Warnung vor Büchern. Erzählungen und Berichte. Ханс Фаллада
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СКАЧАТЬ es das Alkoholkapital ist, das diese Frage immer von neuem anschneidet. Wir Guttempler kennen unsere Volksgenossen und wir wissen nur zu gut, dass bei der Einstellung der meisten deutschen Landesbrüder ein Prohibitionsgesetz, wie es Amerika kennt, zur Zeit in Deutschland nicht die geringste Aussicht auf Annahme hat.

      Wer am vergangenen Mittwoch Gelegenheit hatte, zu hören, wie unser Bruder Hartung aus Kiel in der Loge Triumph von der immer größer werdenden Vormachtstellung des Alkoholkapitals berichtete, das ständig in andere Industrien eindringt und sie sich dienstbar macht, der weiß, dass der einzelne heute kampflos, ganz ohne es zu merken, den Einflüsterungen dieses allmächtigen Königs Alkohol erliegt. Der weiß, dass diese raffiniert durchgeführte Propaganda, die mit allen Fortschritten der Technik, mit der Presse, dem Radio, der Operette, dem Tanzschlager, der Dirnenbedienung, der Animiermusik arbeitet, seinen Opfern unmerklich das Gift der Gewöhnung einflößt.

      Warum hat nun das Alkoholkapital die Frage der Prohibition in den Vordergrund des Interesses gerückt, sie zu einer persönlichen Frage für jeden einzelnen gemacht, während wir Guttempler, deren Sache es doch eher wäre, davon schwiegen?

      Der Kampf des Alkoholkapitals gegen die Prohibition erfolgt nur aus Unehrlichkeit und Verlogenheit. Es weiß ebenso gut wie wir, dass der Deutsche noch nicht reif für [56]dieses Gesetz ist, aber es sieht die Erfolge in den Vereinigten Staaten und es will vorbeugen, will für alle Zukunft vorbeugen. Dieser Kampf wird auf lange Sicht geführt. Alle jene Zeitungsberichte aus Amerika, die jeder von Ihnen alle Augenblicke in einem Blatt findet, über Alkoholschmuggel, Bestechlichkeit der Polizei, Betrunkenheit ganzer Städte in der Neujahrsnacht, Kampf der Nassen gegen die Trockenen, – all diese Artikel sind bestimmt, dem Leser die ganze Prohibition von vorneherein lächerlich und verächtlich zu machen, in ihm das Gefühl zu erwecken: Getrunken wird ja doch, warum erst solche Gesetze erlassen? Immer wieder soll ihm eingehämmert werden: »Du bist ein freier Mann. Du kannst tun, was du willst. Niemand darf dir verbieten, zu trinken, wenn du Lust hast. Sieh nach Amerika. Dort haben sie es verboten und doch trinkt dort jeder. Lass es also gar nicht erst zu einem so lächerlichen Verbot kommen. Lass dir nichts verbieten, du bist frei.«

      So spricht das Alkoholkapital und, wir werden es alle zugeben müssen, es findet sehr offene Ohren.

      Lassen Sie mich Ihnen in diesem Zusammenhang aus dem Vortrag unsers Großtemplers einige Zahlen nennen, die die heutige Situation beleuchten, die darüber aufklären, ob die Alkoholnot in unserm Volke z. Z. wirklich nicht so dringend ist, wie von interessierter Seite immer wieder behauptet wird.

      Der Alkoholverbrauch ging vor dem Kriege ständig aufwärts, von 1860–1900 vervierfachte sich der Konsum pro Kopf der Bevölkerung. Der Krieg brachte eine scharfe Unterbrechung dieser Entwicklung, der Verbrauch fiel auf ein Fünftel der Vorkriegszeit. Professor Kräpelin-München, der große Irrenarzt, zog damals die Folgerung: je weniger [57]Alkohol, desto weniger Trinkerfürsorge, Kriminalität, Familienelend. Die Unglücksziffern sinken, die erfreulichen steigen. Der Krieg hat also gewissermaßen ein Riesenexperiment am Menschen durchgeführt und uns bewiesen, dass Mäßigkeit schon in der lebenden Generation eine außerordentliche Besserung erzielt. Wieviel mehr noch wäre in einer Generation zu erreichen, die den Alkohol überhaupt nicht kennenlernt.

      Nach dem Kriege steigt aber wieder der Alkoholkonsum und zwar so stark, dass selbst die Presse, die im Allgemeinen eine gefügige Dienerin des Alkoholkapitals ist, sich hie und da beunruhigt. So brachte die Berliner 12 Uhrzeitung einen Artikel unter der Schlagzeile: »Für 6 Milliarden Volksvermögen vertrunken.«

      Aber die Brauerzeitung, das Fachblatt des Alkoholkapitals, ist zufrieden. Sie stellt fest, dass ¾ des Vorkriegsverbrauchs bereits wieder erreicht sind, und hofft, auch das letzte Viertel bald wieder aufholen zu können.

