Nebel im Aargau. Ina Haller
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Название: Nebel im Aargau

Автор: Ina Haller

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Kantonspolizei Aargau

isbn: 9783960416623

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СКАЧАТЬ Insulin dämpft die Ausschüttung von Zucker.»

      «Das heisst, ist zu viel Zucker im Blut, gibt es mehr Insulin, und wenn es zu wenig hat, wird weniger Insulin produziert?»

      «Genau. Bei einer Diabeteserkrankung ist diese Regelung gestört, und Insulin muss von aussen zugeführt werden.»

      «Man muss aber regelmässig den Blutzuckerwert messen, damit man nicht zu viel oder zu wenig Insulin spritzt?»

      «Ja. Aber es ist nicht immer notwendig. Gewisse Leute haben die Krankheit im Griff, wenn sie sich an eine entsprechende Diät halten, und müssen sich kein Insulin verabreichen. Gefährlich könnte es werden, wenn man bei regelmässiger Insulingabe nichts isst. Aber ob das zum Tod führen kann, weiss ich nicht. Ich nehme an, ein Diabetiker wird seinen Notfalltraubenzucker dabeihaben, falls eine Unterzuckerung droht.»

      «Ausserdem sollte man es merken, wenn man unterzuckert ist», fügte Andrina an.

      «Genau. Schwitzen und Zittern sind Symptome dafür. Später kommen zum Beispiel Kopfschmerzen und Bewusstseinsstörungen hinzu.»

      Andrina liess sich durch den Kopf gehen, was Susanna gesagt hatte. Bei der Leiche hatte man etwas Nahrung – was genau, hatte Susanna nicht erwähnt – im Magen gefunden. Genug Material, um den Zuckerspiegel aufrechtzuerhalten, musste demnach vorhanden gewesen sein. Zumindest nahm Andrina das an. Sie fragte sich, ob jemand, der einen Selbstmord plante, vorher ass. Auf der anderen Seite war da der Alkohol. Genaue Angaben zum Promillewert hatte Susanna nicht gemacht.

      ***

      «Bleibst du auf einen Umtrunk, oder bist du zu müde?», fragte Seraina.

      Nach dem Nachtessen war Andrina zu ihrer Schwester nach Erlinsbach gefahren.

      Seit Oktober ging Andrina ein- bis zweimal in der Woche zu ihrer Schwester, da sie die Schwangerschaft langsam in ihrem Rücken spürte. Ihr Arzt hatte ihr eine Physiotherapie empfohlen. Für Andrina war es selbstverständlich gewesen, zu Seraina zu gehen. Ihre Schwester hatte die Physiopraxis in ihrem Haus eingerichtet. Dazu hatte sie den Keller des Hauses umgebaut. Da das Haus am Hang lag, glich der Keller einer Souterrainwohnung. Die Möglichkeit eines separaten Eingangs hatte das Projekt zusätzlich vereinfacht. Seraina hatte sich unter anderem auf Schwangere spezialisiert.

      Andrina schaute auf die Uhr. «Eine halbe Stunde liegt drin», sagte sie und folgte Seraina in die Küche. Seraina setzte Teewasser auf und gesellte sich zu Andrina.

      «Das gefällt mir nicht», nahm sie ihr Gesprächsthema wieder auf. «Warum musst ausgerechnet du über einen Toten stolpern?» Besorgnis lag in ihren dunklen Augen, die Andrinas glichen. Seraina war fünf Jahre älter als Andrina, aber als erwachsene Frauen hatte man sie häufig gefragt, ob sie Zwillinge seien. Das hatte erst aufgehört, als Seraina ihren dunkelbraunen Haaren vor einigen Jahren einen Kurzhaarschnitt verpasst hatte.

      «‹Stolpern› ist nicht der richtige Ausdruck», sagte Andrina. «Gefunden hat die Leiche eine andere Frau.»

      «Du bist involviert.»

      Das Wasser kochte, und Seraina füllte es in zwei Tassen. Sie stellte drei verschiedene Teesorten vor Andrina hin. Andrina entschied sich für den Früchtetee.

      «Und ausgerechnet so ein mysteriöser Fall, bei dem die Polizei keine Ahnung hat, woran der Mann gestorben ist, weil er auf den ersten Blick gesund erscheint. Allerdings sind die Untersuchungen nicht abgeschlossen, wenn man den Infos in den Medien trauen kann.»

      «Enrico glaubt nicht, dass der tiefe Zuckerspiegel der Grund ist.»

      «Was für ein tiefer Zuckerspiegel?», hakte Seraina nach. «Was hat der mit dem Fall zu tun?»

