Название: Das Tal der Angst
Автор: Sir Arthur Conan Doyle
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783963181382
isbn:
»Sie sind früh auf, Mr Mac«, sagte er. »Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Jagd. Aber ich fürchte, Ihr Besuch bedeutet, dass Unheil im Schwange ist.«
»Wenn Sie gesagt hätten ›ich hoffe‹ statt ›ich fürchte‹, käme es der Wahrheit wohl näher, Mr Holmes«, antwortete der Inspektor mit verschmitztem Grinsen. »Gern, ein kleines Schlückchen vertreibt die Morgenkälte aus den Knochen. Nein, rauchen möchte ich nicht, vielen Dank. Ich muss auch gleich weiter – die ersten Stunden eines Falles sind die wichtigsten, das weiß niemand besser als Sie. Aber – aber –«
Der Inspektor stockte und starrte mit dem Ausdruck fassungsloser Ungläubigkeit auf das Blatt Papier, das auf dem Tisch lag – jenes Blatt, auf das ich die entschlüsselte Botschaft gekritzelt hatte.
»Douglas!« stieß er hervor. »Birlstone! Was soll das heißen, Mr Holmes? Mann Gottes, das ist ja die reinste Hexerei! Wie, um Himmels willen, kommen Sie an diesen Namen?«
»Es war eine chiffrierte Nachricht, die Dr Watson und ich soeben Gelegenheit hatten zu entschlüsseln. Aber was ist los – stimmt etwas nicht mit diesem Namen?«
Der Inspektor blickte wie betäubt vor Verblüffung zwischen Holmes und mir hin und her.
»Allerdings«, antwortete er. »Mr Douglas von Birlstone Manor House ist heute Nacht auf schreckliche Weise ermordet worden.«
2. KAPITEL
Mr Sherlock Holmes doziert
Es war einer jener dramatischen Augenblicke, die mein Freund so liebte. Dabei wäre es übertrieben zu sagen, dass die schockierende Erklärung ihn aus der Fassung gebracht oder auch nur in Erregung versetzt hätte. Seinem einzigartigen Charakter war nicht der geringste Zug von Grausamkeit zu eigen, aber infolge seiner langjährigen Erfahrung mit dem Verbrechen war er zweifellos dickhäutig geworden. Seine Gefühlsregungen waren abgestumpft, dafür war seine intellektuelle Wahrnehmung außerordentlich scharf. Keine Spur des Grauens war ihm anzumerken, das mich bei dieser knappen Mitteilung gepackt hatte, sein Gesicht zeigte vielmehr die konzentrierte Ruhe eines Chemikers, der das Ausfallen von Kristallen in einer gesättigten Lösung beobachtet.
»Bemerkenswert«, sagte er, »höchst bemerkenswert!«
»Sie scheinen nicht überrascht zu sein.«
»Interessiert, Mr Mac, aber kaum überrascht. Warum sollte ich auch? Ich erhalte aus einer Quelle, von der ich weiß, dass sie ernst zu nehmen ist, eine anonyme Nachricht mit der Warnung, dass einer bestimmten Person Gefahr droht. Eine Stunde später erfahre ich, dass die Drohung wahr gemacht worden ist und die betreffende Person tot ist. Ich bin interessiert, wie Sie sehen, aber keineswegs überrascht.«
Er erläuterte dem Inspektor in ein paar kurzen Sätzen, was es mit dem Brief und der chiffrierten Nachricht auf sich hatte. MacDonald saß da, das Kinn in die Hände gestützt, die dicken sandfarbenen Augenbrauen zu einem strohgelben Gestrüpp zusammengezogen.
»Ich will noch heute Vormittag nach Birlstone«, sagte er. »Eigentlich bin ich zu Ihnen gekommen, um zu fragen, ob Sie mich begleiten möchten – Sie und Ihr Freund. Aber nach dem, was Sie gerade erzählt haben, können wir vielleicht in London mehr ausrichten.«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Holmes.
»Aber Mr Holmes!« rief der Inspektor. »Morgen oder übermorgen werden die Zeitungen voll sein vom ›Rätsel von Birlstone‹. Aber wo ist das Rätsel, wenn es in London einen Mann gibt, der ein Verbrechen voraussagt, bevor es begangen wird? Wir brauchen nur diesen Mann zu greifen, dann findet sich der Rest.«
»Das ist zweifellos richtig, Mr Mac, aber wie stellen Sie sich das Ergreifen des sogenannten Porlock vor?«
MacDonald drehte den Brief um, den Holmes ihm gereicht hatte.
»Aufgegeben in Camberwell – das hilft uns nicht viel weiter. Name fingiert, wie Sie sagen. Das ist tatsächlich etwas wenig für den Anfang. Aber Sie sagten, Sie hätten ihm Geld geschickt?«
»Zwei Mal.«
»Auf welche Weise?«
»In Banknoten, postlagernd Camberwell.«
»Haben Sie sich denn nicht die Mühe gemacht herauszufinden, wer sie abgeholt hat?«
»Nein.«
Der Inspektor blickte überrascht und auch ein wenig empört drein.
»Und wieso nicht?«
»Weil ich mein Wort zu halten pflege. Ich hatte ihm nach seinem ersten Brief versprochen, dass ich ihm nicht nachspionieren werde.«
»Sie glauben, es steht jemand hinter ihm?«
»Ich weiß es.«
»Dieser Professor, den Sie mir gegenüber einmal erwähnt haben?«
»Genau.«
Inspektor MacDonald konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, und sein Augenlid zuckte vielsagend, als er mir einen Blick zuwarf.
»Ich kann Ihnen nicht verschweigen, Mr Holmes, dass wir beim C. I. D. der Ansicht sind, dass Sie sich ein bisschen in eine fixe Idee verrannt haben mit Ihrem Professor. Ich selbst habe in dieser Sache ein paar Nachforschungen angestellt. Er scheint ein äußerst respektabler, gelehrter Mann mit großen Talenten zu sein.«
»Ich bin froh, dass Sie wenigstens seine Talente zu würdigen wissen.«
»Mein lieber Mann, die sind doch nicht zu übersehen. Nachdem Sie mir erzählt hatten, was Sie von ihm denken, hielt ich es für meine Pflicht, dem nachzugehen. Wir hatten eine interessante Unterhaltung über Sonnen- und Mondfinsternisse. Keine Ahnung, wie wir auf dieses Thema gekommen sind, aber er hatte im Nu eine Reflektorlampe und einen Globus parat und hat mir im Handumdrehen alles erklärt. Er hat mir sogar ein Buch darüber geliehen, aber ich gebe zu, dass es doch etwas über meinen Horizont ging, obwohl ich in Aberdeen eine sehr ordentliche Schulbildung hatte. Er hätte einen guten Pfaffen abgegeben mit seinem hageren Gesicht und dem grauen Haar und dieser gesalbten Art zu reden. Zum Abschied hat er mir sogar die Hand auf die Schulter gelegt, da kam ich mir vor wie ein kleiner Junge, der in die kalte feindliche Welt hinausgeht und den Segen des Vaters empfängt.«
Holmes rieb sich kichernd die Hände.
»Großartig!« rief er, »großartig! СКАЧАТЬ