Herz des Todes. Magret Kindermann
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Название: Herz des Todes

Автор: Magret Kindermann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Herz des Todes

isbn: 9783947147687

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СКАЧАТЬ jedem Ehinwein ein.

      »Du hast ein großes Problem«, sagte Kalinika eindringlich. Der Tod glaubte, in ihren Augen einen hohen Wellengang zu erkennen. »Dein Herz gehört dir nicht mehr.«

      Seine Zunge schmeckte plötzlich nach Eisen. Lert schob ihm voraussehend die Flasche Ehinwein hin.

      »Was bedeutet das?«, fragte der Tod.

      »Jemand hat dich berührt. Dort, in deinem Inneren.« Sie zeigte auf seine Brust. »Der neue Besitzer deines Herzens kann über alles bestimmen, was du tust.«

      Gedankenverloren legte der Tod die Hand auf sein Herz. Er dachte an das kleine Mädchen, das schon am Tag seiner Geburt Hallo gesagt hatte. Seitdem hatte er oft an sie denken müssen. Sie hatte unbedarfte Erinnerungen aus Kindheitstagen geweckt, die lange hinter anderen hässlicheren vergraben waren und deren Sanftheit ihn erschreckten. Dieses Kind soll er gewesen sein? Er stand abrupt auf und warf dabei den Stuhl um.

      »So ein Unsinn!« Schwer stützte er sich mit beiden Armen auf dem Tisch ab. Kalinika war bei seinem Ausruf zurückgewichen. »Mich haben schon viele Leute berührt! Meine Eltern, meine Schwester, du, der alte Lert da–«

      Die Hexe legte ihre Hand auf seine. »Es gibt Berühren ...« Sie hob die Hand an und ließ sie noch behutsamer wieder sinken. »... und Berühren.«

      »Sie ist ein Kind! Alleine an so etwas zu denken, ist widerlich.«

      Kalinika schüttelte den Kopf. »Du kannst dich nicht hinter deiner empörten Moral verstecken. Du und ich wissen beide, dass es dir nicht an Frauen mangelt. Du musst nicht auf eine in ferner Zukunft warten. Was du fürchtest, ist eine andere Art von Liebe.«

      Der Widerstand zerbrach. Er senkte den Kopf und ergab sich der Wahrheit. »Sie heißt Aru. Ich habe sie selbst benannt.«

      »Wie die Baumkönigin? Wie kam es denn dazu?«

      Der Tod spielte mit dem Becher. Irgendwann hatte er ihn wieder gelehrt, er hatte es gar nicht gemerkt.

      »Hilf mir«, sagte er. »Hilf mir.«

      Kalinika lehnte sich zurück und der Tod erkannte, dass sie in eine Trance verfallen war. Es dauerte nicht lange und sie stand auf.

      »Spielt noch eine Runde«, sagte sie und verließ das Haus.

      Fragend blickte der Tod Lert an.

      »Ich hab auch keine Ahnung, was sie macht«, erwiderte dieser.

      »Du als ihr Mann musst sie doch verstehen.«

      »Sollen sich Freunde nicht besser verstehen können, als wenn man in einer Beziehung ist?«

      Der Tod schnaubte und sammelte die Karten ein, um zu mischen. Kalinikas rätselhaftes Verhalten war ihm jedes Mal interessant vorgekommen, doch manchmal machte es ihn wahnsinnig. Vor allem, wenn es um offene Fragen ging.

      »Sie wird mir doch helfen können?«, fragte er.

      »Zumindest wird sie viel daransetzen. Sie mag Geschichten, in denen es um Verbindungen zweier Menschen geht.«

      »Verbindung! Als ob ich eine Wahl hätte.«

      »Die haben die wenigsten, wenn es um Gefühle geht. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um Hass oder Sympathie dreht. Und die Wahl hatte ich auch nicht, wenn man meine Liebe zu Kalinika betrachtet.«

      Überrascht blickte der Tod auf. Im ersten Moment hatte er ausrufen wollen, dass es sich um etwas völlig anderes handelte, doch er spürte, dass das Gespräch eine Wendung genommen hatte, weg von ihm. Hatte Lert große Kompromisse eingehen müssen? Er hatte nie darüber nachgedacht. Sein Bündnis mit Kalinika war dem Tod wie der Himmel auf Erden vorgekommen. Der Moment verstrich, in dem Lert es hätte ausführen können.

