Der junge Häuptling. Liselotte Welskopf-Henrich
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Название: Der junge Häuptling

Автор: Liselotte Welskopf-Henrich

Издательство: Автор

Жанр: Исторические приключения

Серия:

isbn: 9783957840080

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СКАЧАТЬ den Augen des jungen Mädchens stand noch ein ausgesprochenes Entsetzen, als Leutnant Anthony Roach sich draußen auf dem Rappen etwas herabbeugte und durch das Fenster herein grüßte. Der Leutnant schien leicht verwirrt, da er nicht wissen konnte, ob das Entsetzen seiner Braut etwa durch sein Erscheinen hervorgerufen war. Die beiden alten Damen nickten, und sie grüßten noch, als die Dragoner und ihr Leutnant längst wieder verschwunden waren.

      Cate hatte sich einigermaßen gefasst, als die Aufmerksamkeit am Tisch sich ihr von neuem zuwandte.

      »Wie entzückend!«, rief Frau Jones. »Ich werde sofort veranlassen, dass Leutnant Roach Nachricht erhält und uns seine Aufwartung machen kann.« Sie klingelte und gab einer schwarzen Dienerin Bescheid.

      »Cate«, fragte sie dann, »was hat dich denn erschreckt? Du bist auf einmal bleich!«

      »Nichts …«

      »Vertraue mir, Kind!«

      »Bitte, entschuldigen Sie. Ich bin sehr töricht. Vor der Truppe mit Anthony kamen zwei Läufer vorbei. Der eine war ein Indianer.«

      »So etwas sieht man hier am Missouri noch häufig.« Die Gastgeberin war leicht missgestimmt.

      »Er hatte sich schaudererregend bemalt.«

      »Muss man den Leuten abgewöhnen! Es ist heidnische Unkultur, natürlich. Sage deinem Verlobten, liebe Cate, dass er dem Mann befehlen soll, sich abzuschminken, und er wird es tun. Es gibt keine ›Maguas‹ mehr. Solche existieren nur noch in den Romanen des Herrn Cooper! Bist du nicht ganz glücklich, deinen Verlobten wiederzusehen, Cate?«

      »Vollkommen.«

      »Wann soll denn Hochzeit sein?«

      Das junge Mädchen blickte zögernd auf Tante Betty.

      »Nicht so bald, nicht so bald!«, betonte diese. »Cate und Anthony sind erst seit einem Jahr verlobt. Ich denke, eine Verlobungszeit von drei Jahren wird genau das Richtige sein.«

      Das junge Mädchen unterdrückte einen Seufzer, und Frau Jones betrachtete Cate mitleidig. Das Mädchen war schon zwanzig Jahre alt. Es schien dringlich, sie unter die Haube zu bringen, aber Tante Betty fürchtete wohl, eine gehorsame unbezahlte Dienerin zu verlieren. Cate war arm, seitdem die großelterliche Farm mit Weizenfeldern und Gebäuden während des Aufstandes der Ostdakota 1862 niedergebrannt worden war. Cates Vater, Major Smith, machte keine Karriere, und die vermögende Mühlenbesitzerin und Witwe, Tante Betty, verlangte von ihrer künftigen Erbin Bedienung von früh bis spät. Das alles bedachte die Gastgeberin, aber sie ließ kein Wort in dieser Richtung verlauten.

      Eine Stunde nach den Abendessengesprächen der Damen eilte Leutnant Anthony Roach beflügelten Schrittes zu dem kleinen Haus. Er entschuldigte sich lebhaft wegen der ungewöhnlichen Stunde seines Besuchs, spielte den Glücklichen, von Wiedersehensfreude Belebten, sagte den beiden alten Damen, besonders der Erbtante Betty, einige in die Situation passende Schmeicheleien und begrüßte seine Braut. Dabei spürte er, wie kalt Cates Hand war. Es fiel ihm auf, dass das Mädchen blass aussah und dass sich die ersten feinen Falten der Müdigkeit und Enttäuschung um ihren Mund legten. Das missfiel ihm, denn er wollte neben der reichen Erbschaft auch eine hübsche und lebenslustige Frau gewinnen, die ihn nicht mit Grillen störte. Er beschloss, den Grund für Cates Blässe und Kälte zu erforschen, und verbündete sich zu diesem Zweck mit Frau Jones. Es gelang der Gastgeberin, Tante Betty für ein paar Minuten in einen anderen Raum zu lotsen, und die Verlobten blieben so lange allein.

