fremdsprachenlehrkräfte, ihre Orientierungen, ihre Habitūs (wenn auch hier in diesem Kontext nicht angeknüpft an Entwicklungsaufgaben), in einem Feld explorativ beschreibbar werden zu lassen, um zunächst überhaupt Anhaltspunkte über die Ausbildungstätigkeit und ihre Position im Feld der zweiten Phase erhalten zu können. Da das vorliegende Projekt vorwiegend besondere Ausbildungskräfte (Fachleiterinnen/Fachleiter) von Referendarinnen und Referendare moderner Fremdsprachen in den Blick genommen hat, wird im Folgenden unter einer fachdidaktisch-spezifischen Perspektive auf die mutmaßlich angenommene Professionalisierungsbedürftigkeit von Fremdsprachenlehrkräften in ihrer Spezifik fokussiert, um die dort empirisch genutzten Konstrukte auch in Beziehung zu schulpädagogischer Professionsforschung zu setzen. Auf die Phasenspezifität des Vorbereitungsdienstes und daraus vorliegender Forschung wird im Anschluss eingegangen (vgl. Abbildung 1), um eine Klammer der institutionellen Rahmungen um die schulpädagogische, fremdsprachendidaktische, stärker auf das Individuum zielende Professionsforschung zu erhalten.
3 Fremdsprachendidaktische Professionsforschung
Aufgrund der Tatsache, dass in dieser Arbeit der Vorbereitungsdienst angehender Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrer in den Blick genommen wird, wird dieser Gruppe von Lehrpersonen bzw. mittels der je ausgebildeten bzw. unterrichteten Fächer eine gewisse Spezifik unterstellt, welche im späteren Verlauf zwar auch hinterfragt werden soll, es jedoch an dieser Stelle nötig macht, einen Überblick über Ansätze und Forschungsgegenstände von Lehrerprofessionalität und -professionalisierung in der Disziplin der Fremdsprachenforschung herauszuarbeiten. Ziel dessen soll es hier nicht sein, im Detail eine fremdsprachendidaktische Professionstheorie zu skizzieren. Vielmehr sollen in einer parallel zu den zuvor vorgestellten schulpädagogischen Bestimmungsansätzen von Lehrerprofessionalität/-professionalisierung die in der Fremdsprachenforschung jeweils relevant gesetzten Forschungsgegenstände im Zusammenhang mit Lehrerprofessionalität/-professionalisierung gebündelt vorgestellt und hinsichtlich der Frage bewertet werden, inwiefern diese empirisch betrachteten oder durch Vorgaben normativ gesetzten Gegenstände eine Relevanz für die Fremdsprachenlehrerprofessionalität bzw. -professionalisierung zeigen.
Zu diesem Zweck wird primär Forschung aus dem deutschsprachigen Raum herangezogen, um eine Anschlussfähigkeit an die in Kapitel 2 verhandelten Bestimmungsansätze zu erhalten, sowie einschlägig internationale empirische wie theoretische Forschung, welche häufiger auf gänzlich anderen Konstrukten basiert, dabei aber gleichzeitig die deutsche Fremdsprachenforschung hinsichtlich professionstheoretischer Grundlagenforschung im Wesentlichen informiert hat.1 In ihrer komparativen Gesamtschau soll ein Überblick der Forschung und damit ein gewisses Anforderungsprofil, möglicherweise ein spezifischer Professionalisierungsbedarf angehender Fremdsprachenlehrkräfte, für das im Anschluss vorzustellende Vorhaben klarer konturiert und im späteren Verlauf der Arbeit dann ihre Anschlussfähigkeit an allgemein-schulpädagogische Konzepte im Kontext einer lehrerbildenden Struktur wie der des Vorbereitungsdienstes diskutiert werden.
Zusammengefasst verfolgt dieses Kapitel das Ziel, Antworten auf die folgenden Fragen zu finden:
1 Welche Themen bzw. Gegenstände sind im Feld der Fremdsprachenlehrerbildung bzw. -professionalisierung von besonderer Bedeutung?
