Название: Physikalische Chemie
Автор: Peter W. Atkins
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Жанр: Химия
isbn: 9783527828326
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Abb. 3.2 Die mikroskopische Erklärung der Irreversibilität, die durch den Zweiten Hauptsatz ausgedrückt ist. (a) Ein Ball liegt auf einem wärmeren Untergrund; die thermische Bewegung der Atome (hier zum Beispiel zufällige Schwingungen) ist durch die Pfeile angedeutet. (b) Um den Ball spontan nach oben zu bewegen, müsste sich zufällige Schwingungsbewegung plötzlich in koordinierte, gerichtete Bewegung der Atome verwandeln; dieser Vorgang ist sehr unwahrscheinlich.
Damit scheinen wir ein Kriterium für die Freiwilligkeit eines Vorganges gefunden zu haben: Wir müssen die Richtung des Prozesses herausfinden, die zu einer gleichmäßigeren Verteilung der Gesamtenergie des abgeschlossenen Systems führt. Wir können es auf unser Beispiel mit dem Ball anwenden: Hier wird die kinetische Energie des Balls auf die thermische Bewegung der Teilchen des Untergrundes verteilt. In umgekehrter Richtung läuft der Prozess nicht spontan ab, da sich die ungeordnete Energieverteilung nicht von selbst in eine geordnete, gerichtete Bewegung verwandelt.
Materie zeigt die Tendenz, sich maximal zu verteilen. Ein Gas zieht sich nicht freiwillig auf ein kleineres Volumen zusammen. Um das zu erreichen, müsste die ungeordnete Bewegung seiner Moleküle, die eine Verteilung der kinetischen Energie über den gesamten Behälter bewirkt, dazu führen, dass sich alle Teilchen plötzlich in einer Hälfte des Gefäßes befänden. Der umgekehrte Prozess, die Ausdehnung, ist eine natürliche Folge der gleichmäßigeren Energieverteilung bei der Zunahme des Volumens und läuft deshalb freiwillig ab.
Die Erkenntnis, dass man alle Prozesse in zwei Gruppen einteilen kann – die freiwillig und die nicht freiwillig ablaufenden – wird durch den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik wiedergegeben. In der Formulierung von Kelvin lautet er:
Ein Prozess, bei dem lediglich Wärme aus einem Reservoir entnommen und vollständig in Arbeit umgewandelt wird, ist unmöglich.
So ist es nicht möglich, eine Maschine wie in Abb. 3.3b zu bauen, die Wärme aus einem Wärmebad entnimmt und vollständig in Arbeit umwandelt. Zu jeder realen Wärmekraftmaschine (wie in Abb. 3.3a) gehört außer einem Wärmereservoir auch eine Wärmesenke, da jede reale Wärmekraftmaschine nur einen Teil der aus dem Wärmereservoir entnommenen Wärme in Arbeit umwandelt und den Rest in Form von Wärme an die Wärmesenke (z. B. die Umgebung) abgibt. Die Aussage von Kelvin ist eine Verallgemeinerung einer weiteren alltäglichen Erfahrung: Niemals wurde bisher beobachtet, dass ein Ball von selbst vom Boden in die Höhe springt. Dazu müsste Wärme aus der Oberfläche in Arbeit zum Heben des Balls umgewandelt werden.
Abb. 3.3 (a) Eine Wärmekraftmaschine wandelt nur einen Teil der aus dem Wärmereservoir entnommenen Wärme in Arbeit um und gibt den Rest in Form von Wärme an die Wärmesenke (z. B. die Umgebung) ab. (b) Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik in der Formulierung von Kelvin sagt aus, dass der hier dargestellte Prozess unmöglich ist: Wärme wird vollständig in Arbeit umgewandelt, andere Zustandsänderungen finden nicht statt.
Abb. 3.4 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik in der Formulierung von Clausius sagt aus, dass der hier dargestellte Prozess unmöglich ist: Energie in Form von Wärme fließt hier von einem kalten Objekt spontan zur Wärmesenke, was in der Realität niemals beobachtet wird. Dieser Prozess steht allerdings nicht im Widerspruch zum Ersten Hauptsatz, da die Energieerhaltung gewährleistet ist.
