Nebel im Aargau. Ina Haller
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Название: Nebel im Aargau

Автор: Ina Haller

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Kantonspolizei Aargau

isbn: 9783960416623

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СКАЧАТЬ lange lag die Leiche überhaupt dort? Allein die Vorstellung reichte aus, dass Andrina übel wurde. Sie schaffte es nur, den Kopf zu schütteln.

      «Das reicht fürs Erste.» Er deutete auf den Becher in Andrinas Hand. «Möchten Sie noch Tee?»

      Obwohl ihr nach wie vor kalt war, lehnte sie ab. Sie würde bestimmt nichts mehr herunterbekommen. Brogli stieg aus. Andrinas Erleichterung darüber verpuffte, als sie ihn auf Wagner und Enrico zugehen sah und Marco sich zu ihnen gesellte.

      ***

      Andrina liess sich auf das Wohnzimmersofa fallen und beobachtete, wie Enrico Holz in den Ofen stapelte und es anzündete. Er schloss die Glastür und schaute zu, wie die Flammen zu züngeln begannen. Es kam Andrina vor, als wolle er ein Gespräch möglichst weit hinausschieben.

      Auf der Heimfahrt hatten sie fast nicht miteinander gesprochen. Auch jetzt war kaum ein Wort gefallen. Andrina wagte nicht, das Schweigen zu brechen. Sie dachte an Enricos starres Gesicht, als er endlich von den Befragungen entlassen und auf sie zugekommen war. Sie waren in den Wagen gestiegen und heimgefahren.

      Andrina brauchte nicht zu fragen, was der Grund für seine Einsilbigkeit war. Deutlich sah sie vor sich, wie Marco auf Enrico eingeredet hatte. Nettigkeiten waren das bestimmt nicht gewesen. An Enricos Stelle würde das bei ihr genauso für Verstimmung sorgen. Sie hatte ausserdem Angst, über das zu sprechen, was am Hallwilersee vorgefallen war.

      Enrico stand auf und kam zum Sofa. Sein Gesicht war fahl. Die Blässe wurde durch seine schwarzen Haare und die dunklen Augen betont. Er setzte sich neben Andrina.

      «Ich glaube, ich werde nie mehr warm», brach er das Schweigen. Seine Stimme klang neutral.

      «Ich bin völlig durchgefroren.»

      «Dabei hast du eine kleine Wärmflasche im Bauch.»

      Es stimmte, seit sie schwanger war, fror Andrina nicht mehr so stark, wie sie es sonst tat. Heute war das aber nicht so. Andrina legte die Hand auf den Bauch.

      «Hat Brogli sich anständig dir gegenüber benommen?» Seltsame Frage. Versuchte Enrico so den Einstieg zu einem Gespräch über den Toten?

      «Ja, eigentlich schon.»

      Sein Gesicht wurde ausdruckslos. Bei dir nicht?, fügte Andrina im Stillen an.

      «Es war okay», sagte Enrico, als habe er geahnt, was in ihrem Kopf vor sich ging. «Sie waren nicht begeistert, weil ich in das Haus gekrochen bin und die Leiche angefasst habe.»

      «Du hast Erste Hilfe leisten wollen.»

      «Das habe ich auch erklärt. Trotzdem habe ich Spuren verwischt. Dabei hat der Hund bestimmt den grösseren Teil dazu beigetragen. Sie waren ausserdem misstrauisch, weil ich zurückgeblieben war. Ob sie mir meine Erklärung abgenommen haben, verhindern zu wollen, dass gegebenenfalls mehr am Tatort verändert wurde, weiss ich nicht.»

      Andrina wurde das Gefühl nicht los, Enrico wurde als Verdächtiger gehandelt. Sogleich schüttelte sie den Gedanken ab. Das wäre unprofessionell. Trotz der alten Rivalität und der Tatsache, dass Andrina mit Enrico zusammen war. Falls Marco nach einer Möglichkeit suchte, Enrico etwas anzuhängen, gab es die Frau als Zeugin.

      «War er schlimm zugerichtet?», fragte Andrina vorsichtig.

      «Nein. Er hat ausgesehen, als würde er schlafen. Er lag auf der Seite und hatte die Beine angewinkelt. Sein Kopf lag auf dem Unterarm. Das Ganze machte einen beinahe bequemen Eindruck.»

