Zur Professionalität der Professionalisierenden. David Gerlach
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zur Professionalität der Professionalisierenden - David Gerlach страница 12

СКАЧАТЬ auf der Grundlage ihrer fachbezogenen Expertise hinsichtlich der Planung und Gestaltung eines inklusiven Unterrichts mit sonderpädagogisch qualifizierten Lehrkräften und sonstigem pädagogischen Personal zusammenarbeiten und mit ihnen gemeinsam entsprechende Lernangebote entwickeln,

       sind sensibilisiert für den Bedarf an barrierefreien Lernmedien von Lernenden mit Behinderungen. (KMK 2017: 44)

      Es fällt auf, dass ein Teil der Facetten sowie auch die hier nicht näher vorgestellten Studieninhalte nicht immer rein fremdsprachendidaktischer Natur sind. So sind insbesondere die Anforderungen für inklusives Unterrichten nicht im Besonderen fachdidaktisch geprägt, Aspekte von Textarbeit spielen neben den Fremdsprachen logischerweise auch im Besonderen im Fach Deutsch eine gewichtige Rolle, allerdings scheint die Forderung „ein Habitus des forschenden Lernens“ (s.o.) auf den ersten Blick ebenso für andere Fächer relevant, taucht in den KMK-Standards in der Tat allerdings in dieser Explizitheit nur bei den Neuen Fremdsprachen auf, ansonsten in keinem anderen Fachprofil. Auch die Anforderungsniveaus innerhalb des Profils unterscheiden sich teilweise: Während ein „nativnahes“ Sprachvermögen bzw. die Fähigkeit zur Didaktisierung literarischer Texte deutlich hohe Anforderungen an die Fähig- und Fertigkeiten der Studienabsolventinnen und -absolventen stellen, werden andere Wissensbestände häufig als „vertieft“, zumindest „anschluss- oder ausbaufähig“ charakterisiert, im Hinblick auf einen kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht reichen „erste reflektierte Erfahrungen“ aus. Die Abstraktion von Lehrkompetenzen in dieser Form ist aus fremdsprachendidaktischer Perspektive kritisiert worden: „Sie beruht auf der Annahme, dass die Gemeinsamkeiten beim Fremdsprachenlernen und -lehren groß genug sind, um die Kompetenzen (sprach)übergreifend formulieren zu können.“ (Lütge 2012: 192) Neben einer mangelhaften Ausschärfung fachdidaktischer Konzepte, d.h. dem Verbleib auf einer dort sehr allgemeinen Ebene, wird als Kritik ebenfalls aufgeführt, dass kaum konkrete Studieninhalte für die Literatur- und Kulturwissenschaften sowie die Linguistik ausformuliert wurden (Deutscher Anglistenverband/Deutsche Gesellschaft für Amerikastudien 2009), was in späteren Fassungen jedoch zumindest in Teilen ergänzt wurde.4 Wie Dausend (2017) noch dazu richtigerweise – hier im Kontext von Primarenglischlehrkräften – darstellt, sind die KMK-Vorgaben zwar als solche zu verstehen, allerdings finden sie aufgrund des deutschen Bildungsföderalismus selten eine vollständige Entsprechung in den innerhalb der einzelnen Länder festgelegten Standards.5 Dennoch: Die KMK-Standards zu den Bildungswissenschaften bzw. auch die frühen Entwürfe zu fachwissenschaftlichen sowie fachdidaktischen Studienanteilen bilden für die größeren empirischen Untersuchungen der Folgejahre wie TEDS-LT und PKE eine bedeutende Grundlage hinsichtlich der Entwicklung von Testitems und anzuwendender Konstrukte, weswegen sie hier wiederum besondere Bedeutung erlangen.

      Während die im vorherigen Kapitel bereits vorgestellte COACTIV-Studie verschiedene Dimensionen des Lehrerwissens untersucht, ist der Ansatz der TEDS-LT-Studie (Teacher Education and Development Study: Learning to Teach; Blömeke 2013) von den theoretischen Grundannahmen – trotz fachlicher Ausschärfungen – durchaus vergleichbar und in der Tradition von Shulman (1986) und seiner Unterscheidung der Wissensformen und im Anschluss an Weinerts Kompetenzdefinition (2001b) zu sehen.6 TEDS-LT erhebt das Wissen bzw. Kompetenzen angehender Mathematik-, Deutsch- und Englischlehrkräfte zum Zeitpunkt des Bachelor- und Masterabschlusses, für Englischlehrkräfte im Besonderen dargestellt in Roters et al. (2011), auch in Reaktion zu den mittels der KMK-Standards angelegten Anforderungen. Diese Grundüberlegungen und Konstrukte werden vom Projekt Professionelle Kompetenz angehender Englischlehrkräfte (PKE) aufgegriffen mit dem Ziel, mittels quantitativer Verfahren und Tests verschiedener Konstrukte und Dimensionen in Schulmanscher Tradition allgemeinpädagogisches Wissen, Fachwissen sowie fachdidaktisches Wissen von (angehenden) Englischlehrerinnen und -lehrern über die beiden ersten Phasen hinweg zu erfassen und zu modellieren (vgl. König et al. 2016/2017). Die Analyse der Testitems7 von ca. 440 Englischlehrkräften in beiden Phasen sowie unterschieden in Sekundarstufe I und II ergeben Zusammenhänge zwischen fachdidaktischem und jeweils Fach- und allgemein-pädagogischem Wissen, jedoch korrelieren das Fachwissen und das pädagogische Wissen in geringerem Maße als in der vergleichbaren COACTIV-Studie zu Mathematiklehrkräften, was die Autorinnen und Autoren auf die große Bedeutung von z.B. zu vermittelnder literatur- und kulturwissenschaftlicher Inhalte in der Sekundarstufe II zurückführen. Nicht überraschend ist die Tatsache, dass das fachdidaktische und pädagogische Wissen der Referendarinnen und Referendare im Sample stärker ausgeprägt ist als dasjenige der Studierenden, jedoch scheint sich bezüglich des Fachwissens keine Veränderung, sprich: Zunahme, von der ersten zur zweiten Phase ausmachen zu können. Dies lässt sich in der Tat anknüpfen an Erkenntnisse aus TEDS-LT (vgl. Blömeke et al. 2013, für Englisch: Jansing et al. 2013), wo auch zwischen den beiden Studierendenkohorten keine signifikante Steigerung des Fachwissens im Studienverlauf nachgewiesen werden konnte, jedoch im Bereich des fachdidaktischen Wissens ein Zuwachs auftrat (vgl. Roters et al. 2011). König et al. (2016) merken im Rahmen der Diskussion von Grenzen ihrer Untersuchung an, dass sie in ihrem Projekt lediglich die kognitive Dimension von Lehrerwissensbeständen prüfen, dabei aber andere Dispositionen vernachlässigen:

