The New Jim Crow. Michelle Alexander
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Название: The New Jim Crow

Автор: Michelle Alexander

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783956141591

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СКАЧАТЬ wurden. Die »Bürgerrechte« existierten für die ehemaligen schwarzen Sklaven größtenteils nur auf dem Papier.

      Inzwischen setzte sich im Süden die Rassentrennung zunehmend durch, vorangetrieben vor allem durch Plantagenbesitzer, die darauf hofften, ein neues Kontrollsystem errichten zu können, das ihnen billige, gefügige Arbeitskräfte sicherte. Tatsächlich hatte der Prozess der Rassentrennung schon Jahre zuvor im Norden eingesetzt, wo man sich bemüht hatte, jeder Rassenvermischung einen Riegel vorzuschieben und die Rassenhierarchie auch nach Abschaffung der Sklaverei aufrechtzuerhalten. Sie hatte sich hier allerdings nie zu einem umfassenden System entwickelt – sie funktionierte mehr oder weniger als alltägliche Selbstverständlichkeit und wurde mit unterschiedlicher Konsequenz durchgesetzt. Selbst die schärfsten Gegner der Reconstruction hätten kaum erwartet, dass sich die Rassentrennung bald zu einem derart umfassenden und repressiven rassischen Kastensystem auswachsen würde, wie es dann unter dem schlichten Namen Jim Crow bekannt wurde.

       Die Entstehung von Jim Crow

      Nach den anfänglichen Fortschritten für die Afroamerikaner in der Zeit der Reconstruction kam der Gegenschlag rasch und heftig. Die Weißen reagierten mit Panik und Entsetzen, als die Afroamerikaner politische Macht errangen und sich auf den langen Marsch zu gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Gleichheit machten. Bald schworen die konservativen Kräfte im Süden, die Reconstruction ungeschehen zu machen, und strebten nichts weniger als die »Abschaffung des Freedmen’s Bureau und aller politischen Einrichtungen an, die dazu gedacht sind, die Vorherrschaft der Neger zu sichern«.17 Ihre Kampagne zur »Erlösung« des Südens, die sogenannte Redemption, wurde durch den wieder auflebenden Ku-Klux-Klan unterstützt, der eine Terrorkampagne gegen die Bundesvertreter und Lokalpolitiker der Reconstruction startete. Dazu gehörten Bombenanschläge, Lynchmorde und gewaltsame Ausschreitungen.

      Die Terrorkampagne erwies sich als äußerst erfolgreich. Das Ergebnis der »Erlösung« war, dass sich die Bundessoldaten aus dem Süden zurückzogen und die Afroamerikaner sowie alle, die sich für die Gleichberechtigung der Rassen eingesetzt hatten, ihrem Schicksal überließen. Die US-Regierung stellte ihre Bemühungen ein, die Bürgerrechtsgesetze des Bundes durchzusetzen, und die Finanzierung des Freedmen’s Bureau wurde so stark zurückgeschraubt, dass die Behörde ihre Aufgaben praktisch nicht mehr erfüllen konnte.

      Nun wurden auch wieder Gesetze gegen Landstreicherei und andere zu Straftatbeständen hochgeschraubte Dinge wie »unbotmäßiges Verhalten« und »beleidigende Gesten« mit aller Härte gegen Schwarze angewandt. Die aggressive Verfolgung dieser Vergehen eröffnete einen riesigen Markt für die Leiharbeit von Strafgefangenen, die an den Höchstbietenden vermietet wurden. Douglas Blackmon beschreibt in Slavery by Another Name, wie Zehntausende Afroamerikaner in dieser Zeit willkürlich verhaftet wurden. Häufig wurden ihnen dabei Gerichtskosten und Bußgelder auferlegt, die sie abarbeiten mussten, um ihre Freilassung zu erreichen.18 Strafgefangene, die keine Möglichkeiten hatten, ihre »Schulden« zu begleichen, verpflichtete man zu Zwangsarbeit als Holzfäller, Ziegeleiarbeiter, im Eisenbahnbau, auf Farmen, Plantagen und in Dutzenden Unternehmen überall im Süden. Die Sterblichkeitsrate war erschreckend hoch, denn den privaten Unternehmen waren Gesundheit und Wohlergehen dieser Zwangsarbeiter gleichgültig. Die Sklavenhalter hatten wenigstens noch ein Interesse daran gehabt, die Gesundheit ihrer Sklaven zumindest so weit zu erhalten, dass sie zu harter Arbeit fähig waren. Jetzt aber waren Peitschenhiebe an der Tagesordnung, und wer verletzt oder erschöpft zusammenbrach, wurde nicht selten einfach dem Tod überlassen.

