The New Jim Crow. Michelle Alexander
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Название: The New Jim Crow

Автор: Michelle Alexander

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783956141591

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СКАЧАТЬ angeordnet und die Bürgerrechtsgesetzgebung gefördert hat«, sich nun »ein Bein ausreißt, um Kriminellen zu helfen«.44 Drei weitere prominente Befürworter der Rassentrennung – die Senatoren McClellan, Ervin und Thurmond – versuchten unterdessen, die Rechte von Angeklagten einzuschränken.45

      Nachdem sich die Regeln des akzeptablen Diskurses geändert hatten, bestritten die Befürworter der Rassentrennung explizit rassistische Absichten. Stattdessen entwickelten sie eine von allen Rassenbegriffen gereinigte Rhetorik des »harten Durchgreifens« gegen das Verbrechen, die mittlerweile Politiker jeglicher Couleur im Munde führen. Konservative Politiker, die sich dieser Sprache bedienten, machten ganz bewusst keinen Unterschied zwischen der Strategie der direkten Aktion der Bürgerrechtsbewegung, den Unruhen in den Städten und ganz gewöhnlicher Kriminalität. Stattdessen wurden »alle diese Phänomene nun unter der Überschrift ›Straßenkriminalität‹ eingeordnet«, wie Marc Mauer vom Sentencing Project feststellt.46

      Nach der Verabschiedung der Bürgerrechtsgesetze war in der öffentlichen Debatte denn auch nicht mehr von der Segregation die Rede, vielmehr ging es nun nur noch um Kriminalität. Die Frontlinien blieben allerdings weitgehend dieselben. Die Positionen zur Kriminalpolitik deckten sich typischerweise mit den Standpunkten in der Rassenfrage. Die Politikwissenschaftlerin Vesla Weaver erklärt dazu: »Abstimmungen, in denen es um das Verbot der Rassentrennung auf dem Wohnungsmarkt (open housing), die Förderung der Rassenintegration durch Transport von Schulkindern in andere Bezirke (busing), die Bürgerrechtsgesetze und andere Maßnahmen ging, zeigten stets dieselben Trennlinien auf wie die Abstimmungen über Erweiterungen der Strafgesetze. … Kongressabgeordnete, die gegen die Bürgerrechtsgesetze gestimmt hatten, setzten sich nun energisch für neue Strafgesetze ein.«47

      Obwohl es mit der Rhetorik von Recht und Ordnung formell nicht gelang, die Zerschlagung des Systems von Jim Crow zu verhindern, fand sie doch sehr viel Anklang bei den armen Weißen der Arbeiterklasse, insbesondere im Süden, die gegen die Aufhebung der Rassentrennung waren und sich von der Demokratischen Partei im Stich gelassen fühlten. Weaver schreibt dazu: »Die Verknüpfung von Verbrechen und Hautfarbe, die die Befürworter der Rassentrennung vorgenommen hatten, löste sich nicht, sie wurde nur neu gefasst und mit einem leicht anderen Anstrich versehen.« In dieser neuen Form wurde sie dann zum Fundament des konservativen Programms zur Verbrechensbekämpfung.48 Schließlich trug die Idee von Recht und Ordnung, die zuerst die Befürworter der Rassentrennung vorgetragen hatten, zu einer breiten Neuausrichtung der Parteien in den Vereinigten Staaten bei.

      Nach dem Bürgerkrieg war das Land parteipolitisch zweigeteilt. Der Süden war fest in der Hand der Demokraten. Sie vertraten jene, die vom Ausgang des Kriegs verbittert waren, und taten alles, um das rassische Kastensystem aufrechtzuerhalten. Vehement lehnten sie jede Unterstützung der Bundesregierung für die Sache der Afroamerikaner ab. Der Norden hingegen war weitgehend republikanisch gesinnt. Zwar hatten auch die Republikaner eine zwiespältige Haltung zur Gleichheit der Afroamerikaner, aber sie waren eher geneigt, eine Reform der Rassengesetze in Angriff zu nehmen als ihre demokratischen Kollegen südlich der Mason-Dixon-Linie, der Grenzlinie zwischen Nord-und Südstaaten.

      Die Große Depression führte zu einem grundlegenden Wandel in den amerikanischen Rassenbeziehungen und der Orientierung der Parteien. Präsident Franklin D. Roosevelt versuchte, mit seinem New Deal die Not der Armen in der Wirtschaftskrise zu lindern, wovon die Schwarzen, die Ärmsten der Armen, überproportional profitierten. Trotz vieler Beispiele von Diskriminierung bei der Ausführung der Programme wurden die Schwarzen doch zumindest dem Kreis der Begünstigten zugerechnet – allein das schon ließ »die Hoffnungen und Erwartungen der Schwarzen nach Jahrzehnten der bewussten Vernachlässigung durch Washington steigen«.49 Die armen Weißen der Arbeiterklasse im Norden und Süden nahmen den New Deal ebenso positiv auf wie die Afroamerikaner. So entwickelte sich die Koalition des demokratischen New Deal zu einer Allianz urbaner ethnischer Gruppen mit dem weißen Süden, die in den Wahlen zwischen 1932 und 1960 eine beherrschende Rolle spielte.

