Muster für morgen. Frank Westermann
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Название: Muster für morgen

Автор: Frank Westermann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Andere Welten

isbn: 9783862871834

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СКАЧАТЬ ihn allerdings mehr an einen fremden Planeten.

      »Nein, mit Soldaten haben wir bestimmt nichts zu tun«, knüpfte er an das Gespräch von eben an. »Gibt es hier welche?«

      Der Unförmige lachte kreischend. »Nicht gerade in der näheren Umgebung. Aber sie wollen schon gern ...«

      Er kam noch einen Schritt vorwärts.

      »Hm, ich weiß immer noch nicht, wie ich euch einschätzen soll. Die Pflanzen scheinen nichts gegen euch zu haben. Also gut«, rang er sich zu einem Entschluss durch, »ich bring euch jetzt runter, aber lasst euch nicht einfallen wegzulaufen. Ihr würdet nicht weit kommen, denn wir sind überall.«

      Nach dieser mysteriösen Bemerkung lachte er erneut. Ein Mutant, dachte Lucky immer noch ängstlich. Dies musste eine durch Strahlung veränderte Mutation sein.

      Und ehe er sich’s versah, hatte das Wesen ihn trotz seiner verkümmerten Gliedmaßen gepackt und hangelte sich geschickt an den Schlingpflanzen hinunter, dem Boden entgegen. Wieder sah es so aus, als würden die verschiedenen Gewächse ihm dabei zu Hilfe kommen, aber dann schloss Lucky mal wieder die Augen, als sein Magen zum wiederholten Mal zu rebellieren begann.

      Der Stress wird mir noch ein Magengeschwür einbringen, dachte er, dann fand er sich zitternd auf einer Lichtung wieder. Das Bild, das sich ihm hier bot, war wahrhaft fantastisch.

      Ich glaube, ich träume, dachte er und lehnte sich erschöpft an einen meterdicken Baumstamm. Auf der Lichtung liefen noch einige der monströsen Gestalten im hohen Gras herum. Alle unterschieden sich voneinander, aber sie waren alle mehr oder weniger verformt und ähnelten nur noch entfernt Menschen. Aber das war nicht das Erstaunliche: zwischen diesen Menschen stapften ein paar Metallkonstruktionen umher, meterhohe Blechkisten, ebenfalls in den verschiedensten Formen und Ausmaßen.

      Das waren ja wirklich alte Roboter, schoss es Lucky durch den Kopf. Total veraltete Automaten. Kortanor hatte also richtig gesehen. Sie knirschten und knackten in den Gelenken, teilweise waren sie schon mit einer Schicht Rost überzogen – kein Wunder bei diesem Klima.

      »Habe ich es nicht gesagt«, flüsterte Kortanor, der ebenfalls heruntergebracht worden war, neben ihm. »Mutanten und Roboter.«

      Das Geschöpf hatte jetzt auch Sonnenfeuer lautlos aus dem Geäst geholt.

      »Nein, da ist noch mehr dran«, korrigierte Lucky den Tromaden. »Siehst du nicht die Pflanzen und Blüten, die aus allen Öffnungen und Ritzen der Roboter herausschauen. Sie spielen bei dem ganzen bestimmt eine wesentliche Rolle.«

      Von außerhalb wurde ihm nun auch die wahre Natur der Hütten offenbar, denn auch hier unten standen einige dieser Gebilde herum. Es handelte sich eindeutig nicht um von Menschen geschaffene Behausungen, sondern das waren ganz einfach bestimmte Gewächse, die – aus eigenem oder fremden Antrieb – diese Höhlen bildeten. Wahrscheinlich dienten sie hauptsächlich zum Schutz der Mutanten gegen die Unbilden der Natur.

      Lucky schüttelte voller Unglauben den Kopf. »Ich begreife das alles nicht. Moderne Technik und Natur vereint nebeneinander. Wie ist sowas möglich?«

      Ein Arm legte sich von hinten auf seine Schulter, und als er zusammenzuckte, erscholl erneut das Lachen des Mutanten.

      »Keine Angst, ich erkläre euch alles. Ich habe inzwischen mit den anderen gesprochen. Sie denken alle, dass ihr harmlos seid. Andernfalls hätte die Flora euch auch gar nicht so weit kommen lassen. Und die hat sich noch selten geirrt. Leider sprechen nicht mehr viele von uns eure Sprache, aber ein paar werden gleich eintreffen und dann können wir uns in Ruhe zusammensetzen.«

      Er wandte sich an einen kastenförmigen Arbeitsroboter, der in der Nähe durch das Gras walzte.

      »Hey, Robby, sei so gut und bring uns was zu trinken. Endlich sind mal vernünftige Leute hier. Wir haben was zu feiern!«

      Der Roboter summte und entfernte sich.

