Название: The Family (Deutsche Edition)
Автор: Ed Sanders
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783862871469
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Der Bewährungshelfer war von diesem Abenteuer alles andere als begeistert. Auf der Stelle schrieb er an die Behörden in Oregon mit dem Ersuchen, Miss Atkins dem Gericht zu einer Verhandlung über den Widerruf der Bewährung vorzuführen. Doch Sadie/Susan saß bereits im Bus, der die 101 hinuntersauste.
Aus Kreditkartendaten lässt sich entnehmen, dass Manson am 10. November die Universal Studios in North Hollywood anrief. Offenbar wollte er einen Termin für Tonaufnahmen vereinbaren, um die »Operation Superstar« anlaufen zu lassen.
In den Universal Studios in Los Angeles war ein gewisser Gary Stromberg tätig, ein enger Freund von Mansons Gefängnisgefährten Phil Kaufman. Charlie setzte sich über Kaufman mit Stromberg in Verbindung und die beiden einigten sich darauf, dass er für Universal Records eine oder mehrere Aufnahmen machen sollte, wobei Universal offenbar die Kosten übernehmen wollte.
Der Bus fuhr nun die Küste hinunter, einer ruhmreichen Verabredung entgegen. Sie machten Station in San Jose, wo sie Reverend Dean Morehouse und seine Frau besuchten und deren vierzehnjähriger Tochter Ruth Ann erzählten, wo sie die Gruppe finden könnte. Ruth Ann kam auf der Stelle mit und begleitete sie auf einer Reise, die drei Jahre dauern sollte. Drei Tage nachdem Manson mit der eigenwilligen Ruth Ann auf und davon war, stöberte ihn Morehouse, begleitet von dem Mann, der Charlie damals den VW-Kleinbus gegeben hatte, in der Nähe von Los Angeles auf und wollte ihm einen Tritt in den Hintern geben.
»Ich mach' mit ihr nur das, was du gern mit ihr machen würdest«, soll Manson zu dem wutentbrannten Vater gesagt haben. Charlie verpasste Morehouse auch etwas LSD. Seine Frau, die sich später scheiden ließ, war verblüfft über die Wirkung, die Manson im Verlauf dieser Reise auf ihren Mann ausgeübt hatte: Ruth blieb bei Charlie, während Dean als veränderter Mensch nach San Jose zurückkehrte. Wutschnaubend war er ausgezogen, und halb bekehrt zum »Way of the Bus« kam er zurück.
Am 12. November 1967 wurde Manson 33 Jahre alt.
Seit seinem LSD-Trip auf dem Grateful Dead-Konzert hielt sich Manson für Jesus und begann geschickt, einen der größten Sektenschwindel überhaupt zu inszenieren, den »Ich-bin-Jesus«-Schwindel. Im Jahre 1967 musste man dabei vorsichtig vorgehen. Da er ohnehin abergläubische und spiritistisch-veranlagte Typen anzog, bestand eine seiner Methoden darin, sich in das Zentrum angeblicher »Wunder« zu stellen, die man unter Einfluss von Halluzinationen erlebte. Ein solches Ereignis hat sich anscheinend auf der ersten Fahrt mit dem schwarzen Bus nach L.A. abgespielt. Man könnte es die »Parabel vom strahlgerösteten Biker« nennen:
Im Bus befand sich der harte Kern der Family, darunter auch die eben erst angeworbene Susan Atkins sowie ein von Manson als Biker bezeichneter Mitfahrer. Manson erhob sich und befahl dem Biker, sich hinzulegen und zu sterben. Er brüllte mit erschreckender Lautstärke. Die umnebelten Gemüter nahmen wahr, dass der Biker anfing, zu würgen und zu stammeln, Manson kreischte weiter und, so will es die Legende, der Biker schrumpfte, das »Fleisch fiel ihm von den Knochen«, und grüner Rauch stieg auf.« – »Wow,« dachte Manson, bis ihm plötzlich das Gefängnis in den Sinn kam und er beschloss, besser aufzuhören. Er nahm die Beeinflussung zurück, kehrte sie in ihr Gegenteil, sprach eine Zauberformel und gab dem strahlgerösteten Biker Muskeln, Fleisch und Leben zurück. Diese Legende bekam man wieder und wieder zu hören.
Die Family hielt sich für ein paar Tage in Santa Barbara auf, dann fuhren sie für eine Aufnahme zu den Universal Studios in North Hollywood. Manson ließ lediglich eine Drei-Stunden-Session für Universal Records aufnehmen und brauste dann ab in die Mojave-Wüste, obgleich Stromberg mit diesem barfüßigen kleinen Prediger gerne weitere Aufnahmen gemacht hätte. Später sollte Charlie einer Gruppe von Drehbuchautoren dabei helfen, ein Filmskript für die Universal Studios vorzubereiten. Der zitatenbesessene Bibelfanatiker und wandernde Christus-Verkörperer wurde als »technischer Berater« angeheuert, um sich von den Autoren Ideen aus der Nase ziehen zu lassen. Das Skript sollte eine Was-wäre-wenn-Story werden: Was wäre, wenn Christus als Schwarzer in den Südstaaten wiederkehrte? Den weißen Südstaatlern war dabei natürlich Rolle der geifertriefenden Römer zugedacht. Für Manson, der wie tausend andere Acidheads selbst ein Jesus war, kam dies Konzept nicht in Frage, und damit war seine Rolle als Berater beendet.
