Название: The Family (Deutsche Edition)
Автор: Ed Sanders
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783862871469
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6. Erster Besuch auf der Spahn-Ranch [Frühjahr 1968]
Um den 6. Mai 1968 herum fuhr der schwarze Bus zum ersten Mal zu der verkommenen, baufälligen Spahn-Ranch im kalifornischen Chatsworth. Die Family wollte sich dort mit einem Freund von Sandy Good, einem gewissen John, beraten, der das sogenannte Back House bewohnte, einen morschen Holzbau, der sich am Ende eines holprigen und schmutzigen Weges ungefähr eine halbe Meile unterhalb des Hauptgeländes befand, auf dem früher Western-Filme gedreht worden waren.
Einige Tage später kehrte Manson zurück und überredete Spahn, ihn mit ein paar Freunden einziehen zu lassen. Sie würden helfen, die fünfzig oder sechzig Pferde zu versorgen, die die Ranch an Tagesausflügler vermietete. Seine Mädchen könnten kochen und sich um den alten, fast blinden Mr. Spahn kümmern. George Spahn sagte, sie könnten im hinteren Teil der Ranch, in den sogenannten Outlaw-Hütten, wohnen. In dem schwarzen Bus, der kurz darauf zu den Hütten rollte, befanden sich etwa zwanzig Personen, hauptsächlich junge Mädchen sowie Pooh Bear, der Sohn von Manson und Mary Brunner. Auf Mansons Anweisung hin hatten sich die meisten in die Sitze geduckt, um nicht gesehen zu werden.
John hatte sich mit dem damals 81jährigen George Spahn darauf geeinigt, dass er, anstatt Miete zu zahlen, die verschiedenen Autos und Lastwagen der Spahn-Ranch in Ordnung halten sollte.
Sie blieben ungefähr vier Tage, und John half ihnen, den schwarzen Bus zu reparieren. Manson trug die Spendierhosen. Er schickte zwei Mädchen mit einer Kreditkarte los um einen Satz runderneuerter Reifen für einen alten Chrysler zu kaufen, der einem gewissen Richard Kaplan gehörte. Von ihm sollte Manson später das hintere Ranchhaus der Spahn-Ranch bekommen.
Um diese Zeit spielte Bob Beausoleil in einem Softporno-Western mit, der in der Nähe des Happy-Trail im Topanga-Canyon abgedreht wurde und später unter dem Titel The Ramrodder herauskam. Beausoleil hatte vorher in einem mittlerweile abgebrannten Restaurant gearbeitet, der Topanga Kitchen, die sich im Topanga-Einkaufszentrum befand. Die Produzenten von Ramrodder offerierten ihm für einen Dollar pro Stunde einen Job als Helfer für den Aufbau der Filmkulissen. Beausoleil nahm an und lebte von da an mit seiner Freundin Gail in einem Wigwam auf dem Filmgelände.
Während der Dreharbeiten lernte er ein Mädchen namens Cathy Share alias Gypsy alias Manon Minette alias und so weiter kennen, die auch in dem Film mitspielte. Beausoleil selbst spielte dann die – künftiges Unheil vorwegnehmende – Rolle eines Indianers, der einen weißen Mann zu Tode foltert, weil dieser sich an einer jungen Indianerin vergangen hat.
Gypsy, Gail und Bob wurden unzertrennlich und lebten gemeinsam in dem Wigwam auf dem Filmgelände. Es wurde eine Zwei-Mädchen-ein-Junge-Dreiecksbeziehung, die der Family als Vorbild für weiteres nächtliches Treiben dienen sollte. Beausoleil trat im Canyon als wilder Mann auf, einen mit einer Kappe bedeckten Falken auf der Schulter und mit einem großen schwarzen Hund. Wie Manson verbreitete auch er jene dualistischen »Liebe-Hass-Schwingungen«. Als er dabei erwischt wurde, die Frau des Produzenten zu begrapschen, musste er sich aus dem Staub machen. Er baute sein Wigwam ab, nahm Gypsy mit in seine Gruppe und zog wieder für ein paar Tage in Hinmans Haus.
Nach einiger Zeit tauchte er auf der Spahn-Ranch auf, wo er für ein paar Tage Arbeit bekam; dann fuhren Beausoleil und seine Anhängerinnen nordwärts in die Gegend von San Francisco, und zwar in einem alten, auffrisierten Dodge, den George Spahn ihnen überlassen hatte.
Mittlerweile hatte auch die Manson-Gruppe die Spahn-Ranch wieder verlassen, fuhr in dem schwarzen Bus zunächst nordwärts nach San Francisco und Mendocino-County und kehrte dann nach Los Angeles zurück. Einige Tage scheinen Manson und seine Leute im Topanga-Canyon verbracht und den Bus beim Wendeltreppenhaus abgestellt zu haben.