      Die Strafgefangenen hatten zu dieser Zeit keinerlei rechtlichen Schutz und galten buchstäblich als Sklaven in Staatseigentum. Der 13. Zusatzartikel zur Verfassung der USA hatte bei der Abschaffung der Sklaverei eine entscheidende Ausnahme zugelassen: Versklavung blieb als Bestrafung für Verbrechen zulässig. Auf dem Höhepunkt der Redemption traf der Oberste Gerichtshof von Virginia im Fall Ruffin v. Commonwealth die Grundsatzentscheidung, dass Strafgefangene rechtlich nicht von Sklaven zu unterscheiden seien:

      Während der Zeit im Strafvollzug befindet er sich im Zustand der strafrechtlichen Knechtschaft gegenüber dem Staat. Er hat, als Folge seines Verbrechens, nicht nur seine Freiheit verwirkt, sondern all seine persönlichen Rechte außer jenen, die ihm das Gesetz in seiner Menschlichkeit gewährt. Für diese Zeit ist er ein Sklave des Staates. Er ist im bürgerlichen Sinne tot; und sein Eigentum, sofern er welches hat, wird behandelt wie das eines toten Mannes.19

      Der Bundesstaat Mississippi verzichtete schließlich darauf, Strafgefangene als Leiharbeiter zu vermieten, und richtete sein eigenes Arbeitslager ein, die Parchman Farm. Das war kein Einzelfall. In dem Jahrzehnt, das auf die Redemption folgte, stieg die Zahl der Strafgefangenen zehnmal stärker an als die der Allgemeinbevölkerung: »Die Gefängnisinsassen wurden immer jünger, es waren immer mehr Schwarze unter ihnen, und die Länge der Strafen stieg drastisch an.«20 Das war der erste Gefängnisboom des Landes, und genau wie heute waren überproportional viele Strafgefangene schwarz. Nach einer kurzen Periode des Fortschritts während der Reconstruction waren die Afroamerikaner wieder nahezu so schutzlos wie zuvor. Das Strafrecht wurde systematisch und strategisch genutzt, um sie wieder in ein System extremer Unterdrückung und Kontrolle zu zwingen. Eine Taktik, die sich über Generationen als erfolgreich erweisen sollte. Die Leiharbeit von Strafgefangenen verlor schließlich an Bedeutung, dafür tauchten neue systematische Formen von Ausbeutung und Unterdrückung auf. »Das offensichtliche Ende … der Leiharbeit von Gefangenen schien der Vorbote einer besseren Zeit. Aber die harte Realität im Süden war, dass sich die nach dem Bürgerkrieg entstandene neue Sklaverei weiterentwickelte – nicht dass sie verschwand«, schreibt Blackmon.21

      Die Redemption markierte einen Wendepunkt in der Suche der Weißen nach einem neuen Verhältnis zwischen den Rassen, das ihre wirtschaftlichen, politischen und sozialen Vorteile auch in einer Welt ohne Sklaverei wahrte. Allerdings war man sich nicht einig, wie dieses neue Rassenverhältnis aussehen sollte. Die Protagonisten der Redemption, die gegen die Reconstruction gekämpft hatten, neigten dazu, die Praktiken der Rassentrennung so zu erhalten, wie sie bereits existierten, versuchten aber nicht, das System auszudehnen oder zu generalisieren.

      Schließlich schälten sich drei alternative Denkrichtungen über die Rassenbeziehungen heraus, die miteinander um die Vorherrschaft in der Region konkurrierten: Liberalismus, Konservativismus und Radikalismus. Gemeinsam war ihnen die Ablehnung des extremen Rassismus, den einige Vertreter der Redemption verfolgten.22 Die liberale Denkrichtung stellte das Stigma der Segregation und die Heuchelei einer Regierung in den Vordergrund, die Freiheit und Gleichheit huldigte, sie jedoch Menschen einer bestimmten Rasse verweigerte. Diese Schule, im Norden entstanden, fasste im Süden weder unter den Weißen noch den Schwarzen richtig Fuß.

      Die konservative Denkrichtung hingegen fand weithin Zustimmung und wurde in verschiedenen Bereichen über eine beträchtliche Zeit umgesetzt. Konservative warfen den Liberalen vor, die Schwarzen über ihre Möglichkeiten zu fördern und sie damit in Positionen zu bringen, die sie nicht ausfüllen könnten, was ihnen letztlich nur Nachteile einbringe. Sie warnten die Schwarzen, dass sich einige Verfechter der Redemption nicht damit zufrieden geben würden, die Reconstruction ungeschehen zu machen, sondern bereit seien, einen Krieg gegen die Schwarzen im gesamten Süden zu führen. Damit hatten die Konservativen sogar bei einigen schwarzen Wählern Erfolg: Sie erklärten ihnen, sie hätten nicht nur etwas zu gewinnen, sondern auch zu verlieren, und die Fokussierung der Liberalen auf die politische und wirtschaftliche Gleichheit gefährde nur, was die Schwarzen bislang erreicht hätten.

      Für viele Afroamerikaner war die radikale Philosophie am vielversprechendsten. Sie beruhte auf einer scharfen Kritik an Großunternehmen, insbesondere den Eisenbahngesellschaften, sowie den reichen Eliten im Norden und Süden. Die Radikalen des späten 19. Jahrhunderts, die dann die Populist Party oder People’s Party, wie sie offiziell hieß, bildeten, vertraten die Ansicht, die privilegierten Klassen hätten sich verschworen, um die armen Weißen und Schwarzen politisch und ökonomisch zu СКАЧАТЬ