Название: Traumzeit für Millionäre
Автор: Roman Sandgruber
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783990401842
isbn:
Der Erfinder der „Manner-Schnitten“: Josef Manner.
Die Brüder Gustav und Wilhelm Heller, heute vor allem durch ihren Enkel André Heller bekannt, begannen 1891 in einem gemieteten Lokal im Souterrain des Wiener Beatrixbades mit der Produktion von Seidenbonbons. 1899 brachte Heller die sogenannten „Wiener Zuckerl“ auf den Markt, gewickelte Karamellen mit Fruchtgeschmack, sehr bald darauf auch die Likörbonbons mit flüssiger Füllung, die in Stanniol verpackt waren. Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs sollen im Unternehmen 1400 Personen beschäftigt gewesen sein.
Die älteste und größte Schokoladenfabrik Österreichs war allerdings von Victor Anton Schmidt begründet worden: 1826 in Stegersbach im heutigen Burgenland als Sohn eines Zöllners an der damaligen Zwischenzolllinie zwischen Ungarn und Österreich geboren, erlernte er in Pressburg den Konditorberuf, machte sich mit zwanzig Jahren selbständig und begann mit einer eigenen Erzeugung von Konditorwaren. Von Pressburg ging er nach Budapest und Ende der 1850er Jahre nach Wien. 1858 meldete er das Gewerbe der Schokoladenfabrikation an. In der Wirtschaftskrise der frühen 1860er Jahre kam das rasch gewachsene Unternehmen zwar in schwere Turbulenzen und ein Konkurs konnte nur knapp abgewendet werden. Doch dann kamen die Gründerjahre und das Unternehmen war bald eine internationale Größe. Erzeugt wurden nicht nur Tafelschokolade und Bonbons, sondern auch Feigenkaffee, Marmeladen und Teigwaren. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Victor Schmidt & Söhne zur führenden Schokolade-, Zuckerwaren- und Backwarenfabrik in Österreich-Ungarn aufgestiegen.
Die Industrialisierung erfasste auch das Bäckergewerbe. 1891 gründeten die Brüder Heinrich und Fritz Mendl auf dem Laaer Berg im Wiener Stadtteil Favoriten eine Brot- und Gebäckfabrik. Beide hatten sie keinerlei Erfahrung in der Bäckereibranche. Heinrich Mendl hatte vorher mit Spirituosen, Tee und anderen Getränken gehandelt. Er galt als guter Rechner. Fritz Mendl war Reserveoffizier. Er war die eigentlich treibende Kraft, ein Energiebündel. Die Brüder konzentrierten sich auf eine einzige Brotsorte, die fabriksmäßig in Fließarbeit hergestellt wurde. Der zweite Erfolgsfaktor war das Vertriebssystem von einem sogenannten „Brotbahnhof“ aus. Der Standort oben auf dem Laaer Berg war gut gewählt, um den mit Brot schwer beladenen Pferdefuhrwerken die Auslieferung leichter zu machen. Zum Markenzeichen wurde der Anker als Zeichen für Sicherheit und Vertrauen. Bis 1914 wuchs das Unternehmen auf eine Größe von 1.300 Mitarbeitern. Mit etwa 250 Pferdegespannen wurden täglich an die 150 Tonnen Backwaren ausgeliefert.154 Das System wurde rasch kopiert, z. B. von Moriz Hafner, der um 1895 die Wiener Kronenbrot-Werke als kleine Schwarz- und Weißbäckerei gegründet hatte und 1910 ebenfalls bereits Millionär war. Diesem Druck der „Brotkapitalisten“ vermochten die Konsumgenossenschaften mit „Hammerbrot“ ein nur kurzfristig erfolgreiches Gegenkonzept entgegenzusetzen.
Die Industrialisierung brachte auch die Ersatz- und Convenienceprodukte: Malzkaffee, Margarine, künstliche Süßstoffe, Suppenwürfel und Konserven. Jakob Hauser gründete 1884 zusammen mit Moritz Sobotka in Wien-Stadlau eine Malzfabrik, die 1885 in Erste Wiener Export Malzfabrik Hauser & Sobotka umbenannt wurde. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde daraus eine der größten Malzfabriken Europas. 1892 wurde mit der Erzeugung von Malzkaffee begonnen, 1901 mit Backmalzextrakt. Das Unternehmen expandierte noch vor 1914 in viele Staaten, nach Deutschland, England, USA, Italien und Frankreich. 1903 wurde die Firma Hoff erworben, die mit Hoffs Malzextrakt in die Weltliteratur eingegangen ist.155 1916 wurde mit einer 50%igen Beteiligung die Firma Dr. Wander GmbH Wien gegründet und die inzwischen weltweit bekannt gewordene Marke „Ovomaltine“ geschaffen. Die Beteiligungen umfassten bald auch die Schokoladefabrik J. Brünauer & Co., deren Erben sich den schönen Künsten zuwendeten.156
Margarine war ein neues Produkt, das den Fettbedarf abdecken helfen sollte. Der aus Wels gebürtige Karl Blaimschein begann seine Tätigkeit als Wiener Repräsentant seines Stiefvaters Ludwig Hinterschweiger, der 1876 als einer der Ersten in Österreich in leer stehenden Räumen der Welser Burg mit der Produktion von Margarine begonnen hatte, die er aus Butterlieferungen nach Holland kennen gelernt hatte. Blaimschein machte sich in Wien selbständig, kaufte 1889 die Fettschmelze des Julius Granichstädten und eröffnete 1891 auf diesem Gelände die Carl Blaimschein‘sche Butter- und Speisefettwarenfabrik. 1900 entstanden daraus die Vereinigten Margarine- und Butterfabriken Blaimschein, Khuner, Moll & Julius Granichstädten, die nach dem Ersten Weltkrieg in der Unilever aufgingen.
