Kontrolle. Frank Westermann
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Название: Kontrolle

Автор: Frank Westermann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Andere Welten

isbn: 9783862871803

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СКАЧАТЬ Leute hatte ich hier sonst erwartet? Ich hielt also den Mund und versuchte mich etwas zu entspannen. Doch die ganze Hektik hier ließ auch das nicht zu. Yate und Cab beschäftigten sich wieder mit sich selbst, ihren Motorrädern, Glücksscheinen, Tri-Di-Filmen und Doog-Stangen.

      Dann hielt mir jemand von hinten die Augen zu.

      »Lucky?«, riet ich vorsichtig.

      Er lachte leise, zog mich hoch und nahm mich in die Arme. Und plötzlich fiel das alles von mir ab, die Unsicherheit, die Angst, die Traurigkeit und die Müdigkeit. Ich konnte mich nur noch freuen, brachte sogar ein Lachen zustande. Ich hielt ihn krampfhaft fest und versank beinahe in seiner Umarmung. Dann drängte sich jemand anders an uns. Flie, die große, warme Flie!

      »Schön, dass du wieder da bist«, sagte sie leise und küsste mich auf die Nase.

      »Ich freu mich auch. Aber dass ihr hier seid …«

      »Reiner Zufall«, grinste Lucky. »Wir wollten nur ein paar Knollen X abstauben. War aber nix.«

      »Kommst du mit zu uns?«, fragte Flie spontan.

      »Sofort.«

      Ich spülte den Rest vom Bier hinunter und folgte den beiden.

      Zurück ließ ich versoffene, langweilige, angepasste Typen wie Yate und Cab, aber auch Stucker, der still in einer Ecke saß, sodass ich ihn erst gar nicht bemerkt hatte und mich mit traurigen Augen musterte. Ich konnte es nicht ändern. Ein Gespräch mit ihm lag im Moment für mich nicht an.

      An der Tür schloss sich uns noch eine Frau an, die auch nur mal reingeschaut hatte. Ich kannte sie nicht. Sie schien aber eine Freundin von Lucky und Flie zu sein.

      Es war ziemlich spät geworden oder auch nicht - wie man's nimmt. Trotzdem war es dank der überwältigenden Beleuchtung auf den Straßen taghell. Wir versuchten, so gut es ging, dem Trubel auszuweichen und nahmen dafür auch einige Umwege in Kauf.

      Flie und die andere Frau unterhielten sich lebhaft. während Lucky und ich schweigend nebeneinander hergingen.

      Ich wunderte mich, dass er so ruhig war, denn gewöhnlich alberte er meist etwas herum oder versuchte ein Gespräch anzufangen. Schließlich fragte ich ihn, was los sei.

      »Nicht einfach«, sagte er nachdenklich und kniff die Augen zusammen.»Ich fühle mich nur in letzter Zeit so komisch. Aber ich weiß nicht, woran das liegt. Ich bin unruhig und nervös und finde keinen Grund dafür.«

      Er hörte wieder auf zu sprechen, und ich wusste auch nicht, was ich dazu sagen sollte. Ich hatte in den vergangenen Wochen viel zu wenig Kontakt zu ihm gehabt, sodass ich auch keine Vermutungen anstellen konnte, warum er unruhig war. Und dann erzählte er auf einmal was ganz anderes.

      »Neulich bei der Arbeit«, fing er an - er arbeitete jetzt schon fast ein Jahr in der größten Bibliothek der Stadt, der Job war vielleicht ne Ecke besser wie so mancher andere - »du weißt ja, was ich mache, und dass ich mich nie so für die Bücher, die da rumstehen, interessiert habe. Ich bin eben der Meinung, dass das ganze Gewäsch niemandem helfen kann. Heutzutage werden kaum noch Bücher geschrieben außer Krimis, Heldengeschichten, Pornos und Love Stories. Ich habe früher einiges von dem alten Zeug konsumiert, aber ich finde, es ist einfach für heute nicht mehr interessant oder nicht anwendbar.«

      Er war wieder ne Weile ruhig und ich drängte ihn nicht, weiterzumachen. Ich fand alles nur ziemlich unzusammenhängend und verstand noch nicht, worauf er hinauswollte, oder ob er überhaupt auf etwas hinauswollte. Aber irgendwas musste ihn ganz schön aufgerüttelt haben. Er wirkte direkt etwas hilflos auf mich.

