Название: Der neue Landdoktor Staffel 8 – Arztroman
Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Der neue Landdoktor
isbn: 9783740956721
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»Ich kann schon jetzt bestätigen, dass Doktor Seefeld mit seiner Diagnose richtig liegt«, erklärte Leopold ruhig. »Auch bei Schilddrüsenerkrankungen gibt es Abstufungen, häufigere und seltenere Erscheinungsformen. Worum genau es sich bei Ihnen handelt, werden die neuen Testergebnisse zeigen, die in zwei Tagen vorliegen. Danach erstelle ich den Behandlungsplan, den wir besprechen.«
Daniel stellte noch etliche Fragen, die der Facharzt umfassend beantwortete, womit er ihm seine Bedenken nahm. Am meisten hatte er befürchtet, dass diese ewige Mattigkeit anhalten könnte, die sein Leben erschwerte.
Doktor Baron konnte ihn beruhigen. »Wenn sich der Körper auf das Medikament eingestellt hat, wird sich auch Ihr Allgemeinzustand bessern. Das kann einige Wochen dauern, bis Sie es merken, aber es wird sich verändern.«
»Sehr gut«, erwiderte Daniel erleichtert und wies auf die Schlinge, in der sein Arm ruhte. »Diese Müdigkeit hat mich in eine sehr unangenehme Lage gebracht.«
»Das werden Sie bald hinter sich haben«, antwortete Leopold zuversichtlich.
Der Arzt widmete sich dann weiter seinen anderen Patienten, und Daniel verbrachte einen entspannten Nachmittag mit Lilly und ihrer Patentante.
Alexandra war eine temperamentvolle Frau mittleren Alters mit kinnlangen, aschblonden Haaren, die in einer natürlichen Welle ihr Gesicht umrahmten. Sie kleidete sich ausgesprochen chic und geschmackvoll und hatte eine Vorliebe für edlen Schmuck, den sie unaufdringlich zu tragen verstand. Alexandra machte immer eine gute Figur, sowohl in rustikaler Wanderkleidung als auch im eleganten Cocktailkleid.
Im Laufe der Jahre hatte sie sich als Künstlerin im Bereich der Kalligraphie einen Namen gemacht, was Daniel in Erinnerung an seine Mutter besonders interessierte. Er bat seine Gastgeberin, ihm einige Arbeiten zu zeigen, und war beeindruckt von dem, was Alexandra an Schönem und Ausgefallenem erschaffen hatte.
»Jetzt, da ich Sie persönlich kennengelernt habe, freue ich mich noch mehr auf Ihre Ausstellung in der Burgruine bei uns in Bergmoosbach«, sagte er.
»Und ich freue mich, den Künstler kennenzulernen, der die gläserne Kuppel über dem Festsaal gebaut hat«, antwortete Alexandra aufrichtig begeistert. »Leopold und ich haben uns den Raum angeschaut, das Zusammenspiel von Licht und Schatten ist fantastisch. Es verleiht jedem Bild, das dort ausgestellt wird, einen besonderen Reiz. Abgesehen davon ist diese Kuppel einfach ein Meisterwerk.«
Daniel wollte leicht verlegen etwas wegen des Begriffs Künstler sagen, er verstand sich eher als Handwerker, aber Lilly fiel ihm lachend ins Wort. Sie schob ihren Arm unter seinen und drückte ihn. »Stell dein Licht nicht unter den Scheffel«, sagte sie energisch. »Ohne ein Künstler zu sein, wärest du kein so genialer Handwerker.«
»Lilly hat recht, jede gute Kunst ist auch Handwerk und umgekehrt«, stimmte Alexandra zu.
Am nächsten Abend verabschiedete sich Daniel als Erster aus der Runde, die nach einer langen Wanderung zu einer benachbarten Alm im Garten zusammensaß. Als die junge Frau mit ihren Pateneltern allein war, begann sie vorsichtig, von den Erbstreitigkeiten zu erzählen. Sie wollte Robert nicht schlecht machen, aber sie musste mit jemand Vertrautem über ihre Gedanken sprechen.
»Ich kann Robert überhaupt nicht mehr verstehen, er ist mir so fremd geworden«, sagte sie bedrückt. »Zunächst habe ich alles geglaubt, was er mir über seinen jüngeren Bruder erzählt hatte, aber jetzt weiß ich, dass es mehr als nur seine Sichtweise gibt. Ich finde sein Verhalten während der Krankheit seines Vaters und bei dessen Tod unerklärlich und unentschuldbar. Ebenso wenig kann ich sein Verhalten in Bezug auf das Erbe verstehen. Wenn ich mit ihm darüber reden möchte, gibt es sofort Streit.«
»Könnte es sein, dass Robert eifersüchtig ist?«, fragte Leopold vorsichtig.
