Название: Befreie dich durch Selbstliebe
Автор: Teal Swan
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9783867287487
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Durch einen Fehler öffnet sich die Tür in die Freiheit
Mit 19 war ich nur noch eine leere Hülle. Ich war eine sogenannte Ritzerin und die meiste Zeit dissoziiert. Ich hatte Selbstmordversuche unternommen und war nach wie vor suizidgefährdet. 13 Jahre lang hatte ich geglaubt, meine Familie wäre nicht meine wirkliche Familie und mein Leben mit ihr wäre eine Fassade. Ich lebte mit dem Schuldgefühl, ich hätte ihrem wirklichen Kind sein Leben weggenommen. Ich hielt mich für schlecht und dachte, wenn ich jemandem von meinem »wahren Leben« mit Doc erzählte, würden sie alle brutal umgebracht.
Meine Eltern hatten alles versucht, Hilfe für mich zu finden; sie waren erschöpft, verwirrt und völlig machtlos, wussten nicht, was sie mit mir machen sollten, und so hatten sie mehr oder weniger aufgegeben.
Doch als ich 19 Jahre alt war, machte Doc einen Fehler – den ersten in 13 Jahren. Und zwar dosierte er eines der Betäubungsmittel, die er mir verabreichte, falsch. Er wollte mich so mit Drogen vollpumpen, dass er mich davon überzeugen konnte, ich hätte etwas getan, was ich gar nicht getan hatte. Doch durch die falsche Dosis erinnerte ich mich daran, dass das, was er mir da einreden wollte, nicht stimmte.
Irgendwann war mein Kopf klar genug für den Gedanken: Wenn Doc da gelogen hat, was hat er mir dann wohl sonst noch für Lügen aufgetischt? Der einzige Grund dafür, dass er mir einreden wollte, ich hätte etwas getan, was ich gar nicht getan hatte, bestand darin, mir so viel Angst einzujagen, dass ich total machtlos und abhängig war. Diese Erkenntnis kam mir nach der Fehldosierung, und so hatte ich schließlich die Chance, die Flucht zu ergreifen, und die nutzte ich.
Noch in derselben Nacht floh ich zu einem Mann, den ich nur zweimal vorher getroffen hatte. Er hieß Blake, und ich hatte ihn kennengelernt, als meine Mutter versuchte, mein nicht vorhandenes soziales Netzwerk zu erweitern. Sie war in Kontakt mit einer Familie, deren Sohn (nicht Blake, sondern ein anderer Junge) eine bipolare Störung diagnostiziert worden war. Meine Mutter dachte, wenn ich zu einem anderen psychisch gestörten Teenager eine Beziehung aufbauen könnte, würde ich mich weniger einsam fühlen.
Ich war mit diesem neuen Bekannten zu einer Party gegangen, und als ich die Haustür aufgemacht hatte, wo die Party stattfand, hatte mich ein enthusiastischer, gertenschlanker junger Mann mit einem »Hallo« begrüßt, war in die Luft und über das Geländer in die Büsche gesprungen. Ich dachte damals: Was für ein Idiot.
Doch als er wieder ins Haus zurückgekommen war und wir zum ersten Mal Augenkontakt hatten, waren seine Augen und seine Essenz so durch und durch sanft und er mir so vertraut, dass wir in dieser Nacht unzertrennlich waren. Irgendwann gingen wir mit ein paar anderen zum Nacktbaden in einen Stausee, und ich verspürte eine greifbare Kameradschaft. Ich wusste: Dieser Mann war so rein und unschuldig, ich konnte ihm vollkommen vertrauen.
In der Nacht also, als ich Docs Kontrolle entkam, war Blakes Haus der einzige sichere Ort, der mir einfiel. Ich war zuvor erst einmal dort gewesen, als er mir seine »Hacky Sac«-Sammlung zeigen wollte. Blake und auch seine beiden Mitbewohner waren in dieser Nacht nicht zu Hause. In meiner Verzweiflung brach ich durch ein Fenster ein, und die einzige Möglichkeit, mit meiner Not fertig zu werden, bestand für mich darin, mich zu ritzen.
Als Blake nach Hause kam, fand er mich zu seinem großen Entsetzen in seiner Badewanne, während Blut den Abfluss hinunterlief. Er machte mich sauber, verband die Schnitte und sagte, ich solle bei ihm bleiben. Und genau das tat ich. Ich hatte eigentlich nicht die Absicht, Doc für immer zu entkommen; diese Möglichkeit kam mir gar nicht in den Sinn. Aber ich blieb einen Tag bei Blake, und dann noch einen, bis schließlich eine Woche und dann ein ganzer Monat vergangen waren. Ich wollte nie mehr zurück. Ich versteckte mich.
