Название: Staatshaftungsrecht
Автор: Michael Ahrens
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811494381
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Der letzte Punkt der Ermittlung der Drittbezogenheit der Amtspflicht bezieht sich auf das von der Amtspflichtverletzung betroffene Rechtsgut. Die Amtspflichtverletzung gegenüber dem Geschädigten führt nicht automatisch zu einem Ausgleich des entstandenen Schadens. Vielmehr ist weiter zu prüfen, ob das gerade im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll.[79] Mit anderen Worten werden die Rechtsgüter des Geschädigten von der Amtspflicht nur insoweit erfasst, wie der konkrete Schutzzweck der Amtspflicht selbst reicht. Es kommt also darauf an, dass gerade der entstandene Schaden durch die Amtspflicht verhindert werden soll.
Beispiel
A erwirbt von B ein Wiesengrundstück. Das Grundstück liegt am Stadtrand und seine nähere Umgebung ist frei von jeglicher Bebauung. B hatte zuvor einen Bauvorbescheid erhalten, wonach das Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, der das Gebiet als reines Wohngebiet ausweist. Jedoch war der Bebauungsplan wegen fehlender Bekanntgabe ungültig, was der Baubehörde bekannt war.
Nach Ablauf der Geltungsdauer des Bauvorbescheides stellt A einen Bauantrag zur Errichtung eines Wohnhauses. Der Antrag wird abgelehnt, da die Errichtung eines Wohnhauses im Außenbereich unzulässig ist.
A macht einen Amtshaftungsanspruch wegen des unrichtigen Bauvorbescheides geltend, weil er im Vertrauen auf die Bebaubarkeit des Grundstücks einen höheren Kaufpreis bezahlt hatte.
Der Mitarbeiter der Baubehörde – Amtswalter – hat einen unrichtigen Bauvorbescheid erteilt und damit gegen die Amtspflicht zum rechtmäßigen Handeln verstoßen. Die verletzte Amtspflicht ist auch drittbezogen. Unter Anwendung der oben dargestellten drei Prüfungsschritte ergibt sich:
Die Amtspflicht zum rechtmäßigen Handeln hat das Ziel, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu gewährleisten. Kein Bürger soll rechtswidrigem Staatshandeln ausgesetzt sein. Sie ist damit generell drittschützend.
Im zweiten Schritt ist die Zugehörigkeit des A zum geschützten Personenkreis zu klären. Auf den ersten Blick gehört A nicht dazu, da nicht er, sondern B den Bauvorbescheid beantragt hatte. Im konkreten Verfahren zum Bauvorbescheid gehörte nur B als Verfahrensbeteiligter zum geschützten Personenkreis. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Bauvorbescheid nicht personenbezogen erlassen wird. Vielmehr bezieht er sich auf das Grundstück selbst und ist deshalb objektbezogen. Aus diesem Umstand folgt, dass die Amtspflicht Wirkung auch zugunsten anderer Personen als des Antragstellers B entfalten kann. Damit ist nicht nur auf B Rücksicht zu nehmen. Potenzielle Käufer sind ebenso einzubeziehen, weil das Vorliegen eines Bauvorbescheides eine wirtschaftliche Funktion hat, konkret sich auf den Entschluss zum Erwerb und den Kaufpreis auswirkt. Ein bebaubares Grundstück ist schließlich besser verwertbar und teurer als ein nur als Wiesengrundstück nutzbares. Die wirtschaftliche Funktion eines Bauvorbescheides hat die Baubehörde mit zu beachten, da sie davon ausgehen muss, dass ein Bauvorbescheid einem Käufer vorgelegt wird. Auf den zweiten Blick schützt damit die verletzte Amtspflicht auch A.
