Название: Muster für morgen
Автор: Frank Westermann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Andere Welten
isbn: 9783862871834
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So lag es nur nahe, dass er sich irgendwann der Bewegung anschloss und begann, in ihrem Sinne tätig zu sein.
Seine Nachlässigkeit auf der Arbeit nahm zu, er vertrat offensiv seine Meinung und versuchte sich in Programm-Sabotage. Irgendwann stellte die Unternehmensleitung Vermutungen in dieser Richtung an, und als es ihr zu viel wurde, feuerten sie ihn.
Nun saß er auf der Straße und das mit 42 Jahren ohne Aussicht auf einen neuen Job, ohne Anspruch auf irgendwelche Versorgungsleistungen. Sie hatten ihm zwar direkt nichts nachweisen können, sonst wäre es auch noch schlimmer für ihn ausgegangen, aber offizielle Gründe, um Leute ohne weitere Ansprüche rausschmeißen zu können, gab es immer. Und es gab genug Menschen, die noch scharf auf so eine Arbeit waren. Seine Daten wurden automatisch nach diesem Vorfall in die zentralen Rechneranlagen der Unternehmensverbände weitergeleitet, so dass er auch in keinem anderen Betrieb unterkommen würde.
Die seit einigen Monaten staatlich anerkannten Gewerkschaften zuckten in seinem Fall mit den Schultern. Schließlich war er kein zahlendes Mitglied, und selbst wenn er es gewesen wäre, hätte sich ihre Hilfe in staatlichen Grenzen gehalten. Und die endeten schon weit vor mutmaßlichen Saboteuren.
Nach seiner Entlassung war er ziemlich orientierungslos durch die Gegend gelaufen, er kannte eben immer noch wenig Leute außerhalb der Arbeit. Er zehrte dabei von dem Geld, das er gespart und durch den Verkauf seiner Wohnung und einem Großteil seiner Möbel bekommen hatte.
Er wohnte mal hier mal da, bis er sich entschloss, fest in einer der Gruppen der Bewegung mitzumachen. Von da aus kam er dann zu einem Zimmer in einem der besetzten Häuser im miesesten Industrieviertel von Neu-Ing. So lernte er zum ersten Mal Menschen kennen, deren Freundschaft untereinander nicht auf Geld, Macht und Abhängigkeiten beruhte, sondern auf gegenseitiger, freiwilliger Unterstützung. Sie waren durch Vorstellungen, Ideen, politische Ziele und alltäglicher Praxis miteinander verbunden.
Sein restliches Geld wurde hier gut gebraucht, und statt im Konsumrausch die tägliche Langeweile zu überdecken, lernte er hier notwendige Überlebenstechniken: Schwarzarbeit, Lebensmittel stehlen und Papiere fälschen, gehörten schon bald zur Routine.
Seine Fähigkeiten als Ingenieur, die er in seinem Beruf nie gebraucht hatte, konnte er hier praktisch anwenden: bei Instandsetzungsarbeiten, Computerausnutzung oder im Austausch gegen etwas Gemüse von einer Gruppe Ökos, die in der Nähe in verbissener Arbeit versuchten, auf dem misshandelten Boden in Gewächshäusern etwas anzubauen.
Obwohl er ahnte, dass es in nicht allzu ferner Zeit zu harten Entscheidungskämpfen mit der Staatsgewalt, die die herrschende Ökonomie schützte, kommen würde, fühlte er sich hier wohler und zufriedener als in seinem ganzen hohlen Leben zuvor. Es gab zwar jede Menge Auseinandersetzungen, Depressionsphasen und Ängste, aber jetzt wusste er wenigstens, wofür er lebte.
Omar Tagusch sah nach draußen: ein trüber regnerischer Tag, der Smog lag tief und vermischte sich mit den grauschwarzen Wolken. Es sah fast immer so aus und war gerade richtig für das, was sie heute vorhatten. Sie sollten einen Haufen Ersatzteile hinter dem Gelände einer Elektronikfirma in Empfang nehmen, und das ging bei diesem nebligen Wetter weitaus besser als bei strahlendem Sonnenschein.
On my supersonic rocket ship
Nobody has to be hip
Nobody needs to be out of sight.
Nobody’s gonna travel second class
There’ll be equality
And no suppression of minority, well alright.
We’ll take this planet, shake it ‘round
And turn it upside down.
The Kinks - »Supersonic Rocket Ship«
2.
DIE ERDE
Mein mulmiges Gefühl verstärkte sich, je näher wir der Erde kamen. Sonnenfeuer hatte sich mit Kopfschmerzen zurückgezogen, Kortanor und Sucherin saßen abwartend neben mir. Lucky ging unruhig hinter uns auf und ab.
Ich hatte die Steuerung der CHANGE an Kortanor abgegeben, weil ich mich mit dem Flug innerhalb eines Sonnensystems nicht auskannte. Seine Nackenhaare hatten sich aufgerichtet, ein Zeichen für Anspannung bei dem Tromaden.
Die Überraschungen ließen auch nicht lange auf sich warten. Ich wäre auch fast etwas erstaunt gewesen, wenn sie sich nicht eingestellt hätten.
Es begann damit, dass Lucky auf einen kleinen Bildschirm zeigte, vor dem er gerade stand.
»Merkwürdig«, wandte er sich an uns, »ich empfange hier eine Ortungsanzeige.«
»Was soll das denn sein?« fragte ich zurück. »Wahrscheinlich doch ein Asteroid oder so etwas.«
»Ach, Quatsch! Das wäre ja nichts Besonderes. Nein, es handelt sich ganz eindeutig um ein Raumfahrzeug, wenn ich auch kaum Anzeichen von Antriebsenergie empfange.«
»Ich denke, eure Staaten verfügen nicht über Raumschiffe«, warf Kortanor ein.
»Das habe ich auch gedacht«, gab ich zurück. »Aber neun Jahre können eine Menge ändern.«
»Aber so schnell lassen sich doch keine interplanetaren Raumschiffe erfinden und bauen«, bezweifelte Lucky. »Ich habe den Kurs zurückverfolgt. Das Schiff kommt eindeutig vom Mars!«
»Wahrscheinlich haben sie uns ebenfalls schon auf den Sichtschirmen«, bemerkte Sucherin.
»Scheiße! Das wirft unsere ganzen Pläne über den Haufen.« Ich schlug mit der Faust auf das Pult. »Schließlich wollten wir heimlich landen.«
Wir näherten uns weiter der Flugbahn des anderen Raumschiffes. Jetzt war es unmöglich, noch Versteck zu spielen. Ich dachte kurz an ein außerirdisches Schiff, aber das war doch etwas unwahrscheinlich.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Kortanor, »aber damit habe ich nicht gerechnet.«
Natürlich war es nicht seine Schuld. Er hatte falsche Informationen von uns bekommen.
Kurz darauf trafen die ersten Funksignale ein.
»Sollen wir uns melden?« fragte Lucky.
»Es hat wohl keinen Zweck, noch etwas zu verheimlichen«, meinte Sucherin und sah mich an.
»Na gut.«
Ich erhielt auch Luckys und Kortanors Zustimmung und aktivierte das Bildfunkgerät. Auf dem Schirm zeigte sich das verwaschene Konterfei eines stoppelbärtigen älteren Typs.
«... melden Sie sich. Geben Sie Flugziel und Besatzung an. Die Regierung ist bereits informiert. Sie haben keine Chance, hier unbemerkt durchzukommen!«
»Schon СКАЧАТЬ