Was auch neu war, waren Konservenfabriken. Hugo Anbelang war der Alleinbesitzer der berühmten Fischkonservenfabrik, die von seinem Onkel Carl Warhanek aufgebaut worden war. 1910 umfasste das Unternehmen 17 Fabriken an der Adria und in den wichtigsten Ländern der Monarchie. Zu Warhaneks Entwicklungen gehörten die Gabelroller in böhmischer, süßsaurer Marinade und die „Russen“, eingelegte Sardinen, die in großen Buchenfässern in den Handel kamen. Das Unternehmen war vor 1914 in der Habsburgermonarchie faktisch konkurrenzlos. Der Erste Weltkrieg, der den österreichischen Meeresfischfang fast ganz zum Erliegen brachte, traf das Unternehmen schwer. In der Zwischenkriegszeit brach der österreichische Fischverbrauch völlig ein.
Ignaz Eisler war der Gründer der k. u. k. Militär-Conservenfabrik in Inzersdorf. Es wurden Fleisch-, Gemüse- und Suppenkonserven hergestellt. Für den Mobilisierungsfall standen Einrichtungen für die tägliche Verarbeitung von 500 Mastochsen zu Fleisch-Konserven in Blechbüchsen bereit. Für den geringfügigen Friedensbedarf stand die Fabrik nur wenige Wochen im Jahr im Betrieb. Es wurde Reise-, Jagd-, Touristen- und Schiffsproviant erzeugt. Für den alltäglichen Haushaltsbedarf war das noch nicht gedacht. Als Militärkonservenfabrikant, in diesem Fall in Bruck an der Leitha, war auch Karl Littmann reich geworden. Interessant ist er, weil er auch der Besitzer des Hauses Berggasse 19 und damit Eigentümer der Wohnung von Sigmund Freud war.
Produzieren im Jugendstil
Die Jahrhundertwende brachte einen großen Schub an industriell gefertigten Haushaltsgeräten und Wohnungseinrichtungen: Möbel, Lampen, Küchengeschirr, Keramik, Glas, Essbestecke und vieles mehr. Das Wien des Fin de Siècle wurde für seine Möbelfabriken berühmt. 15 Millionäre sind der Möbelindustrie zuzuordnen. Die Brüder Thonet traten als Pioniere der Bugholztechnik hervor. Mit standardisierter Massenproduktion, detaillierten Katalogen und dem Versand zerlegter, kostengünstiger Möbel in flachen Paketen können sie gleichsam als frühe Vorgänger von IKEA gelten. Ihre Stühle, die heute nahezu Kultrang beanspruchen, gehörten zur Massenausstattung von Kaffeehäusern, Veranstaltungsräumen und Wohnungen. Nahezu zeitgleich mit Thonet gründete 1849 Jacob Kohn mit seinem Sohn Josef in Vsetín, Mähren, eine Fabrik zur Herstellung hölzerner Bauteile. Er erhielt 1867 ein Privileg zur Verbesserung der Methode zum Biegen von Langholz. Bereits ein Jahr später, 1868, nahm die in Vsetín errichtete Manufaktur die Produktion von Bugholz auf. Weitere Standorte folgten in Jičín, in Krakau und Teschen, in Holešov und im russischen Nowo-Radomsk. Im Jahr 1900 beschäftigte die Firma 6.300 Arbeiter. Während anfangs zwar für einen gehobenen Bedarf, aber nach anonymen Entwürfen gearbeitet wurde, gestalteten nach 1900 neben Josef Hoffmann auch Otto Wagner, Adolf Loos, Koloman Moser oder Otto Prutscher die Firmenprodukte für einen exklusiven Geschmack. 1901 erfolgte die Umwandlung in die Erste Österreichische Aktiengesellschaft zur Erzeugung von Möbeln aus gebogenem Holze Jacob & Josef Kohn. 1917 fusionierte J. & J. Kohn mit der von Leopold Pilzer gegründeten Mundus AG (Kohn-Mundus), in welche 1922/25 auch die Firma Gebrüder Thonet eingegliedert wurde (Thonet-Kohn-Mundus).
Zu den Millionären zählte auch Anton Fix. Er hatte 1872 die Betriebsführung der 1842 von seinem Vater begründeten СКАЧАТЬ