Das Tal der Angst. Sir Arthur Conan Doyle
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Название: Das Tal der Angst

Автор: Sir Arthur Conan Doyle

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783963181382

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СКАЧАТЬ von Moriartys Schecks zu verfolgen – ganz gewöhnliche, harmlose Schecks, mit denen er seine Haushaltsrechnungen begleicht. Sie waren auf sechs verschiedene Banken ausgestellt. Wie finden Sie das?«

      »Das ist allerdings auffällig. Aber was schließen Sie daraus?«

      »Er will nicht, dass sein Reichtum bekannt wird. Niemand soll wissen, wie viel er besitzt. Ich gehe davon aus, dass er vielleicht zwanzig Bankkonten hat und dass der größte Teil seines Vermögens bei ausländischen Banken deponiert ist – vermutlich bei der Deutschen Bank oder beim Crédit Lyonnais. Sollten Sie einmal viel Zeit haben, ein Jahr oder zwei, dann empfehle ich Ihnen, sich mit Professor Moriarty zu beschäftigen.«

      Inspektor MacDonald zeigte sich im Laufe dieses Gesprächs zunehmend fasziniert und sichtlich beeindruckt. Doch sein praktischer schottischer Verstand führte ihn rasch wieder zurück zu seinem aktuellen Fall.

      »Das muss warten«, sagte er. »Sie haben uns mit diesen hochinteressanten Anekdoten auf ein Nebengleis gebracht, Mr Holmes. Das Wichtigste für mich ist Ihre Vermutung, es gäbe eine Verbindung zwischen dem Professor und dem aktuellen Fall. Sie schließen das aus der Warnung, die Sie von diesem Porlock bekommen haben. Aber gibt das etwas her für unsere augenblicklichen ganz praktischen Erfordernisse?«

      »Es könnte uns einen Hinweis geben auf die Beweggründe des Verbrechens. Aus Ihren ersten Bemerkungen schließe ich, dass der Mord unerklärlich ist oder zumindest ungeklärt. Wenn wir davon ausgehen, dass der Hintergrund des Verbrechens eben jener ist, von dem wir gerade gesprochen haben, kommen zwei potentielle Motive in Frage. Dazu muss ich Ihnen sagen, dass Moriarty seine Leute mit eiserner Faust regiert. Die Disziplin, die er unter seinem Regime erwartet, ist beispiellos, und bei Verstößen gibt es nur eine Art von Strafe: den Tod. Eine mögliche Annahme ist also, dass der ermordete Mann – dieser Douglas, von dessen bevorstehendem Schicksal einer der Unterlinge des Erzverbrechers gewusst hat – in irgendeiner Weise am Boss Verrat geübt hat. Die Strafe folgte auf dem Fuße, und alle werden davon erfahren, mit dem Nebenzweck, dass sie in tödlicher Furcht vor dem Herrn gehalten werden.«

      »Ja, das wäre eine Möglichkeit, Mr Holmes.«

      »Die andere ist, dass die Sache von Moriarty im Zuge eines seiner gewöhnlichen Verbrechen arrangiert worden ist. Ist denn etwas geraubt worden?«

      »Nicht dass ich wüsste.«

      »Falls doch, würde das natürlich gegen die erste Hypothese und für die zweite sprechen. Moriarty könnte gegen einen Anteil an der Beute mit der Planung des Verbrechens beauftragt worden sein, oder man hat ihm schon vorher eine Summe gezahlt, damit er es arrangiert. Beides ist möglich. Aber wie auch immer, selbst wenn es noch eine dritte Möglichkeit gibt, die Lösung müssen wir in Birlstone suchen. Ich kenne unseren Mann gut genug, um zu wissen, dass er in London keine Spur hinterlassen hat, die zu ihm führt.«

      »Dann auf nach Birlstone!« rief MacDonald und sprang auf. »Du liebe Güte! Es ist später als ich dachte. Gentlemen, ich kann Ihnen leider nur fünf Minuten geben für Ihre Reisevorbereitungen, mehr nicht.«

      »Das genügt«, sagte Holmes, während er aufstand und rasch den Morgenmantel mit dem Gehrock vertauschte. »Vielleicht sind Sie unterwegs so freundlich und erzählen mir alles über den Fall, Mr Mac.«