      Doch das ärmere und kränkere deutsche Volk darf sich heute keineswegs die Ausschreitungen leisten, die noch vor dem Kriege möglich waren. Wir seufzen unter den Daweslasten, die in diesem Reparationsjahr erstmalig die volle Höhe von 2½ Milliarden erreichen. Wie aber können wir von unsern Vertragsgegnern Milderung erwarten, wenn wir zur gleichen Zeit in einem Jahr für Alkohol 6 Milliarden Mark verausgaben?

      Und diese 6 Milliarden Mark sind nur die direkten Aufwendungen der Deutschen für Alkohol, dahinter steht eine sehr viel größere Summe, für Aufwendungen für Krankheiten, Elend, Verbrechen, die eine Folge des Alkoholgenusses sind.

      [58]Aber von solchen erschreckenden Zahlen wollen die Draußenstehenden nichts hören, man hört lieber auf die Geschichtchen des Braukapitals über Prohibition, amüsiert sich und ist streng gegen ein Alkoholverbot als gegen einen Eingriff in die persönliche Freiheit jedes Einzelnen.

      Nun weist Professor Delbrück mit Recht auf eine Tatsache hin, die manchem von uns entgangen ist, dass wir nämlich in Deutschland schon eigene Erfahrungen mit dem Alkoholverbot gemacht haben, dass es hier schon Stätten gibt, in denen das Verbot seit einer Reihe von Jahren strikte durchgeführt ist, das sind die deutschen Irrenanstalten.

      Und Delbrück meint, dass wir aus nichts besser als aus diesen Versuchen lernen können. Ich habe Ihnen vorhin von dem Fragebogen gesprochen, den er an die einzelnen deutschen Irrenanstalten betr. Abstinenz versandt hat. Sie sahen schon aus den Hauptfragen betr. Alkoholabgabe an Ärzte und Pflegepersonal, wie außerordentlich schwierig dieses ganze Problem ist. Sicher ist es für den Leiter einer solchen Anstalt leicht, mit einem Federstrich dem gesamten Personal, wie selbstverständlich auch den Kranken, den Alkoholgenuss zu verbieten. Aber Verbote werden übertreten und die wachsamste Kontrolle kann nicht davor schützen, dass Alkohol eingeschleppt wird.

      Professor Delbrück ist aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen zu der Ansicht gelangt, dass man von Verboten nichts zu erwarten hat, was allein helfen kann, ist Belehrung und freiwilliger Verzicht. Von ihnen erwartet er sich alles. Er hat grade auch bei dem Pflegepersonal mit dem freiwilligen Verzicht die besten Erfahrungen gemacht.

      Freiwilliger Verzicht – das ist stets auch unsre stärkste [59]Guttemplerwaffe gewesen. Im Kampf, den das Alkoholkapital um die Prohibition aus verlogenen, eigensüchtigen Motiven entfesselt hat, ist unsre Gegenwaffe die Belehrung. Und da uns, von ganz wenigen, nicht ins Gewicht fallenden Ausnahmen abgesehen, die Tagespresse verschlossen ist, so bleibt für uns als stärkstes Kampfmittel ein aufrechtes Beispiel und Aufklärung im eigenen Kreise. Nichts wirkt stärker. Gezwungen Abstinente, Abstinente aus einem Verbot heraus, sind wertlos, sie werden jede Gelegenheit, in den Sumpf zurückzukehren, eifrig nutzen. Aber jeder, der freiwillig verzichtet, dem es ernst um unsere Sache ist, wird ein Glied in unserer Reihe, die endlich über die vergifteten Waffen unsers Feindes triumphieren wird.

      Professor Delbrück sagte sehr richtig zum Schlusse seiner Ausführungen, dass, je größer die Schwierigkeiten des einzelnen bei der Durchführung seiner Abstinenz sind, um so größer aber auch die Wirkungen dieser Abstinenz werden.

      Wenn ich das bisher Berichtete in wenigen Worten zusammenfassen darf, so stellt sich die augenblickliche Situation so dar: Ein ständig steigender Alkoholverbrauch findet infolge der rührigen Propaganda des Braukapitals keinerlei Bedenken im Deutschen Volke. Der Guttemplerorden ist von der Öffentlichkeit auf ein Teilgebiet seiner Bestrebungen, die Trinkerrettung, zurückgedrängt, seine Kampfkraft und seine Werbefähigkeit ist gesunken.

      Es ist notwendig, dass er in Zukunft in erster Linie der Verhütung von Alkoholschäden seine ernste Aufmerksamkeit schenken muss, damit vor allem auch der Jugendbewegung. Er darf aber keinesfalls den ihm vom Alkoholkapital [60]angebotenen verlogenen Kampf um die Prohibition annehmen, denn für dieses Verbot ist das deutsche Volk noch nicht reif.

      Seine Waffen müssen Belehrung und freiwilliger Verzicht sein. Den Weg, den diese Sätze dem Orden weisen, kann und muss jedes Ordensmitglied gehen, es begnüge sich in Zukunft nicht damit, Trinker und Gefährdete dem Orden zur Rettung zuzuführen, sondern jeder wirke im eigenen Kreise, dass alle Lauen und Gleichgiltigen СКАЧАТЬ