Luft an Land. Lili B. Wilms
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Название: Luft an Land

Автор: Lili B. Wilms

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783960894759

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СКАЧАТЬ Art war ein Gewinn für jeden – fand er. Dass ihr gemeinsames Leben gewisse Besonderheiten aufwies, war weder tragisch noch wirklich relevant. Gemeinsam würden sie alles schaffen.

      »Was ist los mit euch beiden? Deckt den Tisch! In fünf Minuten gibt es Essen.«

      Sigrid mochte fast blind sein. Aber sie gab immer noch den Ton an im gemeinsamen Heim.

      Nachdem sie gegessen hatten, lehnte sich Fabian entspannt zurück. Zumindest heute hatte er seine Ruhe. Es war sehr früher Abend und das Fitnessstudio schien ihn nach wie vor immer dann zu rufen, wenn – wie er wusste – Nadine unterrichtete. Energisch schob er den Stuhl zurück und sammelte die Teller ein. Er würde diesem Ruf nicht nachgehen. Er wusste genau, dass es nicht das Studio war, das ihn lockte, sondern die Hoffnung, Izi wiederzusehen.

      Trotz seiner Anspannung aufgrund des drohenden Bescheids und seinem Schwur sich selbst gegenüber, nicht mehr an ihn zu denken, verging kein Tag, an dem sich die grünlichblauen Augen nicht in sein Bewusstsein bohrten. Und dort an ihm zu nagen schienen. Ihn manchmal ein bisschen auffraßen und quälten. Oder morgens mit seiner Morgenlatte in die Dusche begleiteten. Genug!

      »Ich mach den Abwasch! Ruh dich aus, Mama.« Vielleicht lenkte ihn das ab.

      »Liest du mir heute etwas vor?«

      Fabian drehte sich zu Lena um. »Gerne, du Kröte. Wir können Die Reise des Königs weiterlesen. Das mag Mama auch.«

      »Au ja!« Lena lief zu ihrer Mutter und zog an ihrem Arm. »Los Mama, ich führe dich zum Sessel.«

      »O mein Gott, ich weiß, wo der Sessel steht. Und du weißt, dass ich es weiß. Wenn ich dich so behandeln würde wie du mich, mein kleiner Schatz, dann könnte ich mir aber was anhören.«

      »Ich will dir nur helfen.«

      »Ich brauche keine Hilfe.«

      »Bitte! Helfen macht so Spaß.«

      Unter Protest stand Sigrid auf und nahm Lenas Arm. Fabian musste fast lachen. Die beiden waren sich so unfassbar ähnlich. Unabhängigkeit um jeden Preis, war das Motto, das beide aus jeder Pore ausstrahlten.

      »Aber nur, weil du es bist«, betonte seine Mutter und Lena grinste. Sie hatte wieder jemanden erfolgreich um den Finger gewickelt.

      Fabian räumte das restliche Geschirr vom Tisch. »Lena, hol schon mal das Buch. Ich steck das nur in die Spülmaschine und mach den Rest danach.«

      »Ach Fabian, bevor ich es vergesse: Ich hab die Post auf das Board gelegt. Ich hab das Vergrößerungsglas nicht gefunden. Schau doch bitte nach, ob was Wichtiges dabei ist.«

      »Du weißt, dass du das Glas so aufheben sollst, dass du es immer findest«, entgegnete Fabian wie automatisch. Er hatte den Satz schon so oft gesagt, dass er wie von selbst aus ihm herauskam. Dennoch waren seine Hände sofort schwitzig angelaufen und ein entsetzter Schauer lief über ihn. Er schaute hinüber zu zwei Briefen, die von seinem Standpunkt aus keinen Hinweis auf ihre Absender gaben. »Ich schau sie gleich an.« Mit zittrigen Fingern räumte er den Geschirrspüler ein.

      Während Lena das Buch suchte, ging er auf die Post zu und hielt sie zwischen spitzen Fingern. Das Schreiben von Lenas Schule legte er zur Seite und riss den an ihn adressierten Brief auf. Sein Blick flog über die Seiten. Geschwindigkeitsüberschreitung, Einzug Führerschein, acht Monate, Rechtsbehelfsbelehrung. Acht Monate. Acht Monate.

