Название: Staatshaftungsrecht
Автор: Michael Ahrens
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811494381
isbn:
JURIQ-Klausurtipp
Die Subsidiaritätsklausel bleibt für Sie interessant in den Fällen,
• | wenn eine Dienstfahrt unter Gebrauch von Sonderrechten nach § 35 Abs. 1 u. 6 StVO erfolgt, |
• | auch im Bereich der polizeilichen Gefahrenabwehr, |
• | wenn weitere Privatpersonen an dem Schadensfall beteiligt sind, an die sich der von der Amtspflichtverletzung betroffene Bürger halten kann und |
• | der Beamte privatrechtlich tätig wird und deshalb persönlich haftet. |
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Liegt kein Fall der Unanwendbarkeit der Subsidiaritätsklausel vor, gilt § 839 Abs. 1 S. 2 BGB unter der Voraussetzung, dass der Amtswalter fahrlässig gehandelt hat, eine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht und diese schließlich auch durchsetzbar ist.
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Die erste Voraussetzung ergibt sich als Ergebnis, wenn das Verschulden der Amtspflichtverletzung geprüft wird. Bei Vorsatz entfällt die Subsidiaritätsklausel.
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Das zweite Element erfasst grundsätzlich alle vertraglichen und gesetzlichen Leistungsverpflichtungen, die der von der Amtspflichtverletzung Geschädigte gegenüber einem Dritten geltend machen kann[138] und nicht unter die oben genannten Fälle der Unanwendbarkeit der Subsidiaritätsklausel fallen.
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Die dritte Bedingung ist erfüllt, wenn der anderweitige Ersatzanspruch in absehbarer Zeit in zumutbarer Weise tatsächlich durchgesetzt werden kann.[139] Die anderweitige Ersatzmöglichkeit scheitert z.B. wegen tatsächlicher bzw. rechtlich unklarer Rechtslage, Vermögenslosigkeit des Anspruchsgegners oder der Geschädigte die Voraussetzungen der anderweitigen Ersatzmöglichkeit nicht einschätzen kann.[140]
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Rechtfolge der Annahme der Subsidiaritätsklausel ist, dass ein Amtshaftungsanspruch entfällt. Es kommt auch nicht zu einem Wiederaufleben der Eigenhaftung des Amtswalters, da der Tatbestand des § 839 Abs. 1 S. 1 BGB wegfällt und nicht nur die Haftungsüberleitung nach Art. 34 GG.
Beispiel
Die Ampelanlage in der Stadt K ist defekt und zeigt für alle Fahrtrichtungen grün. Die Polizei unterlässt es aufgrund eines Versehens, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen – z.B. die Ampelanlage abzuschalten, bzw. Regelung des Verkehrs durch Handzeichen von Polizisten an Ort und Stelle. Daraufhin kommt es zu einen Verkehrsunfall zwischen A und B. B muss zur Behebung der Unfallfolgen 10 000 € aufwenden. B möchte außer der Kfz-Haftpflichtversicherung des A auch vom Land L aus Amtshaftung Ersatz seines Schadens verlangen, da die Polizei untätig geblieben ist.
Die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs wegen der Untätigkeit der Polizei liegen vor. Problematisch ist, ob die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB eingreift.
Zunächst ist die Anwendbarkeit der Subsidiaritätsklausel zu klären. Hier liegt eine anderweitige Ersatzmöglichkeit vor, da B einen Anspruch gegen die Kfz-Haftpflichtversicherung des A hat. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des A hat den Zweck, den Schaden des B zu regulieren. Die Fallgruppe, die die Subsidiaritätsklausel im Falle von Versicherungsleistungen entfallen lässt, betrifft Leistungen aus einer privaten oder gesetzlichen Versicherung, die der von der Amtspflichtverletzung Geschädigte selbst hat. Diese Leistung soll nicht dazu dienen, Schäden aufzufangen, die außerhalb des Leistungsverhältnisses durch Andere verursacht worden sind. Das heißt vorliegend, B hat gegen seine eigene Versicherung einen Anspruch, der nicht den durch das Verhalten der Polizei mitverursachten Schaden abdecken soll. Der obige Fall liegt indes etwas anders. B hat einen Anspruch gegen die Kfz-Haftpflichtversicherung des A, nicht gegen seine eigene! Die Kfz-Haftpflichtversicherung des A ist aber gerade dafür da, den von A gegenüber B verursachten Schaden zu übernehmen. Damit wird ein Ausgleich im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem vorgenommen. Ein Ausschluss des Amtshaftungsanspruchs über die Subsidiaritätsklausel ist gegeben.
Die Voraussetzungen des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB sind im Übrigen zu bejahen. Die Polizei bzw. ihre Bediensteten haben durch ihr Unterlassen fahrlässig gehandelt. Der Anspruch gegen die Kfz-Haftpflichtversicherung des A besteht und ist auch durchsetzbar. Ein Amtshaftungsanspruch gegen das Land L scheitert an der Subsidiaritätsklausel, weil B gegen die Kfz-Haftpflichtversicherung des A einen Anspruch als anderweitige Ersatzmöglichkeit hat.[141]
2. Richterspruchprivileg nach § 839 Abs. 2 BGB
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Handelt es sich um richterliche Tätigkeit, so unterfällt sie dem Merkmal „Ausübung eines öffentlichen Amtes“ i.S.d. Amtshaftungsanspruchs. Der Richter ist im Fall einer Amtspflichtverletzung nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Als Straftaten, die allein in Betracht kommen, sind die Rechtsbeugung, § 339 StGB, und die Richterbestechlichkeit, § 332 Abs. 2 StGB, zu nennen. Da beide Taten vorsätzliches Handeln verlangen, scheidet ein Amtshaftungsanspruch wegen eines fahrlässig falschen Urteils aus.
Der Sinn des Richterspruchprivilegs wird zum Teil im Schutz der richterlichen Unabhängigkeit, überwiegend aber im Schutz der Rechtskraft staatlicher Urteile vor einer erneuten Sachprüfung gesehen. Es soll verhindert werden, dass derjenige, der einen Prozess verliert, über ein Verfahren zur Amtshaftung die nochmalige Überprüfung eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens erreicht. In einem Amtshaftungsverfahren müsste die Entscheidung des Gerichts erneut geprüft werden, um einen Amtspflichtverstoß überhaupt feststellen zu können.[142] Das gilt auch für Beisitzer, Schöffen und ehrenamtliche Richter.[143]
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Erfasst werden mit dem Merkmal „Urteil“ in § 839 Abs. 2 BGB alle gerichtlichen Entscheidungen, die in Rechtskraft erwachsen können.[144] Neben Urteilen fallen darunter u.a. Beschlüsse, § 91a ZPO, nicht aber Beschlüsse über Haftbefehle, Durchsuchungsanordnungen oder im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, §§ 916, 935, 940 ZPO oder §§ 80, 80a, 123 VwGO.[145]
Wenn kein Urteil oder eine vergleichbare Entscheidung i.S.d. § 839 Abs. 2 BGB vorliegt, greift auch für Richter die Amtshaftung nach den allgemeinen Regeln ein, also auch im Falle einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung des Richters. Die Rechtsprechung des BGH vertritt hierbei die Ansicht, dass aufgrund des Grundsatzes der richterlichen СКАЧАТЬ