      Andrina berichtete Seraina von den Gesprächen mit Susanna und Enrico.

      «Ob der Mann Diabetiker war und deswegen Probleme bekommen hat, die für ihn tödlich waren, lässt sich herausfinden», sagte Seraina. «Man muss nur seinen Arzt fragen.»

      «Dazu müsste man wissen, wer der Tote ist.»

      «Logisch. Kann man nicht feststellen, ob er Diabetiker war?»

      «Ob man das organisch feststellen kann, kann ich nicht sagen, da ich keine Medizinerin bin. Ein erster Hinweis wären sicher Einstichstellen, wenn er sich Insulin verabreicht hat. Das Problem ist, es gibt keine.»

      «Kann man Insulin nicht auch anders zu sich nehmen?», fragte Seraina. «Zum Beispiel in Tablettenform?»

      «Ich glaube nicht. Die Tablette würde im Magen verdaut werden, denke ich mal, und würde in dem Fall nichts mehr nützen.» Sie nahm den Teebeutel heraus und legte ihn in das Schälchen, das Seraina auf den Tisch gestellt hatte.

      «Es müssten Einstichstellen ersichtlich sein?»

      «Ja, an unterschiedlichen Orten. Eine Mitstudentin hat sich zum Beispiel in den Oberschenkel gespritzt. Andere spritzen sich in den Bauch. Man muss aber die Injektionsstelle wechseln, hat mir damals meine Kollegin gesagt.»

      «Daher sagtest du, es müsste mehrere Einstichstellen haben.»

      Andrina nickte.

      «Lass uns das Thema wechseln und über Erfreulicheres sprechen», sagte Seraina nach einer Weile. «Wann heiratet ihr endlich?»

      «Wenn ich einen dünneren Bauch habe», antwortete Andrina. Das war nicht unbedingt das Thema, über das sie sprechen wollte. Nicht, weil Enrico und sie die Heiratspläne auf Eis gelegt hatten. Sie hatten bereits mit Vorbereitungen begonnen und mögliche Restaurants ins Auge gefasst und waren dort für ein Probeessen gewesen. Aber seit Seraina von ihren und Enricos Heiratsplänen erfahren hatte, lag sie ihr dauernd damit in den Ohren, wann es so weit sei.

      VIER

      Meteo hatte angekündigt, es habe auch am heutigen ersten Advent im Mittelland keine Chance auf Sonnenschein. Leider hatten sie recht behalten. Es war wie die vorangegangenen Tage neblig und grau. Die Nebeluntergrenze musste tief sein, da es dunstig war. Radio Argovia hatte am Morgen verlauten lassen, die Obergrenze dieser Suppe liege bei eintausend Metern, wenn nicht sogar höher. Andrina schätzte Schönenwerd auf ungefähr vierhundert Meter über dem Meeresspiegel. Das hiess, über ihr lagen sechshundert Meter Nebel. Ein Schauer durchlief ihren Körper. Keine Chance zum Auflösen. Seit drei Wochen hatte sich die Sonne nicht in Aarau blicken lassen. Andrina hatte keine Lust, bei diesem Nieselwetter draussen unterwegs zu sein. Ihre Gedanken kehrten zu gestern vor einer Woche zurück. Gleiches Wetter, aber immerhin nicht gleicher Ort und nicht gleicher Wochentag. Trotzdem widerstand es ihr, einen Spaziergang zu machen. Gleich darauf musste sie über sich selber lächeln. Es hiess nicht, dass man auf jedem Spaziergang über einen Toten stolpern musste. Trotzdem hatte sie keine Lust verspürt und hätte sich lieber mit einem Buch auf das Sofa zurückgezogen. Aber Enrico hatte nicht nachgegeben. Einmal am Tag müsse man frische Luft haben. Seit sie zusammengezogen waren, hatten sie sich angewöhnt, am Wochenende einen kleinen Ausflug in die Umgebung verbunden mit einem kurzen Spaziergang zu machen. Enrico hatte erklärt, so gut vom Stress unter der Woche abschalten zu können. Ausserdem kam er unter der Woche selten ins Freie, was er vermisste.

      An diesem Tag war er zum Ballyareal nach Schönenwerd gefahren. Früher wurden hier Schuhe hergestellt, heute war auf dem Gelände eine Mischung aus verschiedenen Gewerben, Büros, Ateliers und Wohnungen. Am Ende des Areals befand sich ein Park, in dem man gut ein wenig spazieren konnte. Die Kieswege waren eben СКАЧАТЬ