      »Wann heiraten wir?«, fragte Roach seine Braut sofort. »Hast du mit Tante Betty gesprochen?«

      »Ja, das habe ich«, antwortete Cate langsam, mit einer ganz anderen, etwas tieferen Stimme, als sie mit ihrer Tante zu sprechen pflegte. »Frühestens in zwei Jahren will Tante Betty einwilligen.«

      »Das ist Unsinn! Humbug ist das. Deshalb bist du so blass, ich verstehe! Was können wir beide tun?«

      »Willst du nicht selbst mit Tante Betty sprechen, Anthony? Du bist gewandter als ich. Vater wäre einverstanden, wenn wir sofort Hochzeit machten.«

      »Hm – ja – ich sehe schon, ich muss das selbst in die Hand nehmen! Dein Vater ist einverstanden? Ausgezeichnet. Dann – hm … Ihr kommt alle drei zu Besuch nach Fort Randall?«

      »Frau Jones ist sehr dafür. Sie will das neue Gespann ausprobieren und ihren Mann auf dem Fort überraschen.«

      »Ich werde dafür sorgen, dass dieser Besuch stattfindet. Ich begleite eure Kutsche mit meinen Dragonern bis Randall. Von Fort Randall aus breche ich ein paar Tage später mit einer Munitionskolonne zu deinem Vater an den Niobrara auf. Cate – kommst du dorthin mit? Wir holen uns den Segen deines Vaters! Dann kann Tante Betty keine Schwierigkeiten mehr machen! Enterben wird sie dich wegen eines solchen Schrittes nicht.«

      »Anthony! Anthony!« Das Blut stieg dem jungen Mädchen bis in die Schläfen; ihre Gestalt straffte sich. Nichts ersehnte sie mehr als das Ende ihres freudlosen Daseins bei der Erbtante.

      »Cate, so gefällst du mir! Also abgemacht! Tante Betty darf natürlich nichts ahnen. Du nimmst dir kein Reitkleid nach Randall mit; du fährst als gehorsame Nichte in der Kutsche mit den beiden alten Damen – für alles weitere sorge ich.«

      Roach trat einen Schritt zurück, denn die Tür des Nebenzimmers öffnete sich. Frau Jones und Tante Betty kamen wieder herein.

      »Herr Roach!«, sagte die Gastgeberin in ihrer lebhaften Sprechweise. »Ich hoffe, Sie haben mit Ihrer Verlobten ausgemacht, dass sie meine Einladung annimmt und mit uns nach Randall fahren wird?«

      »Nicht nur das, Frau Jones, ich werde Ihr Viergespann mit meinen Dragonern nach Fort Randall begleiten!«

      »Wie artig und wie großartig! Was für eine Idee! Nicht wahr, Betty?«

      »Nicht schlecht«, meinte diese, bedeutend zurückhaltender, aber doch sichtlich beruhigt.

      »Allerdings«, auch Frau Jones lächelte, »werden Sie, Herr Roach, Ihrem indianischen Läufer befehlen müssen, sich abzuschminken. Seine verschmierte Fratze hat Ihre liebe Braut allzu sehr erschreckt.« Roach lächelte höflich, etwas gezwungen. »Cate ist von Natur mutig. Ich zweifle nicht, dass sie sich rasch an die Atmosphäre des Wilden Westens gewöhnen wird!«

      Am Morgen nach diesem Zusammentreffen begab sich Leutnant Roach zur befohlenen Stunde zu Oberst Jackman. Er verstand es, eine korrekte, achtungsvolle, nicht unterwürfige Haltung einzunehmen, und der verkniffene Gesichtsausdruck des Obersten wurde beim Anblick dieses Leutnants etwas lockerer. Roach legte das versiegelte Handschreiben des Majors Smith vor.

      Das Dienstzimmer des Obersten war sehr hell, die immer noch winterliche Atmosphäre draußen ganz rein, und Oberst Jackman bedurfte keines Augenglases, um die große deutliche, wie gestochene Handschrift des Majors Smith zu lesen. So sehr ihn aber das Schriftbild befriedigte, so wenig tat es der Inhalt des Schreibens.

      »Immer und ewig dieselben Klagen und Bitten! Ich bin weder blind noch taub. Auch Major Smith sollte allmählich einsehen, dass durch die unaufhörliche Wiederholung derselben Litanei diese weder neuer noch wirkungsvoller wird. Was machen wir denn nun, Leutnant Roach? Ich habe Befehl: Die Dakota sind in ihre Reservationen zu treiben! Also werden wir sie hineintreiben! Auch diese kleinen Banden, mit denen Smith unbegreiflicherweise nicht fertig wird.«

      »Sehr wohl. Gestatten einen Vorschlag?«

      »Bitte. СКАЧАТЬ