Im dritten Schritt ist zu erörtern, ob der eingetretene Schaden (die Mehraufwendungen des A bei der Kaufpreiszahlung) im Schutzbereich der verletzten Amtspflicht (keine unrichtigen Bauvorbescheide zu erlassen) liegt. Bei dem im Vertrauen auf den Bauvorbescheid vorgenommenen Grundstückserwerb hat A einen überhöhten Kaufpreis bezahlt. Darin hat sich gerade die Gefahr verwirklicht, zu deren Abwehr die konkret verletzte Absicht unmittelbar dient. Aus diesen Gründen ist eine Drittbezogenheit der Amtspflicht zu bejahen.[80]
2. Sonderfall: Normatives Unrecht, insbesondere Bebauungspläne
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Eine entscheidende Rolle spielt die Drittbezogenheit bei der Frage nach einer Amtshaftung aufgrund fehlerhafter Rechtsetzungsakte. Zu diesem Bereich zählen zum einen die Rechtsetzungsakte der förmlichen Gesetzgebung, sprich durch Parlamentsgesetze – legislatives Unrecht. Zum anderen gehören die Rechtsetzungsakte der Verwaltung selbst, Rechtsverordnungen und Satzungen als rein materielle Gesetze, aber auch der Erlass von Verwaltungsvorschriften dazu – normatives Unrecht.
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Soweit es um förmliche Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen außerhalb des Baurechts und um Verwaltungsvorschriften geht, ist nach der Rechtsprechung des BGH keine drittbezogene Amtspflicht anzunehmen. Bei dieser Art von Normen geht es durchweg um generelle und abstrakte Regelungen. Der Normgeber nimmt dabei ausschließlich Aufgaben der Allgemeinheit war. Eine Bezugnahme auf bestimmte Personen oder Personengruppen fehlt.[81]
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Die Literatur stimmt dem BGH teilweise zu.[82] Teilweise wird sie mit dem Hinweis abgelehnt, dass grundrechtsverletzende Normen einen Drittbezug zum Bürger auslösen, da Grundrechte unstreitig individualrechtsschützenden Charakter haben.[83] Trotz der Annahme eines Drittbezuges entfällt eine Amtshaftung jedoch wegen fehlenden Verschuldens bzw. Versäumung eines Rechtsmittels.[84]
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Soweit es sich um eine unterlassene Rechtsetzung handelt, ist eine Drittbezogenheit der Amtspflicht nur anzunehmen, wenn eine Rechtspflicht zur Rechtsetzung besteht. Eine derartige Pflicht ist grundsätzlich nicht gegeben, da der Normgeber hinsichtlich des Erlasses einer Regelung grundsätzlich ein Gestaltungsermessen hat.[85]
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Ausnahmsweise wird eine solche Rechtspflicht aber bejaht, wenn ein Verfassungsauftrag wie in Art. 6 Abs. 5 GG besteht oder eine Schutzpflicht des Staates aus den Grundrechten offensichtlich verletzt wird.[86]
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Bewegung ist in diese Diskussion über die Amtshaftung für legislatives Unrecht durch die Rechtsprechung des EuGH gekommen. Es geht dabei um die Nichtumsetzung von europarechtlichen Richtlinien in nationales Recht.[87]
JURIQ-Klausurtipp
In einer Klausur können Sie beiden Ansichten mit entsprechender Argumentation folgen. Auf der sicheren Seite sind Sie mit der Rechtsprechung! In einer Prüfung kann die Ansicht der Rechtsprechung nicht als falsch gekennzeichnet werden. Denken Sie daran, wenn Sie der Gegenansicht zuneigen, dass der Amtshaftungsanspruch höchstwahrscheinlich an der Frage des Verschuldens bzw. der Versäumung eines Rechtsmittels scheitern wird.
Generell anerkannt ist die Drittbezogenheit der Amtspflicht im Rahmen des normativen Unrechts, wenn es um Einzelfall- bzw. Maßnahmegesetze geht.[88]
Hinweis
Da diese Konstellation äußerst selten, mehr theoretischer als praktischer СКАЧАТЬ