Название: Staatshaftungsrecht
Автор: Michael Ahrens
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811494381
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Ebenfalls vor dem Hintergrund der Objektivierung ist das amtspflichtwidrige Verhalten von Mitgliedern in kommunalen Vertretungskörperschaften, z.B. Gemeinderatsmitgliedern, zu beurteilen.
Zum einen ist der Geschädigte nicht verpflichtet, die Gemeinderatsmitglieder namentlich zu benennen, die für einen amtspflichtswidrigen Ratsbeschluss, z.B. Bebauungsplan, gestimmt haben. Zum anderen gilt kein milderer Sorgfaltsmaßstab. Der Einwand, Gemeinderatsmitglieder seien häufig keine Juristen und entschieden nach laienhaftem Ermessen, greift nicht durch. Fehlt eine notwendige Sachkunde für eine Entscheidung, so müssen die Gemeinderatsmitglieder sich zuvor von der Verwaltung oder auch von externen Sachverständigen beraten lassen.[116] Andernfalls wird das Schadensrisiko in unzumutbarer Weise auf den geschädigten Bürger verlagert.[117]
2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › B. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen › VI. Kausaler Schaden
VI. Kausaler Schaden
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Die Amtspflichtverletzung muss für den eingetreten Schaden ursächlich gewesen sein.
Ein Schaden ist jeder Nachteil, der an den Rechtsgüter des von der Amtspflichtverletzung betroffenen Bürgers eintritt. Das Kausalitätserfordernis ergibt sich aus § 839 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB mit dem Wort „daraus“. Die Ursächlichkeit der Amtspflichtverletzung für den Schaden wird danach bestimmt, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Amtswalters genommen hätten und wie sich dann die Vermögenslage bei dem betroffenen Bürger dargestellt hätte.[118]
Im Baurecht ist die Besonderheit zu beachten, dass ein Verpflichtungsurteil zur Erteilung einer Baugenehmigung, das nicht umgesetzt wird, keinen kausalen Schaden zur Folge hat, wenn nach dem Verpflichtungsurteil der Bebauungsplan oder der Flächennutzungsplan zu Lasten des Bauwilligen geändert werden.[119] Nur die bereits erteilte Baugenehmigung schützt vor Rechtsänderungen, ansonsten geht die Planungshoheit der Gemeinde vor.[120]
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Schwierigkeiten, die Kausalität festzustellen, können sich bei Verfahrensfehlern ergeben. Die Ursächlichkeit ist zu verneinen, wenn auch bei Beachtung der Verfahrensvorschriften im Ergebnis die gleiche Entscheidung hätte getroffen werden müssen – rechtmäßiges Alternativverhalten.[121] Dieses Ergebnis lässt sich auch mit Blick auf § 46 VwVfG rechtfertigen.[122]
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Bei Ermessensfehlern ist der Amtspflichtverstoß nur dann für den Schaden kausal, wenn er bei ermessensfehlerfreier Entscheidung nicht entstanden wäre. Dies ist eindeutig, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist. Besteht hingegen ein Ermessensspielraum, ist die Kausalität nur anzunehmen, wenn die Behörde den Schaden bei zutreffender Ermessensausübung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht verursacht hätte.[123]
Entsprechendes gilt für Amtspflichtverletzungen bei Unterlassen.[124]
JURIQ-Klausurtipp
Da bei Ermessensentscheidungen, soweit keine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, für die Annahme einer Kausalität sehr strenge Maßstäbe anzulegen sind, gilt für Sie, dass bei Ermessensentscheidungen grundsätzlich keine Kausalität zum Schaden gegeben ist.
2. Teil Amtshaftung, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG › B. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen › VII. Haftungsausschluss und -beschränkungen
VII. Haftungsausschluss und -beschränkungen
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Wenn die Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch vorliegen, ist zu prüfen, ob der Anspruch beschränkt bzw. ausgeschlossen ist. Nicht gemeint ist an dieser Stelle der grundsätzliche Ausschluss einer auf den Staat übergeleiteten Amtshaftung durch andere Normen, die ihn verdrängen.[125] Hier geht es nur um die Begrenzungen, die sich aus § 839 BGB selbst ergeben.
1. Subsidiaritätsklausel – Verweisungsprivileg nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB
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Nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine Haftung des Amtswalters ausgeschlossen, wenn er nur fahrlässig gehandelt hat und der Geschädigte auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Diese sog. Subsidiaritätsklausel, auch Verweisungsprivileg genannt, schließt die Entstehung eines Amtshaftungsanspruchs aus.[126] Infolge dessen kann auch nichts auf den Staat nach Art. 34 GG übergeleitet werden.
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Die Subsidiaritätsklausel ist nur historisch zu erklären. Ursprünglich fungierte sie als Schutzbestimmung für den persönlich haftenden Beamten, der durch den Staat nicht entlastet wurde. Sie sollte eine drohende Haftung einschränken und so den Beamten nicht in seiner Entschlussfreude und Entscheidungskraft beeinträchtigen.[127] Durch die Haftungsüberleitung auf den Staat nach Art. 34 GG ist dieser Zweck für den Bereich des öffentlich-rechtlichen Verwaltungshandelns entfallen. Die Überleitung auf den Staat führt jetzt dazu, dass der Staat selbst in den Genuss der Subsidiaritätsklausel kommt und privilegiert wird. Die Rechtsprechung des BGH ist gleichwohl nicht soweit gegangen, die Subsidiaritätsklausel wegen Art. 34 GG generell nicht mehr anzuwenden, bzw. sie faktisch außer Kraft zu setzen. Die Streichung einer Rechtsnorm ist dem Gesetzgeber vorbehalten. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ist somit nach wie vor im Grundsatz anwendbar.[128]
Hinweis
Soweit keine Überleitung auf den Staat erfolgt, also der Beamte im privatrechtlichen Bereich handelt, hat § 839 Abs. 1 S. 2 BGB seinen Schutzzweck voll behalten.
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Auch wenn die Subsidiaritätsklausel weiterhin zu beachten ist, so ist ihr Anwendungsbereich doch sehr stark eingeschränkt.[129] Sie findet keine Anwendung,[130] wenn
• | sich die anderweitige Ersatzmöglichkeit als Anspruch wiederum gegen einen Verwaltungsträger richtet.[131] In diesen Fällen macht die Subsidiaritätsklausel keinen Sinn, da immer die öffentliche Hand für den Schaden einzustehen hat – Einheit des Staates; |
• | sich die anderweitige Ersatzmöglichkeit als gesetzliche oder private Versicherungsleistung darstellt.[132] Hier hat der durch die Amtspflichtverletzung Geschädigte den anderweitigen Anspruch durch eigene Leistungen erworben, die durch die Subsidiaritätsklausel jetzt nicht dem Staat zugute kommen sollen. Auch verfolgt die Versicherungsleistung nicht das Ziel, staatliches Unrecht auszugleichen; |
• | es sich um eine Lohnfortzahlung handelt,[133] da sie Ausdruck der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht ist; |
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