Eine weitere Formulierung des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik stammt von Rudolf Clausius (siehe auch Abb. 3.4):
Wärme fließt niemals von einem kälteren zu einem wärmeren Objekt, die miteinander in Kontakt stehen.
Um Wärme von einem kälteren an einen wärmeren Gegenstand abgeben zu können, müsste am System zusätzlich Arbeit verrichtet werden, so wie es bei einem Kühlschrank der Fall ist. Obwohl die beiden Formulierungen zunächst recht unterschiedlich erscheinen mögen, lässt sich zeigen, dass die Aussagen nach Clausius und nach Kelvin logisch äquivalent sind. Dies lässt sich unter anderem dadurch zeigen, dass beide Beobachtungen in einer einzigen Aussage zusammengefasst werden können.
Zunächst betrachten wir das System und seine Umgebung insgesamt als einzelnes (und eventuell sehr großes) abgeschlossenes System, dass manchmal auch als „Universum“ bezeichnet wird. Innerhalb dieses isolierten Systems kann Energie zwischen dem betrachteten, eigentlichen System und der Umgebung ausgetauscht werden, aber es kommt weder Energie von außen herein noch heraus. Nun wird der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik als eine neue Zustandsfunktion ausgedrückt:
Als Folge des Ersten Hauptsatzes der Thermodynamik wurde die Innere Energie U eingeführt. Diese ist eine Zustandsfunktion, mit deren Hilfe wir beurteilen können, ob ein Prozess möglich ist: Nur Vorgänge, bei denen die Innere Energie eines abgeschlossenen Systems konstant bleibt, sind erlaubt. Auch der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik, der ein Kriterium für die Freiwilligkeit von Vorgängen liefert, führt uns zu einer Zustandsfunktion, der Entropie S:
Bei einer freiwilligen Zustandsänderung nimmt die Entropie eines abgeschlossenen Systems zu, ΔSgesamt > 0.
Dabei ist Sgesamt die Gesamtentropie des abgeschlossenen Systems, welches das betrachtete Teilsystem enthält. Irreversible thermodynamische Prozesse (wie die Abkühlung eines Körpers auf die Umgebungstemperatur oder die freie Expansion von Gasen) laufen stets freiwillig ab; also muss die Gesamtentropie zunehmen. Wenn wir mit S die Entropie des betrachteten Systems bezeichnen, und die Entropie der Umgebung mit SUmg, dann ist Sgesamt = S + SUmg. Bei Anwendung des Zweiten Hauptsatzes ist es wichtig sich daran zu erinnern, dass eine Aussage über die gesamte Entropie des abgeschlossenen Gesamtsystems (des „Universums“) gemacht wird, und nicht nur über das uns interessierende Teilsystem. Im folgenden Abschnitt werden wir die Entropie genau definieren; wir werden sehen, dass diese Größe ein Maß für die Dissipation der Energie und der Materie bei einem bestimmten Prozess ist und einen Bezug zu den empirischen Beobachtungen herstellen, die wir bereits diskutiert haben.
Zusammenfassend stellen wir fest, dass uns der Erste Hauptsatz auf Grundlage des Begriffs der Inneren Energie ermöglicht, erlaubte Prozesse zu identifizieren; der Zweite Hauptsatz ermöglicht uns auf Grundlage des Begriffs der Entropie zu beurteilen, welche dieser erlaubten Prozesse freiwillig ablaufen.
3.1.2 Die Definition der Entropie
Um aus der Aussage des Zweiten Hauptsatzes eine quantitative Beziehung herzuleiten, müssen wir die Entropieänderungen, die mit einem beliebigen Prozess einhergeht, definieren und berechnen können. Hierzu gibt es zwei Herangehensweisen, die auf klassischen bzw. molekularen Betrachtungen beruhen. Die Ergebnisse sind letztendlich äquivalent, aber sie ergänzen sich auch gegenseitig.
(a) Die thermodynamische Definition der Entropie
Die thermodynamische Definition der СКАЧАТЬ