Lieber für die Ideale erschossen werden, als für die sogenannte Ehre fallen. Christoph Regulski
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СКАЧАТЬ der Matrosenbewegung vom Sommer 1917 schon lange vor ihrem Ausbruch vorhanden.

      Zieht man eine Bilanz der Jahre 1897 bis 1914 über den Aufbau der deutschen Hochseeflotte, finden sich in ihr wichtige Faktoren, die zum einen den Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 mit bedingten und zum anderen die Auflehnung der Matrosen in der Hochseeflotte im Sommer 1917 begründeten.

      Der Flottenbau isolierte das Kaiserreich politisch immer mehr140 und verschärfte den Konflikt mit England141. Durch seine immensen Kosten brachte er das Reich an die Grenze des finanziellen Ruins142. Beide Faktoren trugen erheblich dazu bei, den »Sprung ins Dunkle«143 zu wagen. Durch die verfehlte Strategie war die Marine seit 1914 zur Passivität verurteilt. Die Hoffnung auf eine große Schlacht machte die englische Fernblockade zunichte144. Dadurch entstand innerhalb der Schiffe eine zunehmend gereizte Stimmung, die eine Auflehnung der Matrosen gegen die unwürdige Behandlung durch Vorgesetzte maßgeblich mit verursachte. Indem die Offiziere zu einem Großteil dem wirtschaftlich aufstrebenden Bürgertum entstammten145 und in einem eigenen Korpsgeist die Gewohnheiten des politisch vorherrschenden alten Adels übernahmen146, distanzierten sie sich von den Mannschaftsdienstgraden, denen sie arrogant und provokativ begegneten147. Das wollten die Matrosen im vierten Kriegsjahr nicht mehr hinnehmen. Sie zweifelten zusehends am Sinn des Krieges, den viele nur noch als Wirtschaftskrieg betrachteten148, der eine friedliche Verständigung zwischen den Nationen verhinderte.

      3. DIE DEUTSCHE HOCHSEEFLOTTE

      IM WELTKRIEG

      Mit Kriegsbeginn zeigte sich, dass die deutsche Strategie nicht aufgehen konnte. Die Royal Navy war aus guten Gründen nicht gewillt, zu einer großen Schlacht gegen die deutsche Kriegsmarine auszulaufen. Ein erhofftes »Deutsches Trafalgar« blieb aus149. England wollte in erster Linie die Überlegenheit der eigenen Seemacht bewahren. Sir David Beatty, der Chef des britischen Schlachtkreuzergeschwaders brachte es am 20. Oktober 1914 auf den Punkt: »… aber wir können nichts tun als nur abzuwarten.«150

      Die Strategie der Navy beruhte auf der vorteilhaften geographischen Lage. Die britische Insel liegt vor Deutschlands Zugang zum Weltmeer. Im Süden befindet sich der enge Ärmelkanal, im Norden ist die 250 Kilometer breite Öffnung zum Nordmeer leicht zu überwachen. Für die englischen Seeoffiziere war diese Blockade ein Mittel zum Zweck, Deutschland zu ungünstigen Bedingungen in die Offensive zu locken. Darauf ging die deutsche Marine nicht ein und verblieb überwiegend in den Häfen und nahen Küstengewässern.151 Aber auch Deutschland verlegte sich auf das wirkungsvolle Mittel der Blockade, indem es Russland vor den Dardanellen absperrte und so wirtschaftlich von Frankreich und Großbritannien isolierte. Durch die Sperrung der Belte behinderte sich Deutschland hingegen selbst, da es strategische Ausfälle aus der Ost- in die Nordsee unterband. Rahn erkannte in diesem Vorgehen ein System der Halbwahrheiten152.

      Vizeadmiral David Beatty

      Im August 1914 besaßen Deutschland 18 und Großbritannien 29 Schlachtschiffe. Eine Entscheidungsschlacht wäre unter diesen Voraussetzungen, in Verbindung mit der ungünstigen geographischen und strategischen Lage, für die Marine wenig vorteilhaft gewesen153. Die deutsche Hochseeflotte blieb bei Kriegsbeginn, als das Heer weit in die Länder der Kriegsgegner vorstieß, weitgehend untätig154.