      So genau hatte Andrina es nicht wissen wollen.

      «Es sah sogar friedlich aus», fuhr Enrico fort.

      «Hatte er Verletzungen?»

      «Nein. Oder besser, ich habe keine gesehen. Ich habe nur nach seinem Puls gefühlt und sofort realisiert, dass er tot war.» Enrico starrte zum Schwedenofen. «Sogar die Augen waren geschlossen. So seltsam es erscheinen mag, es kam mir vor, als sei er in diese Hütte gekrochen, um zu schlafen, und sei dabei erfroren. Immerhin haben wir im Moment nachts Temperaturen um die null Grad.»

      «Willst du damit sagen, er lag schon länger dort?»

      Enrico lehnte sich nach hinten und legte den Arm um Andrinas Schultern. «Das kann ich nicht beurteilen. Seine Haut war jedenfalls kalt. Eiskalt, um es genau zu sagen.» Ein Schauer durchlief Andrinas Körper. «Ich bin kein Rechtsmediziner, um zu beurteilen, wie schnell eine Leiche bei Temperaturen von null bis vier Grad auskühlt.»

      «Ein Obdachloser?», fragte Andrina.

      «Das glaube ich weniger. Er trug eine dunkle Hose und ein graues Hemd mit Krawatte. Er sah eher wie ein Geschäftsmann aus, soweit ich das in dem schummrigen Licht in dem Haus erkennen konnte.»

      «Warum sollte er dort reinkriechen?»

      «Er könnte betrunken gewesen sein und nicht gewusst haben, was er tat.»

      «Lag eine Flasche bei ihm?», fragte Andrina und hoffte, es war so. Zumindest wäre es in dem Fall kein Mord.

      «Andrina, so genau habe ich mich nicht umgeschaut. Als ich realisierte, dass der Mann tot war, habe ich schnell den Rückzug angetreten, um keine weiteren Spuren zu vernichten.»

      «Den Mann anzufassen ist nicht gleichbedeutend damit, Spuren zu vernichten.»

      «Je nachdem schon. Durch das Reinkriechen bin ich über den Boden gerutscht und habe eventuell etwas verwischt.»

      «Der Hund und die Frau haben Vorarbeit geleistet», sagte Andrina.

      «Eben. Da brauchte es nicht zusätzlich jemanden, der eventuell die letzten vorhandenen Spuren beseitigte.»

      «Kennst du ihn?»

      Langsam fiel die Anspannung von Enrico ab. Es wurde warm, und Andrina kuschelte sich an ihn.

      «Nein. Er muss um die Mitte dreissig sein, wenn ich das in dem Halbdunkel richtig erkannt habe. Vor seinem Kopf lag eine Brille, fein säuberlich zusammengelegt. Eben, es machte den Eindruck, als habe er sich dort für ein Nickerchen zusammengerollt.»

      «Bei der Kälte finde ich das seltsam. Er könnte nicht nur betrunken gewesen sein, sondern zusätzlich Drogen genommen haben.»

      «Das kann ich nicht sagen, aber ich denke, der Rechtsmediziner wird entsprechende Untersuchungen machen.»

      ZWEI

      «Das ist unser Programm für nächsten Herbst», sagte Elisabeth Veldt, die Verlegerin des Cleve-Verlages, bei dem Andrina als Lektorin tätig war. Sie hatten sich zu ihrer Montagmorgenbesprechung im Sitzungszimmer versammelt. Elisabeth sah müde aus. Der Eindruck der grauen Gesichtsfarbe wurde durch ihre kurz geschnittenen Haare verstärkt, die inzwischen mehrheitlich grau waren. Man konnte nur erahnen, dass die ursprüngliche Farbe einmal Dunkelbraun gewesen war. «Ich weiss, dieses Mal habe ich mehr Bücher als normalerweise ins Programm aufgenommen, und es hat zudem viele Debütautoren, aber ich wollte von den Krimis keinen absagen, weil die Qualität sehr gut war. Mir ist bewusst, welchen Aufwand das für euch bedeutet. Aber ich möchte das Team nicht aufstocken, da ich nicht weiss, ob wir das nächste Mal gleich viele Krimis aufnehmen werden und wie sich der Umsatz im nächsten Jahr entwickeln wird.»

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