      »Ein paar der Maschinen funktionieren noch nach ihrer ursprünglichen Programmierung«, erläuterte ihr Gastgeber. »Aber ihre hauptsächliche Aufgabe besteht darin, ein Bindeglied zu den Pflanzen herzustellen.«

      Lucky wunderte sich immer mehr. Wie sollten sich Roboter mit Pflanzen verständigen? In der Tat: eine erstaunliche Gesellschaft. Sie setzten sich auf einen Platz, der relativ frei von Pflanzenbewuchs war. Vier weitere Mutanten kamen hinzu. Robby rollte heran und brachte auf einem Tablett(!) mehrere Becher mit einem sonderbaren, aber zweifelsohne alkoholischen Getränk.

      »Kipp dir auch einen hinter die Binde«, zog einer der Mutanten ihn auf. Als der Roboter empört anfing, hektisch zu summen, lachten alle aus voller Kehle.

      Sonnenfeuer fiel in das Lachen ein, während Lucky und Kortanor immer noch etwas mulmig zumute war. Sonnenfeuer schien sich schneller an diese exotische Gesellschaft zu gewöhnen. Plötzlich hob sie beide Hände, konzentrierte sich einen Moment und dann lag eine Anzahl Brotscheiben und etwas, das wie Gebäck aussah, in ihrer Mitte.

      »Es hat geklappt!« rief sie freudestrahlend aus. »Jetzt ist mir wohler. Diese Umgebung ist viel besser. Es steht alles mehr miteinander in Einklang.«

      Die Mutanten klatschten begeistert in die Hände. Sonnenfeuers Zauberei schien sie zwar zu überraschen, aber nicht zu erschrecken. Lucky sah der Zauberin direkt die Erleichterung an. Vielleicht fand sie hier ihr Gleichgewicht wieder.

      »Ich will euch nicht länger hinhalten«, begann ihr Gastgeber seine Erzählung. »Soweit es überliefert ist, begann unsere Symbiose-Gesellschaft nach dem Großen Krieg. Dieses war lange Zeit ein Gebiet schwacher, aber trotzdem gefährlicher radioaktiver Strahlung. Es befindet sich ungefähr auf Höhe des ehemaligen Staates Indien – falls ihr mit diesem Begriff überhaupt etwas anfangen könnt. Wie überall haben auch hier nicht viele die Wasserstoff- und Neutronenbombenabwürfe überlebt. Die meisten Bewohner des Landes starben, einige schnell, andere siechten noch Jahre dahin. Diejenigen, die übrig blieben, begannen sich zu verändern. Aber auch von den Veränderten starben die meisten früher oder später. Ein paar überlebten. Sie sahen aus wie wir. Mutationen, verformt und nahezu lebensuntüchtig. Die wenigen, deren Verstand noch einigermaßen in Ordnung war, lebten lange Zeit dumpf vor sich hin, ohne Hoffnung zum Besseren. Sie waren vollauf damit beschäftigt, sich die täglichen Lebensmittel zu beschaffen und sich gegen die ebenfalls mutierte Natur zu behaupten, die unaufhaltsam vordrang. Die Städte waren ohnehin zerstört oder zu Grabstätten geworden und die Natur wucherte über die Ruinen hinweg. Kein Stein blieb dabei auf dem anderen. Es war, als wollte sich die Umwelt für alles rächen, was die Menschen ihr jemals angetan hatten. Unsere Vorfahren hätten keine Chance gegen diese Gewalten gehabt und wären sicher endgültig ausgerottet worden, wenn nicht eine weitere Kraft eingegriffen hätte. Irgendwann tauchte wie aus heiterem Himmel eine große Zahl Roboter aller Arten und Größen in diesem Gebiet auf. Woher sie kamen und wie sie sich selbstständig gemacht hatten, fanden wir niemals heraus. Sie sprechen einfach nicht darüber, wie eine intime Erinnerung, die sie nicht preisgeben wollen. Sie kamen auch nicht allein, sondern führten eine Reihe Maschinen und Geräte mit sich, als sie sich hier niederließen. Warum ausgerechnet hier und was sie dabei beabsichtigten, erfuhren wir ebenfalls nicht. Sie zogen durch den inzwischen entstandenen allgegenwärtigen Dschungel, bis sie auf unsere Vorfahren stießen. Und obwohl die Natur Grund genug gehabt hätte, diese Maschinen ebenfalls anzugreifen, tat sie es nicht, genauso wenig wie die Roboter sich von den Mutanten fernhielten, obwohl sie gerade vor den Menschen geflüchtet waren. Vielleicht ahnte die Natur, dass die Roboter und Maschinen immer nur Werkzeuge der Menschen gewesen waren und dass diese eigenständigen Roboter ihr nicht zuleibe rücken würden. Und die Roboter erkannten, dass die Mutanten СКАЧАТЬ