2 Welche konzeptionellen, theoretischen und empirischen Zugänge liegen dieser Forschung zugrunde?
3 Welche Ergebnisse liefern die angeführten Studien, Zugänge und Gegenstände im Hinblick auf eine spezifische Professionalisierungsbedürftigkeit der betroffenen Lehrkräfte ggf. auch aufgrund spezifisch-struktureller, systemischer oder methodisch-didaktischer Anforderungen?
3.1 Forschung zu Fremdsprachenlehrerprofessionalität
Es lässt sich für die deutsche Fremdsprachenforschung durchaus unterstellen, dass eine domänenspezifisch breite Professionsforschung von Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrern bis in die Anfänge dieses Jahrtausends kaum vorhanden war. Roters und Trautmann (2014) sowie Königs (2014) sehen hier insbesondere die starke Lernerorientierung der vorhergehenden Jahrzehnte als eine der Hauptursachen, welche sich primär mit den – nicht minder wichtigen – Lernprozessen der Schülerinnen und Schüler beschäftigte, was jedoch dazu führte, dass die Lehrperson zunehmend in den Hintergrund rückte. Königs (2014) geht sogar so weit zu fragen: „War die Lernerorientierung ein Irrtum?“ (ebd.: 66) und diagnostiziert ein Zurückbleiben der fremdsprachendidaktischen gegenüber der schulpädagogischen Forschung (möglicherweise ebenso anderer Fachdidaktiken) im Hinblick auf den Einfluss und die Rolle der Lehrkraft im (Fremdsprachen-)Unterricht. Auch Viebrock (2014) stellt – beispielhaft für das Feld des bilingualen Unterrichts – ein recht geringes Interesse fremdsprachendidaktisch motivierter Professionsforschung fest und begründet dies mit dem eher auf Lernprozesse eingeschränkten Fokus:
Ein Grund hierfür mag sein, dass sich die Fremdsprachendidaktik … in erster Linie mit einem begrenzten, wenn auch zentralen Ausschnitt der Tätigkeit von Lehrer*innen befassen, nämlich der Inszenierung und Reflexion fachlicher und sprachlicher Lernprozesse, weniger aber mit den allgemeinpädagogischen und administrativen Aufgabenfeldern, welche der Lehrberuf darüber hinaus umfasst. (ebd.: 73)
Die Fokussierung auf Lernprozesse führte ebenfalls international zum Ende des vergangenen Jahrhunderts eher zu methodisch-didaktischen Ratgebern – oder eher: Rezeptgebern – für Unterricht, die konzeptionell durchdacht, aber nur selten empirisch angebunden waren:
The literature on teacher education in language teaching is slight compared with the literature on issues such as methods and techniques for classroom teaching. Few of the articles published in the last twenty years are data-based, and most consist of anecdotal wish lists of what is best for the teacher. (Richards/Nunan 1990: XI)1
Die empirische Wende im Feld der Fremdsprachenlehrerbildung diskutiert für den internationalen Kontext Freeman (2009) und stellt diese bildlich als Wirbel dar, der sich weiter ausbreitet und damit immer mehr Felder und Fragestellungen abdeckt (s. Abbildung 5): Nach separater Betrachtung von Lehrkräftetraining im Sinne universitärer bzw. institutionalisierter Ausbildung und dem Einsetzen der Idee von beruflicher und professioneller Weiterentwicklung (Development) seit den 80er Jahren treten das Aufbauen einer Forschungsbasis und weitergehender, umfassenderer Konzeptualisierungsansätze in den 90er Jahren in den Vordergrund, während diese seit den 2000er Jahren um operationale, primäre soziologische Fragestellungen ergänzt werden, die sich um Fremdsprachenlehreridentität, -sozialisation und situierte Praxis СКАЧАТЬ