Название: Luft an Land
Автор: Lili B. Wilms
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783960894759
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»Okay, wenn du dir sicher bist.«
Fabian nickte entschieden.
Das schien Izi zu genügen. »Dann zeig mal her.«
Konzentriert las er vor sich hin und Fabian beobachtete ihn. Nichts an Izis Äußerem deutete darauf hin, dass ein Großteil seines Körpers mit einem Tattoo bedeckt war, ganz zu schweigen von seinen Piercings. Ein knurrender Laut entwich Fabian und schnell presste er die Lippen zusammen. Izi blickte fragend auf, las aber sogleich weiter, als Fabian nichts weiter sagte.
Izis Blicke flogen über das Papier. Fabian konnte nicht anders, als Izis Augenlider anzustarren. In der Bar war er sich fast sicher gewesen, Izi hätte seine Wimpern getuscht. Jetzt im Tageslicht war aber deutlich zu erkennen, dass diese nicht gefärbt waren. Es schien, als hätte Izi ein, zwei, drei oder vier Wimpernreihen mehr als jeder andere Mensch. Sie standen so dicht und reckten sich lange gen seiner Augenbrauen. Durch die Vielzahl wurde das Schwarz noch verstärkt und er erinnerte Fabian fast an eine Kleopatra-Abbildung. Alles an diesen Augen war einfach magisch. Auch als sie aufsahen und ihn direkt anschauten, konnte er seinen Blick nicht abwenden. Wie oft hatte er sich in den vergangenen Wochen verboten an diese Augen zu denken? Diese Farbe war einzigartig. Fast ein Türkis.
»Okay. Es ist schon mal gut, dass du sofort hierhergekommen bist. Mit den zwei Wochen haben wir nicht viel Zeit. Eine Umwandlung in eine Geldbuße wäre eine Option, falls das interessant wäre.«
»Ja, alles ist besser als das Fahrverbot.« Zerknirscht sah Fabian auf den Tisch zwischen seine Hände.
»Den Führerscheinentzug abzuwenden wird nicht leicht. Hast du dir Gedanken gemacht, wie du zurechtkämest, wenn uns das nicht gelingt?«
»Nein. Denn das ist keine Möglichkeit. Deshalb bin ich hier.«
Izi öffnete die Mappe vor sich und holte ein paar Zettel hervor. »Das sind unsere Verträge. Du müsstest das unterschreiben. Die Kosten stehen hier unten.« Er deutete auf eine Stelle, die Fabian überflog. Da er nicht rechtsschutzversichert war, würde er die gesamten Kosten so oder so tragen müssen.
»Überprüfe bitte auch die Daten, die unsere Sekretärin eingetragen hat. Es sollten die sein, die du ihr schon zuvor genannt hast, aber man weiß ja nie.«
Schnell unterschrieb er an den markierten Positionen und schob die Papiere zu Izi zurück. »Es stimmt alles.«
»Also gut. In deinem Fall kann der Entzug nur abgewendet werden, wenn eine besondere Härte vorliegt.«
Fabian sah langsam auf. »Das bedeutet?« Er bildete es sich nicht ein, dass sich Izis Lippen zu einem Schmunzeln verziehen wollten und er das nur mit Mühe zurückhielt.
»Das bedeutet, dass triftige Gründe vorliegen müssen, wieso vom Fahrverbot abgesehen werden sollte. Würdest du beispielsweise deine Arbeit verlieren?«
Fabian schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin Bauarbeiter. Meine Firma hat damit öfter zu tun, man möchte es nicht glauben. Das ließe sich organisieren.«
»Warum ist es denn dann so wichtig, dass du weiterfahren kannst? Vielleicht können wir aus deinen Gründen eine triftige Begründung im Sinne des Gesetzes machen.«
Fabian fuhr sich mit den Zähnen über die Lippe. Sein Bein begann wieder zu wippen, dass sein ganzer Stuhl wackelte. Er hasste es, seinen privaten Kram vor anderen auszubreiten und genau das sagte er. »Es ist privat.«
Die Antwort schien Izi in keiner Weise zufrieden zu stellen und seine Augen verengten sich, so als würde er Fabian nicht glauben. »Da brauche ich mehr. Private Gründe können durchaus gelten, wenn es zum Beispiel um die Pflege eines Angehörigen geht. Aber wir können nicht einfach aus privaten Gründen braucht Herr Maier seinen Führerschein schreiben.«
Warum wurde er jetzt bitte so pampig? Fabian pflegte weder seine Mutter noch seine Schwester. Das alles war zum Scheitern verurteilt. »Ich muss niemanden pflegen. Das ist alles sinnlos.« Vor allem war es ihm unangenehm. Er hatte sich Izi schon mal von seiner schlechtesten Seite gezeigt.