      Dies fand ein jähes Ende mit der Entwicklung der sogenannten »Southern Strategy«. Die große Wirkung der rhetorischen Floskel von Recht und Ordnung bei der weißen Arbeiterklasse und die besonders im Süden anhaltend massiven Vorbehalte gegenüber einer Reform der Rassenbeziehungen ließ bei den Parteistrategen der Republikaner die Idee reifen, ihrer Partei zu einer »New Majority«, einer neuen Mehrheit, zu verhelfen – mit der traditionellen Basis der Republikaner, dem weißen Süden und der Hälfte der katholischen Arbeiterschaft in den großen Städten.50 Einige von ihnen gaben offen zu, ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie bestehe darin, an die Ängste und die Feindseligkeit der Weißen gegen die Schwarzen zu appellieren, freilich nur verdeckt. H. R. Haldeman, einer der engsten Berater Nixons, erinnert sich, dass sein Chef selbst ganz bewusst eine rassistische Linie im Sinne der Southern Strategy verfolgte: »Er [Präsident Nixon] betonte die Notwendigkeit, sich der Tatsache zu stellen, dass die Schwarzen das große Problem seien. Es kommt nur darauf an, ein System zu finden, das dies anerkennt, ohne dass es offensichtlich wird.«51 Ähnlich erklärte John Ehrlichman, Sonderberater des Präsidenten, Nixons Wahlstrategie von 1968 mit den Worten: »Wir holen uns die Rassisten.«52 Laut Ehrlichman war »dieser unterschwellige Appell an die schwarzenfeindlichen Wähler in Nixons Verlautbarungen und Reden ständig präsent«.53

      Kevin Phillips, Wahlkampfstratege der Republikaner, gilt als einer der Erfinder dieser Strategie. In The Emerging Republican Majority, erschienen 1969, legte er dar, dass Nixons erfolgreicher Präsidentschaftswahlkampf den Weg zu einer langfristigen politischen Neuausrichtung und zur Bildung einer neuen republikanischen Mehrheit weisen könne, wenn die Republikaner ihren Wahlkampf weiterhin in erster Linie mit Rassenthemen unter Verwendung einer verschleierten schwarzenfeindlichen Rhetorik führten.54 Die weiße Wählerschaft der Demokraten im Süden habe sich durch deren Engagement für Bürgerrechtsreformen von ihrer Partei entfremdet und könne leicht für die Republikaner gewonnen werden, wenn sie sich dort mit ihren Rassenressentiments aufgehoben fühle. Warren Weaver, der das Buch für die New York Times rezensierte, wies darauf hin, dass der Erfolg von Phillips’ Strategie vor allem davon abhinge, ob es den Republikanern gelänge, die Politik mit dem Thema Rasse zu polarisieren. »Totale rassische Polarisierung ist ein wesentlicher Bestandteil von Phillips’ politischem Pragmatismus. Er wünscht sich eine schwarze demokratische Partei, besonders im Süden, weil das der Republikanischen Partei genau jene schwarzenfeindlichen Wähler in die Arme treibt, die ihr helfen können, eine neue Mehrheit zu gewinnen. Zu diesem Zweck unterstützt er sogar gewisse Bestrebungen der Bürgerrechtsbewegung.«55 Ende des 19. Jahrhunderts hatte man die Populistische Partei aus dem Feld geschlagen, indem man den Rassismus und die Sorgen und Nöte der weißen Arbeiterklasse aufgriff, und jetzt war eine wachsende Zahl von Konservativen dafür, genau dies zu wiederholen, nur etwas versteckter.

      So bildeten sich Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre zwei Denkrichtungen über Rasse, Armut und Gesellschaftsordnung aus. Konservative argumentierten, dass die Gründe für Armut nicht in strukturellen Faktoren, die mit Klasse oder Hautfarbe zu tun hatten, liegen, sondern mehr mit der Kultur zu tun hätten – insbesondere der schwarzen Kultur. Diese Sicht der Dinge wurde vom mittlerweile berühmt-berüchtigtem Moynihan Report über die schwarze Familie unterstützt, in dem die schwarze Armut einer mit vielen Problemen behafteten schwarzen »Subkultur« zugeschrieben wurde. Die Soziologin Katherine Beckett meint dazu: »Das (angebliche) Fehlverhalten der Armen wurde nicht mehr als Anpassungsleistung an die Bedingungen der Armut angesehen, die sie im Ergebnis unglücklicherweise reproduzierte, sondern als Charaktermangel, der die Armut überhaupt erst verursachte.«56 Die Gründe für die »Sozialpathologie« der Armen, insbesondere Straßenkriminalität, Drogenkonsum und Kleinkriminalität, wurden von den Konservativen nun vor allem in zu großzügigen Hilfsprogrammen gesehen. Schwarzer »Sozialbetrug« und seine gefährlichen Folgen wurden erstmals Thema im politischen Diskurs und in den Medien.

      Liberale hingegen hielten daran fest, dass Reformen wie der Krieg gegen die Armut und die Bürgerrechtsgesetze die Ursachen der Kriminalität an den СКАЧАТЬ