Universal hat diesen »Jesus-als-Neger«-Film dann nie gemacht, weil die Studiobosse der Idee nichts abgewinnen konnten. Aber die Arbeit an diesem Jesus-Projekt mag in Manson einen starken Eindruck hinterlassen haben. In der Tat stoßen wir in seinen späteren »Vorlesungen« auf diese Idee von einer Wiederkunft Christi – den Geldschein-schwenkenden Christen von heute fiel dabei die Rolle der übersättigten Römer zu, die bald auf dem Müllberg der Geschichte landen würden.
Unterwerfung war stets ein Schlüsselelement in Mansons Meuchelhorde. Einmal, während der Sitzungen zur Ideensuche für besagten Film, zogen Charlie und die zwanzigjährige Squeaky alias Lynette Fromme – die mit dem schönen Popo – die Show einer wechselseitigen Fußlutsche ab: Beide knieten sich hin, und jeder küsste die Füße des anderen.
In den Jahren 1967 und 1968 waren Fußküssen, gegenseitige Unterwerfung und Liebe sehr en vogue bei der Manson-Brigade. Aber erst 1969 fing Charlie an, die Füße von Leuten zu küssen, nachdem er sie erschossen hatte.
Manson hat einige extravagante Behauptungen über seine Zeit bei den Universal Studios aufgestellt. So meinte er zum Beispiel, es mit mehreren Stars getrieben zu haben. »Ich könnte ein paar Erlebnisse mit Leuten aus Hollywood zu Protokoll geben«, schrieb er in seiner Autobiografie, »gegen die meine sonstigen Sexpraktiken rein und unschuldig wirken.«
Zu der Zeit, als Manson für die Universal Studios besagte »Satans«-Demoaufnahmen gemacht hatte, legte Roman Polanski letzte Hand an den Film Rosemary's Baby. Polanski lebte in Santa Monica an der Küste bei Los Angeles. Bald darauf sollte er zur Weltpremiere seines satanoiden Epos nach London zurückkehren und Sharon Tate heiraten.
Die Mitglieder der Family blieben ungefähr eine Woche in der Gegend von Los Angeles, dann fuhren sie weiter. Sie machten einen Abstecher in die Mojave-Wüste und am 26. November 1967 kehrten sie nach Los Angeles zurück. Tags darauf waren sie in Santa Barbara, dann fuhren sie nach San Francisco und zurück quer durch den ganzen Staat, quer durch die Mojave-Wüste, dann nach Las Vegas, Nevada, wo sie Anfang Dezember vier Tage verbrachten. Sie zogen durch Arizona und New Mexico und am 6. Dezember 1967 trafen sie in El Paso, Texas ein. Sie fuhren wieder den gleichen Weg zurück nach New Mexico, blieben dort eine Woche, dann ging es hinunter in den tiefen Süden, nach Mississippi und Alabama. Patricia Krenwinkel besuchte am 14. Dezember in Mobile, Alabama ihre Mutter. Anschließend fuhr der schwarze Blumen-Bus zurück nach Los Angeles, wo er um den 19. Dezember herum ankam. Vier Tage lang hielten sie sich im Topanga-Canyon auf, dann ging's nach Arizona.
Fort, Dämon, fort!
3. Topanga-Canyon und das Wendeltreppenhaus
Der Topanga-Canyon windet und schlängelt sich vom Topanga-Beach am Pazifik bis zu einem hoch gelegenen Punkt hinauf, von dem aus man das San-Fernando-Valley überblickt. Es gibt dort einen Creek, der über Felsgeröll und zwischen lieblichen, mit Blockhütten bestandenen Ufern den Topanga-Canyon hinunter in den Pazifik fließt. Parallel zum Creek verläuft die Topanga-Straße, die vom Ozean bis zum höchsten Punkt des Canyons hinaufführt und dann hinunter ins San-Francisco-Valley und weiter in gerader Richtung ein paar Meilen nordwärts zur Santa-Susanna-Passstraße, der Heimat von Helter-Skelter.
In dem Canyon lebte einst Woody Guthrie, und seine Blockhütte steht heute noch. Trotz der Nähe des sich ständig ausbreitenden Los Angeles hat der Canyon noch immer etwas von seiner ländlichen Schönheit, und seine Bewohner gehören zu den klügsten Menschen, denen man begegnen kann.
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