Eigentlich war er nicht sonderlich erpicht, ihm noch aufzuzeigen, wie rücksichtslos er mit der Verantwortung für seine Mutter und Schwester umging. Langsam zweifelte er ohnehin an seinem Verstand. Was machte er sich Gedanken darüber, was sein Anwalt über ihn dachte? Das war Izi nämlich. Darauf hatten sie sich geeinigt und er würde sich nun zumindest als verantwortungsbewusster Mandant zeigen. »Meine Schwester hat regelmäßige Therapietermine, die sie wahrnehmen muss. Sie wohnt an derselben Adresse wie ich.« Er deutete auf das Blatt mit seinen Daten. »Und sie hat niemanden sonst, der sie fahren könnte.«
Izis Blick schien sich in Fabian hineinzubohren. »Sie hat niemanden sonst?«
Fabian musste ob der Intensität fast lachen. »Unsere Mutter lebt auch mit uns. Das heißt eigentlich leben wir bei unserer Mutter.« Er atmete einmal aus. »Sie darf jedoch aus medizinischen Gründen nicht Autofahren. Das heißt, wenn sie einen Arzttermin hat oder so fahre ich sie auch. Das ließe sich aber regeln, denke ich. Aber Lena muss jede Woche zur Ergo, Logopädie, Physio. Das muss sein. Mal ganz abgesehen davon, dass sie mich umbringen würde, wenn sie nicht mehr in ihre Theatergruppe könnte.«
Während er gesprochen hatte, schienen sich Izis Gesichtszüge zu entspannen. Er nickte entschieden und lächelte. »Das hört sich doch gut an. Damit kann ich arbeiten. Lass uns noch ein paar Details anschauen und dann sag ich dir, was ich noch von dir brauche.« Fragend sah ihn Fabian an. »Belege. Es reicht nicht zu behaupten, du hast eine Schwester – was hat sie eigentlich?«
»Trisomie 21. Sie hat das Downsyndrom.«
»Ah, gut. Ich meine, okay. Das sollte hoffentlich für eine Begründung reichen. Und sonst gibt es niemanden, der das übernehmen könnte?«
»Nein. Meine Mutter und ich sind die Einzigen, die sie hat.«
»Also gut. Nur ein paar Formalien, die ich nicht abgefragt habe, da sie wohl zutreffend sind.« Er hielt das Bild hoch, das mit dem Bescheid gekommen war. »Das bist du auf dem Bild?«
»Lässt sich wohl nicht leugnen«, grummelte Fabian.
»Und das war wann? Am … « Mit dem Finger ging Izi die Sachverhaltsdarstellung durch. Fabian biss sich auf die Lippen. Die Hitze, die erst langsam aus seinem Kopf gewichen war, kam schlagartig zurück.
»Das war … ach hier. Oh«, war alles, was Izi sagte, und Fabian schüttelte den Kopf. Hier hatten sie es schwarz auf weiß, wie sehr dieses kurze Intermezzo im Fincken Fabian zugesetzt hatte. Nur wenige Minuten, nachdem Izi – sein Anwalt – seine Hand, die gerade durch seine Unterlagen strich, um Fabians Schwanz gelegt und ihn zu einem Höhepunkt gebracht hatte, dass er Sternchen gesehen hatte, war er völlig gedankenverloren in eine Radarfalle gefahren. Ja. Das war das Peinlichste, was er je erlebt hatte. Nein. Er konnte sich nicht vorstellen, dass dies je übertroffen werden konnte.
»Alkohol wurde ja offensichtlich nicht festgestellt«
»Ich hab nur eine Cola getrunken. Ich war völlig nüchtern«, unterbrach Fabian ihn, ohne genau zu wissen, wieso es ihm so wichtig war, dies klarzustellen. Er war ein Idiot – so oder so.
Mit in Falten gelegter Stirn nickte Izi. »Richtig. Gut. Ich schicke dir dann eine Liste mit all dem, was ich noch an Belegen brauche.«
»Und СКАЧАТЬ