Der junge Häuptling. Liselotte Welskopf-Henrich
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der junge Häuptling - Liselotte Welskopf-Henrich страница 9

Название: Der junge Häuptling

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Исторические приключения

Серия:

isbn: 9783957840080

isbn:

СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Roach drückte als Untergebener die Zustimmung zur Meinung seines Vorgesetzten aus, obgleich ihm bei dem Vorschlag seines Kommandanten nicht ganz wohl zu sein schien. Pitt aber beschloss, den Vorschlag des Kommandanten bei Roach zu unterstützen. Nachdem die beiden Spielführer Wort gehalten hatten und Pitt seinen Gewinn einstrich, vergaß er jegliches Grauen vor dem Indianer.

      Eisschollen treibend, floss der Missouri in seinem breiten Bett dahin. Die Sterne flimmerten, eisig wehte der Nachtwind. Soweit sich die Pferde im Freien befanden, drängten sie sich wärmesuchend aneinander. Die Soldaten gingen in ihre Unterkünfte. Die Posten wachten wieder aufmerksamer. Leutnant Roach stellte mit Schrecken fest, dass er vergessen gehabt hatte, sein Zimmer abzuschließen. Aber es schien alles in Ordnung, nichts fehlte ihm außer einer von seinen besten Zigaretten. Aber vielleicht hatte er sich auch verzählt. Er redete sich ein, dass tatsächlich nur noch acht lose Zigaretten übrig gewesen seien, als er das Zimmer verlassen hatte, und atmete auf.

      Gegen Jack wurden viele abfällige und unzufriedene Bemerkungen laut, er habe zum Schluss nachlässig gespielt und seine gesamte Mannschaft dadurch entmutigt. Aber den Ponka schien weder die Meinung seiner Mitspieler noch die der Zuschauer zu kümmern. Er ließ sich von Bobby noch einige gute Zigaretten abgeben. Pitts Einladung zu einem abendlichen Drink lehnte er mit der Begründung ab, dass er ermüdet sei und schlafen wolle. Geld kassierte er nicht ein. Er hatte überhaupt nicht gewettet.

      »Spleeniger buntbeschmierter Kauz!«, fasste Bill die allgemeine Meinung zusammen.

      Pitt kam in sein Element; er spielte den großen Mann und gab in der Gaststube des Forts seinen gesamten Wettgewinn für Brandy aus. Nach Mitternacht fand er mit den drei Rauhreitern vom Niobrara zusammen in einer Mannschaftsunterkunft Quartier. Im Bewusstsein, ein paar Tage Ruhe vor sich zu haben, schliefen und schnarchten alle zufrieden. Die Schrecken der Prärie waren für den Augenblick vergessen.

      Als die Nacht vorüber war und die Sonne wieder aufging, hielt eine kleine Abteilung Dragoner schon zu Pferd vor dem Tor, bereit zum Aufbruch und zum Ritt nach Yankton. Der Rappe für Leutnant Roach wurde von Pitt bereitgehalten, der selbst schon zu Pferd saß. Vorn bei der kleinen Truppe standen Jack und Bobby. Pitt, der sich als Kurier fühlte und sich von jeglichem Spähdienst entlasten wollte, hatte Leutnant Roach noch beim Frühstück darin bestärkt, den Ratschlag des Kommandanten zu befolgen und den Neger sowie den Ponka als Läufer und Späher anzuwerben. Obgleich auf dem Weg von Fort Randall bis Yankton am Missouri keinerlei Gefahren zu drohen schienen, hatten die Berichte des Majors Smith in dem eleganten Leutnant eine Empfindung geweckt, in Grenznähe zu sein. Pitts Rat hatte daher an diesem Morgen bei Roach ein offenes Ohr gefunden.

      Bobby Kraushaar, der athletische freundliche Neger, stand in wartender Haltung bei Pitt und dem Pferd des Leutnants und schaute nach dem Tor, aus dem Roach kommen musste. Eben war der Schritt des Leutnants zu hören. Roach dankte dem Gruß der Wache in seiner saloppen Weise, kam herbei und schwang sich auf seinen Rappen, mit leichter Bewegung, durch die die Eleganz seines Äußeren unterstrichen wurde. Während er das Tier antrieb, gab er den beiden Spähern mit der Reitpeitsche ein Zeichen, vorauszulaufen. Es war ein Zeichen, wie es gegenüber Sklaven üblich gewesen war. In Bob waren mit einem Schlage Erinnerungen aus seiner schweren Kindheit wach. Die Striemennarbe eines Peitschenschlages brannte wieder, und wenn Leutnant Roach sich die Mühe gemacht hätte, in das Gesicht des Mannes zu blicken, würde er in diesem Augenblick etwas ganz anderes als Freundlichkeit darin wahrgenommen haben. Ein gleicher Versuch, in den Mienen des Ponkas zu lesen, wäre aber auch jetzt vergeblich geblieben. Der Indianer hatte gleichmütig gewartet, bis der Leutnant kam. Er hatte den Lauf schon aufgenommen, ehe Roach mit der Peitsche winkte. Das Gesicht des Indianers war mit einer neuen, sorgfältig überlegten Fratzenmalerei, in Schwarz, Blau und Weiß, bedeckt. Während Bobby mit nacktem Oberkörper lief, hatte Jack über das Hemd sogar noch einen Poncho gezogen.