      »Alles« erwies sich als enttäuschend wenig, aber es war genug, um uns zu überzeugen, dass dieses Verbrechen die Aufmerksamkeit des Meisterdetektivs wert war. Holmes’ Miene heiterte sich auf, und er rieb sich die schmalen Hände, während er sich die spärlichen, aber ungewöhnlichen Details anhörte. Hinter uns lag eine allzu lange Folge allzu ruhiger Wochen, und hier bot sich endlich wieder ein angemessenes Objekt für jene erstaunlichen Gaben, die, wie alle Spezialbegabungen, ihrem Besitzer zur Last werden, wenn sie ungenutzt bleiben. Untätigkeit lässt einen rasiermesserscharfen Verstand leiden und abstumpfen. Sherlock Holmes’ Augen funkelten, seine blassen Wangen nahmen eine wärmere Farbe an, und sein Gesicht leuchtete auf, wenn ihn der Ruf der Arbeit erreichte. Leicht nach vorn gelehnt saß er in der Droschke und lauschte konzentriert MacDonalds knapper Schilderung des Falles, der uns in Sussex erwartete. Dabei besaß der Inspektor lediglich einen kurzen handschriftlichen Brief als Informationsquelle, der ihm, wie er sagte, in den frühen Morgenstunden mit dem Milchzug zugesandt worden war. White Mason, der vor Ort zuständige Kriminalpolizist, war ein persönlicher Bekannter von ihm, deshalb war MacDonald wesentlich rascher benachrichtigt worden, als es normalerweise der Fall ist, wenn eine lokale Polizeibehörde Scotland Yard zu Rate ziehen muss. In der Regel findet der Experte aus London, wenn er endlich hinzugezogen wird, nur noch eine kalte Spur vor. Der Brief, den MacDonald uns vorlas, lautete folgendermaßen:

      ›Lieber Inspektor MacDonald,

      die offizielle Anforderung polizeilicher Unterstützung finden Sie in einem separaten Umschlag. Dies hier ist für Sie privat. Telegraphieren Sie mir, mit welchem Zug Sie am Vormittag nach Birlstone kommen, dann hole ich Sie entweder selbst am Bahnhof ab, oder ich lasse Sie abholen, falls hier zu viel zu tun ist. Der Fall ist ein Riesending! Verlieren Sie keine Zeit, kommen Sie schnell. Und bringen Sie bitte, falls möglich, Mr Holmes mit, das ist eine Sache ganz nach seinem Geschmack. Man könnte meinen, es sei eine effektvoll für die Bühne arrangierte Szene, wenn nicht mittendrin eine Leiche läge. Auf mein Wort, es ist ein Riesending!‹

      »Ihr Freund scheint kein Dummkopf zu sein«, bemerkte Holmes.

      »Nein, Sir, White Mason hat es in sich, ganz bestimmt.«

      »Schön, haben Sie sonst noch etwas?«

      »Nur, dass er uns über alle Details informieren wird, sobald wir uns treffen.«

      »Wie haben Sie dann den Namen Douglas erfahren, und dass er auf schreckliche Weise ermordet worden ist?«

      »Aus dem beigefügten offiziellen Schreiben. Aber ›schrecklich‹ steht da nicht drin, das ist kein korrekter amtlicher Ausdruck. Der Name ist mit John Douglas angegeben. Ferner ist angegeben, dass die tödlichen Kopfverletzungen von einem Schuss aus einer Schrotflinte herrühren. Und der Zeitpunkt, zu dem die Polizei alarmiert wurde: kurz vor Mitternacht. Dann steht noch drin, dass es sich unzweifelhaft um Mord handelt, dass bisher keine Festnahme erfolgt ist und dass der Fall einige mysteriöse und ungewöhnliche Merkmale aufweist. Das ist alles, was wir bisher haben, Mr Holmes.«

      »Dann wollen wir es vorerst dabei belassen, Mr Mac, wenn Sie gestatten. Die Versuchung, aufgrund ungenügender Fakten voreilige Hypothesen zu bilden, ist der Fluch unseres Berufes. Für mich stehen gegenwärtig nur zwei Dinge fest: Es gibt ein geniales Hirn in London und einen toten Mann in Sussex. Die Verbindung zwischen beiden ist es, der wir nachspüren müssen.«

      3. KAPITEL

      Die Tragödie von Birlstone

      Ich möchte nun für einen Augenblick um Erlaubnis bitten, meine eigene unbedeutende Person in den Hintergrund treten zu lassen und die Ereignisse, die sich vor unserer Ankunft am Schauplatz des Verbrechens abgespielt hatten, im Licht unserer späteren Erkenntnisse zu schildern. Das ist wohl die beste Art, den Leser mit den beteiligten Personen und dem eigenartigen Hintergrund bekannt zu machen, vor dem sich ihr Schicksal erfüllt hatte.

      Das Dörfchen Birlstone liegt im Norden der Grafschaft Sussex und besteht lediglich aus ein paar altertümlichen Fachwerkhäusern. Jahrhundertelang hatte sich hier kaum etwas verändert, aber in den letzten Jahren hatten das malerische Erscheinungsbild und die günstige Lage mehrere wohlhabende Familien angelockt, deren Landhäuser nun aus den umgebenden Wäldchen lugten. Diese Wäldchen sind die äußersten Ausläufer des Weald, jenes ausgedehnten Waldgebietes, das sich nach Norden hin immer mehr lichtet, bis es den Höhenzug der СКАЧАТЬ