Bei Gelegenheit erzählte ich meinen Eltern, bei wem, aber nicht, wo ich war. Anfangs wusste Blake nicht, warum ich offensichtlich so beunruhigt und gequält war, und zum Glück fragte er mich auch nicht danach. Aber er sorgte so treu und hingebungsvoll für mich, dass es mir allmählich besser ging und ich langsam aus meiner emotionalen Hölle herausfand.
Kapitel 3
Meine erschütternde Reise zur Selbstliebe
In meinem selbst gemachten Gefängnis
Schließlich erzählte ich Blake die ganze Geschichte meiner Kindheit, von Doc und den Kulten; daraufhin engagierte er sich noch mehr in meinem Heilungsprozess. Als ich sicher bei Blake angekommen war und mich bei ihm verstecken konnte, wusste ich, dass weder Doc noch ein anderes Sektenmitglied nach mir suchen würde, denn das hätte gegen die Regeln des »Bondings« und der »Call Back«-Programmierung verstoßen, die sie mir über die Jahre eingepflanzt hatten. Wenn sie nach mir hätten suchen müssen, wäre das für sie ein Manko gewesen und hätte auch bedeutet, dass ich die Kontrolle hatte. Sie verließen sich darauf, dass ich aufgrund meiner Programmierung willig wie ein entlaufener Hund zu ihnen zurückkommen würde. Aber das tat ich nicht. Langsam eroberte ich mir Schritt für Schritt mein Leben zurück. Bestimmte Leute und Aktivitäten halfen mir, zum ersten Mal so etwas wie Selbstwertgefühl zu entwickeln; das war allerdings keineswegs einfach und unkompliziert.
Ein paar Jahre nach meiner Flucht wurde gegen Doc ein Verfahren eröffnet. Doch wie bei so vielen Missbrauchsfällen war inzwischen für mich zu viel Zeit vergangen, sodass körperlich kaum noch etwas nachzuweisen war. Es gab weder greifbare Beweise noch Zeugen, und so wurde der Fall von der Bezirksstaatsanwaltschaft aufgrund mangelnder Beweise fallen gelassen. Zusätzliche Beweise oder Zeugen wären nötig gewesen, damit der Fall wieder vor Gericht hätte kommen können.
Man könnte meinen, die Geschichte wäre damit zu Ende. Doch körperlich einer Situation zu entkommen ist keineswegs das Ende des Heilungsweges; diese Straße geht noch sehr viel weiter. Ich war zwar der Kontrolle meines Peinigers entronnen, aber ich war nach wie vor nur eine leere Hülle. Ich hatte kein eigenes Leben, sondern nur die Bruchstücke eines Lebens, wie es hätte sein können. Als junge Frau hatte ich keine Ahnung, wie ich mich in der Gesellschaft zurechtfinden konnte. Ich war nicht »lebenskompetent«, litt unter schweren posttraumatischen Belastungsstörungen und war voller Selbsthass.
In Wirklichkeit war mein Peiniger durch meine Flucht keineswegs verschwunden; vielmehr setzte er sich in meinem Kopf fest, und ich führte das Muster des Missbrauchs selbst weiter. Ich war süchtig nach Ritzen und nach wie vor selbstmordgefährdet. Fast jede Entscheidung, die ich damals bezüglich meines Lebens traf, diente der Selbstsabotage und nicht der Selbstliebe. Ich war davon überzeugt, ich müsste mich selbst missbrauchen, sonst würde das Schlechte in mir über das Gute siegen und ich würde ein genauso schlimmer Mensch werden wie die Peiniger meiner Kindheit. Ich glaubte wirklich, dass der einzige Unterschied zwischen ihnen und mir ledigleich in meiner Selbstbestrafung bestand.
Blake, der für die ersten Schritte meines Heilungsprozesses eine so entscheidende Rolle spielte, wurde zu meiner rechten Hand, als ich mir eine berufliche Zukunft aufbaute. Wir haben eine Firma und eine Non-Profit-Organisation gegründet und helfen heute gemeinsam Menschen in aller Welt, positive Veränderungen zu bewirken. Der Weg dahin war jedoch sehr weit, und die Reise in mein neues Leben war alles andere als einfach. Ich musste eine Möglichkeit finden, mich selbst zu lieben. In diesem Buch stelle ich ein Toolkit, also einen »Werkzeugkasten«, mit Techniken und Methoden vor, mit deren Hilfe ich mein Leben verändern konnte.
Durch Therapie zu einem neuen Leben
Mit 21 wurde ich zu einer Therapie gezwungen, und zwar von einem Mann, mit dem ich zusammen war und der es einfach nicht mehr schaffte, mit mir eine stabile Beziehung zu führen. Die Nachwirkungen des Missbrauchs in meiner Kindheit machten das gar zu schwer. Er sah mich an und sagte: »Das ist СКАЧАТЬ