      Jack lief voraus, und Bobby hielt sich in seiner Spur. Mit seinen langen muskulösen Beinen war der Indianer ein ausgezeichneter Läufer, und der Neger stand ihm in nichts nach. Die beiden schlugen das Tempo schnell trabender Pferde an, das sie stundenlang durchhalten konnten. Zeitweise liefen sie voraus, um das Gelände zu durchspähen, durch das die Truppe reiten musste. Pitt und Roach waren mit diesen beiden Läufern und Kundschaftern durchaus zufrieden.

      Die frische Morgenluft strich über die hügelige Landschaft.

      Leutnant Roach genoss den Morgen in bester Laune. Er hoffte, bei Oberst Jackman, der mit dem Vater des Leutnants befreundet war, Erfolg zu haben. Überdies hatte er in Yankton Grüße an die Gattin seines unmittelbaren Vorgesetzten, Frau Jones, zu bestellen, und endlich wusste Anthony Roach, dass seine Verlobte, Cate Smith, die Tochter des Majors Smith, in Yankton eingetroffen war.

      Yankton lag im südlichen Teil des Territoriums Dakota, nordöstlich des Missouri. Es war noch eine kleine Stadt und hatte erst mehr als ein Jahrzehnt später Aussicht, die Hauptstadt eines sich neu bildenden Staates zu werden. Die begüterten oder an politische und militärische Funktionen des Ehemanns und Vaters gebundenen Familien hatten sich in einem Viertel zusammen angesiedelt. In einem der Einfamilienhäuser dieses Viertels war man eben beim Abendessen. Die sinkende Sonne strahlte noch über den kleinen Garten, dessen Beete abgedeckt waren. Sie schien durch die blinkenden Fensterscheiben und ließ die Ausläufer ihrer Strahlen über das damastene Tischtuch, die Silberbestecke und das weißglänzende Porzellan auf dem Esstisch gleiten. Zwei ältere Damen und ein junges Mädchen saßen an dem runden Tisch.

      »Wie sehr freue ich mich für dich, liebe Cate, dass du deinen Verlobten hier sehen wirst!« Die Gastgeberin, Frau Jones, war beleibt, appetitreich, menschenfreundlich gestimmt.

      »Wie reizend von Ihnen, dass Sie mir ein Wiedersehen mit Anthony möglich machen wollen«, antwortete das junge Mädchen artig und vergaß nicht, der zweiten älteren, weniger menschenfreundlich wirkenden Dame das Salzfässchen zu reichen.

      »Noch ist gar nichts gewiss!«, bemerkte diese zweite Dame, die ihr faltiges Gesicht stark gepudert hatte.

      »Gewiss, Tante Betty«, antwortete das blasse junge Mädchen, »und ich werde standhaft sein, wenn ich die Enttäuschung erlebe, Anthony nicht wiederzusehen.«

      »Standhaftigkeit ist mehr eine Sache für Männer, Cate«, tadelte die Tante. »Ich würde es nicht für unwürdig halten, wenn du als junges Mädchen auch einmal mit einer Träne ein Gefühl verraten würdest. Du wirkst oft zu kalt.«

      »Gewiss, Tante Betty, ich werde hierüber nachdenken.«

      »Cate, sei nicht so ernsthaft!«, rief die dicke Gastgeberin. »Wenn Herr Roach kommt, will er eine fröhliche Braut sehen! Und sei unbesorgt! Kann er nicht nach Yankton kommen, so lasse ich anspannen, und wir fahren nach Randall!«

      »Um des Himmels willen!«, Tante Betty wurde rot vor Schreck. »Doch nicht etwa durch die Prärie?«

      »Die Strecke ist vollkommen sicher, liebe Cousine, und die Fahrt eine wahre Pracht! Wir haben ein neues Viergespann; wir fahren wie im Fluge!«

      »Aber das können wir nicht annehmen, liebe Cousine …«

      »Aber liebste Betty, es wird mir selbst das größte Vergnügen sein, eine solche Fahrt mit dem neuen Gespann zu unternehmen und meinen Mann auf Fort Randall zu überraschen! Ja, tatsächlich, er liebt solche Überraschungen sehr!«

      Die Damen gingen zum warmen Pudding über.

      In der Gesprächspause, die dabei eintrat, horchten alle auf das Pferdegetrappel, das auf der staubigen Straße draußen zu hören war. Cate saß mit dem Gesicht zum Fenster und konnte auf die Straße schauen. Sie hatte diesen Platz eingenommen, weil hier die abendlichen Sonnenstrahlen die Augen besonders störten und der Platz daher von den beiden alten СКАЧАТЬ