      Er faltete die beiden Seiten samt Kuvert. Sie klebten leicht an seinen verschwitzten Fingern. Wie betäubt stopfte er die Zettel in seine hintere Hosentasche. In seinen Ohren rauschte sein Herzschlag wie ein Sturm auf hoher See. Und genauso fühlte er sich. Den Wellen, die drohten, über ihm zusammenzubrechen hilflos ausgeliert, schnappte er nach den letzten Spuren von Sauerstoff, die ihm noch gewährt wurden. Vor seinen Augen flimmerten kleine Sternchen. Reiß dich zusammen!

      Wie in Trance, gleich einer Marionette, die das Spiel, für das sie vorgesehen war, spielte, ergriff er das Buch. Die Worte, die er in der nächsten halben Stunde las, gingen spurlos an ihm vorbei. Er schien durch einen Schleier zu sprechen, ohne wirklich anwesend zu sein. Während seine Mutter Lena ins Bett brachte, schloss er sich in sein Zimmer ein. Er zog das Schreiben aus seiner Tasche und legte es vor sich hin. Mit schnellen Griffen hatte er die Nummer der Kanzlei, die er in seinem Telefon gespeichert hatte, aufgerufen. Er drückte auf den Kontakt und hörte dem Verbindungston zu.

      »Lutz, Meier, Höfling, wie kann ich Ihnen helfen?«

      Fabian holte tief Luft. »Hier ist auch Maier. Wir hatten schon telefoniert.«

      »Herr Maier, ich bin mir nicht sicher, ob wir gesprochen haben. Sie haben das Nachtsekretariat erreicht. Wollen Sie einen Termin vereinbaren?«

      »Ja. Ja, ich brauche einen Termin. So schnell wie möglich.«

      »Worum handelt es sich bei Ihrem Anliegen denn?«

      »Verkehr. Ich habe meinen Führerschein verloren.« Fabian schluckte und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.

      »Einen Moment. Wann passt es Ihnen denn?«

      »Es müsste so schnell wie möglich sein. Auf dem Zettel steht, man hat zwei Wochen Zeit, Einspruch zu erheben, und das Datum darauf ist schon von vor drei Tagen.« Ihm war zum Heulen.

      »Keine Sorge, Herr Maier. Ich habe Ihnen einen Termin bei Herrn Galea für morgen um 16:30 Uhr eingetragen. Passt das?«

      »Aber sicher. Klar. Ich werde da sein. Aber wie geht es dann weiter? Was muss ich …?«

      »Herr Galea ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht. Er wird mit Ihnen alles weitere klären und besprechen.«

      »Okay. Danke.«

      Erschöpft beendete Fabian den Anruf. Knappe zwanzig Stunden würde er sich gedulden müssen, um Antworten zu erlangen. Herr Galea würde ihm helfen müssen. Koste es, was es wolle.

      Kurz nach vier Uhr nachmittags am Folgetag stand Fabian vor dem modernen Eingang des Bürogebäudes in einer Seitenstraße des Marienplatzes.

      Er hatte zu einer schwarzen Jeans ein schwarzes Hemd angezogen. Auch wenn dies seine Laune etwas überdeutlich zum Ausdruck brachte, waren es mit Sicherheit auch seine besten Klamotten. Nervös wischte er sich die Handinnenflächen an seiner Hose ab, während er das Klingelschild inspizierte. Lutz, Meier, Höfling Rechtsanwälte PartG befanden sich im sechsten und somit obersten Stock.

      Er drückte den Klingelknopf und sofort ertönte das typische Summen eines Türöffners. Fabian drückte die Tür zum elegant restaurierten Foyer auf und durchschritt es zügig.

      Die Sekretärin hatte ihm – als er sich den Termin heute nochmals telefonisch hatte bestätigen lassen – beschrieben, dass der Aufzug in dem historischen Gebäude nachträglich auf der Seite des Innenhofs angebaut war. Daher musste ihn Fabian erst mal hinter verwinkelten Ecken finden. Unter dem Aspekt waren all die alten mehrstöckigen Gebäude in München ähnlich gebaut und er entdeckte ihn sofort. Die Glaskabine trug ihn ohne Zwischenhalt bis direkt in das sechste Stockwerk.

      Wäre ihm nicht zum Erbrechen übel, hätte Fabian die Sicht über die Stadt genießen können. Er hatte ihr jedoch den Rücken zugekehrt und wartete darauf, dass sich die automatischen Türen öffneten. Mit einem leisen, hauchenden Geräusch gingen sie auf und gaben den direkten Blick СКАЧАТЬ