      »Ich bin anderer Meinung. Jeder hat die Wahl und Gefühle kann ich auch wahrnehmen, ohne mich von ihnen lenken zu lassen. Sie sind weder gut noch schlecht, erst meine Handlungen stecken sie in diese Schablonen.« Der Tod teilte die Karten aus.

      Lert schaute zu und schien nicht das Verlangen zu haben, etwas darauf zu erwidern.

      Sie spielten zwei Partien, von denen der Tod wenigstens eine gewann. Als Kalinika zurückkam, war der Ehinwein leer. In der Hand hielt sie ein großes Glas mit trübem Wasser und einem hässlichen Fisch darin. Er schwamm im Kreis und blickte mit gelben Augen ins Leere.

      »Dieser Fisch bist du«, sagte die Hexe.

      Verständnislos blickte der Tod sie an.

      »Du darfst ihn vorab nicht töten. Begrabe ihn tief in der Erde an einem Ort, den du nicht wiederfinden kannst. Lass ihn am besten von deinem Koch begraben, damit du die Stelle erst gar nicht kennst. Der Fisch ist dein Herz. Und so verliert die Besitzerin die Macht über dich, denn dein Herz ist anderswo.«

      Der Tod nahm das Fischglas entgegen und blickte dem Tier ins Gesicht. Obwohl seine Situation ernst war, widerte ihn der Gedanke an, so hässlich zu sein.

      »Das bin ich?«, fragte er. »Was wird mit meinen ganzen anderen Gefühlen? Werde ich mich freuen können? Werde ich …« Er stockte.

      Die Hexe nickte und dehnte ihren Arm, als hätte sie schwere Arbeit geleistet. »Du wirst es kaum merken. Doch das Band zwischen euren Seelen wird zerschnitten sein.«

      Der Tod klemmte sich das Fischglas unter den Arm. »Also gut.« Er ging zur Tür.

      »Warte!«, rief Lert und holte aus einer dunklen Ecke eine weitere Flasche Ehinwein. »Für Safferle. Ich weiß, er mag ihn.« Lert gab ihm die Flasche und drückte ihn fest. »So schlimm ist das gar nicht.«

      »Doch, das ist es«, sagte Kalinika, als auch sie ihn an sich drückte. »Du könntest dich nicht gegen sie stellen, auch wenn es dir wehtun würde.«

      Der Tod nickte beiden zu und verließ das Haus. Er mochte es nicht, wenn andere ihm zusahen, wie er verschwand, also lief er lieber ein Stück. Noch einmal blickte er hoch zu den Sternen, zu den falschen und den echten.

      Die Bewohner von Jui hatten die reizvolle Angewohnheit, zu erstarren, sobald ein Problem auftrat. Es war eine Art Schockstarre, die sie für Jahre einfror, ohne dass sie starben. Erkannte einer eine große Gefahr, sendete sein Körper Stoffe aus, die alle Bewohner erreichten. Augenblicklich blieb ihr Biorhythmus stehen. Die längste bekannte Zeit waren fast zwanzig Jahre! Damals hatte ein Virus viele dahingerafft. Doch das erstarrte Jui überdauerte den Virus, der ohne neue Patienten ausstarb.

      Genau das passierte, als der Tod nach der Weihung die Tür hinter sich schloss. Als er den Wirt abholte, der neben den Eseln längst nicht mehr atmete, war Jui schon eingeschlafen. Allerdings war Aru, die Redner-Tochter, kein Virus und auch sie war mit den anderen erstarrt. Die Stadt hatte sein Problem mitgenommen und als sie zwei Jahre später wieder erwachte, war Aru noch immer da.

      Als sie acht Jahre alt war, wanderte sie so weit, bis sie einen kleinen Kastanienwald fand. Unter den über hundert Jahre alten Kastanienstämmen trafen sich deren Wurzeln, mit denen sie sich untereinander austauschten. Über viele Erdschichten hinweg wurden die Verzweiflungen der Oberfläche in die Tiefe getragen. Die feinen Wurzelspitzen berührten die der anderen Kastanien СКАЧАТЬ