7. Bekanntschaft mit Dennis Wilson
Etwa um diese Zeit entdeckte die Family den ganz großen Rock 'n' Roll. Ein Teil der Gruppe zog in ein luxuriöses Anwesen am Sunset-Boulevard, das dem Beach Boy Dennis Wilson gehörte. Die zu jener Zeit ungeheuer erfolgreiche Gesangsgruppe hatte weltweit bereits zehn Millionen Platten verkauft. Ihr wunderschöner Song »Good Vibrations« von 1967 hatte die Stimmung jener Zeit mitgeprägt.
Wilson, Schlagzeuger und Sänger der Beach Boys, lebte auf einem 12.000 Quadratmeter großen Anwesen unter der Anschrift 14400 Sunset-Boulevard. Der Swimmingpool inmitten der gepflegten Grünanlagen soll die Umrisse des Staates Kalifornien gehabt haben. Das holzgetäfelte Haus diente einst Will Rogers als Jagdhütte.
Wilson hatte zwei Manson-Jüngerinnen beim Trampen aufgelesen: Patricia Krenwinkel und Yeller alias Ella Bailey, jene Garbo-Schönheit, die im vergangenen Herbst zusammen mit Susan Atkins im schwarzen Bus San Francisco verlassen hatte. Für ein paar Stunden nahm er die beiden Mädchen mit in sein Haus und als er gegen drei Uhr morgens von einer Aufnahmesession heimkam, stellte er fest, dass draußen der schwarze Bus der Holywood Productions parkte. Drinnen, in seinem Wohnzimmer, fand er Manson und etwa zwanzig halbwüchsige, einander liebkosende Mädchen vor. Es entwickelte sich eine Freundschaft, und Mansons Gruppe schnorrte sich über viele Monate auf Wilsons Kosten durch und machte ihn um etwa 100.000 Dollar ärmer.
Am Sunset-Boulevard knüpfte Manson Kontakte in der ruhelosen Welt erfolgreicher Rockmusiker und setzte seine Abenteuer in den eng verzahnten Kreisen heranwachsender Söhne und Töchter von Prominenten der Film- und Musikindustrie fort. Für Soziopathen war es das Paradies. Wie eine Wünschelrute steuerte der kleine Hypnose-Besessene zwei amerikanische Symbole an:
A) die Beach Boys – Amerikas perfekte Vokalgruppe mit ihren klaren, hervorragenden, hohen Harmonien und ihren ungeheuer populären Liedern über Wellenreiten, frisierte Autos, positive Vibrationen und Spaß – und
B) Terry Melcher – Sohn der ausgezeichneten Sängerin (»Que Sera Sera«) und begnadeten Schauspielerin Doris Day, die in der Öffentlichkeit das Bild der koketten Jungfrau verkörperte.
Terry Melcher wurde am 8. Februar 1942 als Terry Jordan geboren. Doris Day sang zu jener Zeit mit Les Brown und seiner Band Renown und war mit dem Musiker Al Jordan verheiratet. Nachdem sich Terrys Eltern hatten scheiden lassen, wurde Terry von seiner Großmutter mütterlicherseits in Cincinnati großgezogen.
Doris Days dritter Mann, Marty Melcher, adoptierte den Jungen. Terry besuchte die Beverly Hills School und ging dann für ein Jahr auf die Preparatory School in Clayton, Missouri. Er versuchte sich selbst als Sänger, doch gab er nach kurzer Zeit auf und wurde stattdessen Produzent für Columbia Records. Melcher produzierte die ersten zwei Alben der Byrds, auf denen sich klassische Songs der Sechziger wie Pete Seegers »Turn, Turn, Turn« und eine ausgezeichnete, klar fließende Version von Bob Dylans »Tambourine Man« finden. Später machte Melcher Aufnahmen mit dem hochgejubelten Paul Revere und den Raiders, einer Gruppe aus Washington, die gegen Ende des Jahrzents recht erfolgreich war.
Im Jahre 1966 mietete er ein abgelegenes Haus in Los Angeles, 10050 Cielo Drive, wo er mit der Schauspielerin Candice Bergen lebte, als er im Sommer 1968 Manson in Dennis Wilsons Haus kennenlernte. Melchers Stiefvater Martin war im April 1968 gestorben, und Terry war als Miterbe des Vermögens eingesetzt worden; er befand sich plötzlich im Besitz von Hotels, Erdölfirmen und Grundstücken, die auf dem Papier zwar eine Menge wert waren, sich geschäftlich aber in einem chaotischen Zustand befanden. Hinzu kamen die Einnahmen aus den damals anlaufenden Comedy-Serien seiner Mutter für CBS sowie aus mehreren Musikverlagen und TV-Unternehmungen. Während also Melcher monatelang den größten Teil seiner Zeit damit zubrachte, Ordnung in die geschäftlichen Angelegenheiten seines Stiefvaters zu bringen, bemühte sich zugleich Manson hartnäckig um seine Unterstützung bei dem Versuch, ein Star zu werden.
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