Lilly stutzte. »Dazu gibt es überhaupt keinen Grund, zwischen mir und Daniel läuft nichts«, antwortete sie entschieden und fuhr nach einer Zeit des Nachdenkens fort: »Aber ich verstehe mich besser mit ihm als im Moment mit Robert, das stimmt. Vielleicht sollte ich einfach wieder mehr auf Robert zugehen; ich weiß doch, dass er sich in ›Silberwald‹ nicht wohlfühlt.«
»Aber du tust es, nicht wahr?«, fragte ihre Patentante.
»Ja, sehr, es ist wie ein Zuhause«, antwortete Lilly ehrlich.
»Nun, im Augenblick seid ihr hier und könnt ein paar freie Tage genieße«, wechselte Leopold diplomatisch das Thema. »Etwas Abstand wird euch beiden gut tun und hoffentlich auch den Konflikt wegen des fehlenden Testaments entschärfen.«
»Hoffen wir’s, das kann Daniel gebrauchen«, erwiderte Lilly nachdrücklich.
Die wenigen Tage wurden zu einem herrlichen Kurzurlaub, den sie mit sorglosem Faulenzen, Segeln auf dem Tegernsee, Wanderungen und einem Besuch im Metropoltheater in München verlebten. Daniel war so glücklich und entspannt wie seit Langem nicht mehr und weigerte sich, an die Herausforderungen zu denken, die ihn zu Hause erwarteten.
Ehe sie abreisten, lud er das Ehepaar Baron nach ›Silberwald‹ ein, während der Ausstellung von Alexandras Bildern seine Gäste zu sein. Sie trennten sich in freundschaftlicher Stimmung und voller Vorfreude auf die Ausstellung.
*
Die entspannte Urlaubsstimmung änderte sich allerdings rasch, als Lilly und Daniel aufs Gut zurückkamen. Robert war sehr gereizt, weil es ihm nicht gelungen war, das Ehepaar Löffler als neue Auftraggeber zu gewinnen.
»Das wäre nicht passiert, hätte ich von Lugano aus arbeiten können. Dass wir nicht längst wieder dort sind, liegt einzig und allein an der Verschleppung der Testamentsvollstreckung«, schimpfte er schlechtgelaunt.
»Und wer verzögert das? Du mit deiner absurden Forderung!«, zischte Lilly. Ihre Nerven lagen blank. Sie hatte versucht, sich auf das Wiedersehen mit Robert zu freuen und mehr Geduld mit ihm zu haben. Sie hatten doch auch gute Zeiten gehabt, und Lilly versuchte, daran anzuknüpfen. Nur fiel es ihr mit jedem Tag schwerer, an dem sie Robert entweder missmutig oder mit prüfendem, abwägendem Blick durch Haus und Hof gehen und Veränderungen planen sah.
»Dieser bekannte Doktor Baron ist also dein Patenonkel. Es ist immer gut, neue, einflussreiche Leute kennenzulernen. Vielleicht ergibt sich über diesen Kontakt etwas, was mich für den entgangenen Auftrag entschädigt. Auf jeden Fall ist es gut, dass sie hier auf dem Gut wohnen und nicht im Hotel, dann haben wir mehr Zeit für Gespräche, und sie lernen den Mann an deiner Seite vor dem richtigen Hintergrund kennen«, sagte Robert.
Lilly sah ihn scharf an. »Bist du denn noch der Mann an meiner Seite?«, fragte sie. »Du hast nur noch Geschäftliches im Kopf. Manchmal habe ich das Gefühl, dich gar nicht mehr zu kennen.«
»Tut mir leid, wenn du es so siehst«, antwortete Robert und zog sie in seine Arme. Es fühlte sich ganz anders an als früher. »Ich weiß, dass ich ziemlich unleidlich bin in letzter Zeit, aber das liegt an der Anspannung. Wenn hier alles geklärt ist, wird es wieder leichter.«
»Dann nimm doch endlich Daniels Verschlag an und einige dich mit ihm«, erwiderte Lilly eindringlich. »Warum willst du unbedingt das Gutshaus haben und es für dich nutzen, wenn du doch nur bittere Gefühle damit verbindest?«
»Weil ich es kann!«, antwortete Robert hart. »Ich bin der älteste Sohn.«
Lilly spürte, dass es sinnlos war, mit ihm weiter СКАЧАТЬ