      Daran zeigt sich, dass die Hochseeflotte in erster Linie dazu gebaut wurde, mögliche Gegner abzuschrecken155 und dem Kaiserreich ein größeres politisches Gewicht zu verleihen. Kaiser Wilhelm II. selbst stand einem Angriff im August 1914 sehr skeptisch gegenüber und untersagte ein offensives Vorgehen156. Gerade in Hinblick auf kommende Friedensverhandlungen sollte die Kriegsmarine ein wichtiger Faktor sein157. Damit standen sich die defensiven Kräfte um Admiralstabschef v. Pohl und Marinestaatssekretär v. Tirpitz unversöhnlich gegenüber158.

      Flaggschiff Friedrich der Große – Paradieren statt Kämpfen

      Den Vorschlag des Monarchen, einen kombinierten Einsatz von Unterseebooten und Hochseeflotte zu erwägen und zu planen, griffen die Offiziere des Admiralstabes nicht auf159.

      Ein erstes Seegefecht am 28. August 1914 vor Helgoland zeigte der deutschen Marine ihre Grenzen auf. Überlegene englische Verbände versenkten drei deutsche Kreuzer160.

      Britische Schlachtflotte auf hoher See

      Der Überraschungstaktik konnte die deutsche Marine angesichts ihrer strategischen Lage in der Nordsee nicht begegnen161. Die eigentliche Wirkung dieses Gefechts bestand aber darin, dass der Verlust der Schiffe Kaiser und Seekriegsführung bewog, zukünftig zurückhaltend zu handeln162. Als einziger Ausweg, dem wenigstens ansatzweise begegnen zu können, bot sich die Strategie des Kleinkrieges. Damit hätte bei einem erfolgreichen Verlauf die englische Überlegenheit langsam ausgehöhlt werden können, um dann eine Schlacht zu riskieren. Aber auch diese Option griff nicht, da die Navy durch ihr Konzept der Fernblockade kaum Angriffsmöglichkeiten bot. Dafür hatte diese Strategie für Großbritannien den Nachteil, dass die britische Ostküste recht ungeschützt war163. Das nutzten deutsche Schiffe erstmalig am 16. Dezember 1914 aus, als Schlachtkreuzer aus dem Aufklärungsgeschwader des Admirals Franz v. Hipper die Städte Hartlepool und Scarborough beschossen und mehr als 100 Zivilisten töteten. Nach dem Angriff hoffte die deutsche Marine, englische Schiffe würden durch das frisch verminte Seegebiet folgen164. Zehn Schiffe setzten den Angreifern nach, die wiederum durch Schiffe auf offener See unterstützt wurden und somit den englischen Schiffen unter der Führung von Lord Beatty mit 24 Schiffen weit überlegen waren. Der Flottenkommandeur, Admiral Friedrich v. Ingenohl, wusste nicht um den großen Vorteil und nahm Kurs auf heimische Gewässer. Der deutschen Marine entging ein wahrscheinlich sicherer Sieg165.

      Admiral Franz v. Hipper

      Ein Grund für die geringe englische Präsenz in der Nordsee war die Verfolgung des Ostasiengeschwaders166 im Pazifik und Atlantik167, dem es gelang, durch die Scharnhorst unter dem Kommando von Graf Spee am 1. November vor der chilenischen Küste bei Coronel zwei britische Panzerkreuzer zu versenken168. Die Seeschlacht bei den Falklandinseln am 8. Dezember 1914 brachte dem Geschwader aber gegen vierfach überlegene englische Schiffe169 den Untergang170.

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      Panzerkreuzer Blücher

      In dem Doggerbank-Gefecht vom 24. Januar 1915 standen sich die beiden Flotten erneut gegenüber171. Admiral v. Hipper sollte die Lage an der Doggerbank aufklären und den Firth of Forth, die größte Bucht der schottischen Ostküste, verminen.

      Nach der Verfolgung durch britische Schiffe kam es bei der Doggerbank zu einem Gefecht, bei dem die Blücher unterging und die Seydlitz Feuer fing172. Dort leistete die Besatzung Herausragendes, als es gelang, das stark brennende Schiff wieder in den Heimathafen zu führen173. Die Navy erzielte keinen vollkommenen Sieg, da die eigenen Schiffe nur mit zum Teil erheblichen Beschädigungen den Heimathafen erreichten174 und die im Gefecht eingesetzten Schlachtkreuzer СКАЧАТЬ