      »Also, pass auf!« Plötzlich sprudelte er los. »Neulich kam ein Typ bei uns rein, so kurz vor Mittag. Er ging sofort auf mich zu, obwohl Louis viel näher bei ihm stand. Er fragte mich etwas unbeholfen nach einem ganz bestimmten Buch. Also ehrlich, ich hatte weder Titel noch Verfasser jemals vorher gehört. Ich ging also rüber zum Computer und fragte in der Zentralkartei nach, aber das war auch negativ. Ich sagte dem Typ also Bescheid und fragte mich im Stillen, woher er den Titel hatte oder ob das vielleicht ein Index-Buch war. Da griff der plötzlich ins Regal und holte ein Buch raus. Er zeigte es mir, und es war genau das Buch, das er haben wollte.«

      «Was?«, machte ich ungläubig. »Das gibt es doch gar nicht.»

      «Tja, das dachte ich auch. Aber er hielt es mir hin und machte mich an, dass ich es nicht rausgesucht hätte. Ich erklärte ihm, dass das Buch nicht in der Kartei war, und fragte ihn, wie er es gefunden hätte. Er grinste mich ein bisschen blöd an, und weißt du, was er dann machte? Er hielt mir das Buch hin und sagte, ich sollte es mir mal gut durchlesen. Dann haute er wieder ab.«

      »Ist der bekloppt?« Ich konnte das nicht begreifen. »Erst gibt er sich so viel Mühe, an das Buch ranzukommen und dann gibt er es dir.«

      »Was meinst du, was ich dachte. Ich stand echt da wie ein Hampelmann.«

      »Merkwürdig. Muss ich schon sagen. Hast du das Buch denn eigentlich gelesen?«

      Jetzt wurde er ganz unsicher. »Ja, ich bin gestern damit fertig geworden. Aber ich bin nicht ganz durchgestiegen. Ich will es noch mal lesen.«

      »Muss ja interessant sein, wenn du schon was liest und dann gleich doppelt.«

      »Weißt du, es ist einfach ne Beschreibung. Ne Beschreibung, wie es auf der Welt heute aussieht und was aus ihr mal wird.«

      »Das gibt es ja gar nicht«, wiederholte ich mich. »Bestimmt ein verbotenes Index-Buch.«

      »Okay. Ich kann es dir ja zeigen, wenn wir oben sind.«

      Wir waren nämlich inzwischen bei dem alten, grauen Wohnblock angekommen, in dem Flie, Lucky und noch fünf andere Leute zusammen wohnten. In den zwei anderen Wohnungen lebten ebenfalls Wohngemeinschaften.

      Flie stieß die Tür auf. Es war stockduster. Wir stolperten im Eingangsbereich über ein Chaos von Abfall und Müll.

      »Da hat schon wieder jemand den Müll umgekippt«, schimpfte Flie. »Der wird auch schon seit Wochen nicht mehr abgeholt.«

      Der Block war nicht an das automatische Versorgungs- und Verwertungsnetz der Stadt angeschlossen. Normalerweise wurde der Müll regelmäßig abgefahren.

      Auch das Licht funktionierte nicht, und wir tasteten uns im Dunkel die steinerne Treppe rauf.

      »Ich glaube, die wollen uns hier vergraulen«, knurrte Flie.

      »Ach was, die wollen nur testen, was wir aushalten können«, widersprach Lucky. »Sie haben uns hier besser unter Kontrolle als auf der Straße. Aber was anderes - wir könnten mal versuchen, jemand mit Wagen aufzutreiben, der uns den Dreck wegfährt.«

      »Kennst du etwa jemand, der sich nen Wagen leisten kann?«, fragte Flie ironisch.

      Sie öffnete die Wohnungstür und wir betraten einen kleinen Flur. Links lagen Bad und automatische Küche, rechts ging es zu den Zimmern. Alles war eng und niedrig. Ab und zu tropfte das Wasser von den Wänden, und es quietschte und knarrte bei jedem Schritt. Es hatte auch keinen Zweck, hier noch großartig was zu renovieren. Hier war wirklich alles zu spät und die Leute hatten gerade genug Bucks, um die notwendigsten Reparaturen durchführen zu können.

      Wir СКАЧАТЬ