      [Such] dispositions are relevant, but should be extended theoretically and empirically with respect to the situation-specific skills of perception, interpretation, and decision-making to adequately model proximal indicators for teacher performance in class. (König et al. 2016: 12)

      Das im Verfahren abgeprüfte fachdidaktische Wissen bzw. die konkreten Items werden in den Publikationen zwar auszugsweise aufgeführt, jedoch nur grob in den Dimensionen „Knowledge of curriculum“, „Knowledge of teaching strategies and representations“ sowie „Knowledge of students“ zusammengefasst (vgl. ebd.: 8). Für das Fachwissen wird in Kontrastierung zum mathematischen verschiedentlich angemerkt, dass es von anderer Qualität und „akademischer“ sei. Literatur- und Kulturwissenschaften seien daher eher „the academic foundation for the EFL [English as a Foreign Language; Anmerkung D.G.] teacher to become a cultural expert in English and to develop the competences of an intercultural speaker, not a native speaker“ (ebd.).

      Diese Schwerpunkte bilden auch einen der zentralen Kerne des Projekts FALKO-E (vgl. Kirchhoff 2017). Ausgehend von den zentralen Erkenntnissen der vorliegenden empirischen Studien, insbesondere der Tatsache, dass das Fach Englisch als gering strukturierte Wissensdomäne zu fassen ist (vgl. Roters et al. 2011, Blömeke 2014a), unternimmt FALKO-E als Baustein des an der Universität Regensburg interdisziplinär angelegten Vorhabens FALKO – Fachspezifische Lehrkompetenzen (vgl. Krauss et al. 2017) den Versuch, fachdidaktisches Professionswissen sowie Fachwissen von Englischlehrkräften der Sekundarstufe I zu erfassen und greift dabei „teilweise auch auf qualitative und hermeneutische Forschungsarbeiten zurück“ (Kirchhoff 2016: 76), die im Feld vorliegen und unten noch detaillierter vorgestellt werden. Für Kirchhoff (2016) ist im Sinne eines englischdidaktisch spezifischen Professionswissens nicht nur deklaratives Wissen zentral, sondern auch ein Erfahrungswissen „im Sinne der Erfahrung im fachspezifischen unterrichtlichen Handeln“ (ebd.: 76). In FALKO-E (FALKO-Englisch) zeigen sich die Facetten englischdidaktisch-spezifischen Professionswissens unterteilt in „Wissen um schülergerechtes Erklären und Repräsentieren“, „Wissen um Schülerkognitionen“, „Wissen um Lehr-/Lernpotential von Aufgaben und Texten“ sowie Fachwissen als „[vertieftes] Hintergrundwissen über Fachinhalte des Curriculums der Sekundarstufe“ (Kirchhoff 2017: 120). Sie stellt die besonderen Schwierigkeiten beim Herausarbeiten und Zusammenstellen vor allem der fachdidaktischen, normativ geprägten Items heraus, welche durch empirische Erkenntnisse sowie Augenscheinvalidität in Pretests entwickelt und begutachtet werden (vgl. Kirchhoff 2016). Ebenfalls im Zusammenhang der Entwicklung eines Testverfahrens zur Messung des Professionswissens angehender Spanischlehrkräfte, welches in seiner Itementwicklung stark an die KMK-Standards für Lehrpersonen wie Lernende angelegt ist, zeigt sich, „dass das geplante Testverfahren in der Praxis auf Grenzen stößt“ (Hoinkes/Weigang 2016: 71). Dies scheint daher, primär aufgrund der geringen Strukturiertheit der fremdsprachendidaktischen Wissensdomäne, ein durchaus generelles Problem hinsichtlich dieser Forschungsansätze darzustellen.

      Auch СКАЧАТЬ