Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237517

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СКАЧАТЬ zögernd. Am Melno-See gibt's tiefe Schluchten; da täuscht man sich leicht in ein Hügelland hinein, und Bäume stehen dort, die sind älter als der Orden im Heiligen Lande.

      Beliebt's Ew. Gnaden, so benachrichtige ich meinen Waldmeister, und an Treibern soll's nicht fehlen.

      Ihr meint's gut, antwortete der Meister lächelnd. Und wahrlich, es bedarf nicht langen Zuredens! Mein Geist ist schlaff und mein Körper matt von der Arbeit am Schreibtische. Ein paar Atemzüge frischer Waldesluft würden mich wunderbar stärken und aufrichten. Wir wollen keine Jagd ansagen; die Zeit ist nicht dazu angetan, und das Landvolk hat Dringenderes zu tun, als uns einen Achtender zuzutreiben. Aber laßt uns die Pferde satteln und gebt einigen von meiner Dienerschaft Weisung, sich mit Armbrüsten und Spießen bereitzuhalten. Diese Briefe, die heute früh von Thorn anlangten, sind nicht auf der Stelle abzufertigen. Vielleicht weiß ich am Abend nach einem kräftigenden Waldritt besser, wie den Schwierigkeiten zu begegnen, die sich mir rings in den Weg legen. Wohlan denn, ich gebe Euch das Geleite!

      Der junge Gutsherr zeigte sich hocherfreut über diesen Entschluß und eilte fort, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Draußen auf der Galerie fand er bei den Türhütern einen Bekannten aus der Marienburg, dem er dort freilich lieber ausgewichen war. Es war Liszek. Er trug jetzt ein neues Kleid von gutem Tuch und hatte Haar und Bart gestutzt. Ei, wie kommt Ihr hierher? fragte er, nicht angenehm überrascht. Ich bemerkte Euch bisher nicht unter des Herrn Hochmeisters Dienern.

      Bin auch erst seit gestern hier, antwortete der Bursche, sich demütig verbeugend. Hat nicht lange gefallen in weite Welt. Schlechte Zeit, Herr Junker, schlechte Zeit. Nichts zu essen zu Hause – Hof abgebrannt, Kuh fortgeführt, Knecht erschlagen. Bauer muß hungern. Pah, hungern schlechte Spaß! Lieber dienen bei großer Herrschaft. Bin ich gekommen nach Engelsburg und bieten an meine Dienst – treu und gut, wahrhaftig!

      Und man hat Euch angenommen?

      Ei, gewiß! Ehrliches Gesicht, gute Rock – und verlangen nicht viel Lohn.

      So kann ich Euch gleich Aufträge machen, gebt acht! Er setzte ihm auseinander, was zu besorgen sei, und ging selbst in seine Schlafkammer, sein geringes Gepäck zu ordnen.

      Liszek hatte sich wohl gehütet, die Wahrheit zu sagen. Er war nach Aufhebung der Belagerung der Marienburg zu seinem Herrn, dem Bischof von Kujawien, gegangen, um ihm Bericht zu erstatten. Der fühlte sich auf seinem Schlosse Subkau nun bald nicht mehr sicher und eilte dem König nach über die Grenze. Seinem Diener aber gab er ein neues Kleid, versprach ihm noch eine bessere Belohnung und hieß ihn wieder zu Plauen gehen und sich stets in dessen Nähe aufhalten. Er solle aufmerken, wer bei dem Hochmeister ab- und zugehe, mit wem er viel vertraulich verhandle, wen er mit Briefschaften schicke und womit er sich beschäftige. Liszek hatte dem Bischof von dem Verkehr Plauens bei der jungen schönen Dame in der Vorburg schuldige Mitteilung gemacht; nach der Beschreibung war sie unzweifelhaft dieselbe, die er schon in Schwetz durch seine Geistlichen hatte beobachten lassen.

      Übrigens war er ein geschickter und behender Bursche, und so brachte er denn auch jetzt die Stallknechte rasch in Bewegung, wählte die Begleitung aus, ließ Armbrüste an die Sättel binden und einen Gaul mit Mundvorrat beladen. Nach einer Stunde konnte dem Meister gemeldet werden, daß der kleine Troß am Burgtore bereitstehe. Vor Sonnenuntergang sei er wieder zurück, versicherte Plauen dem Hauskomtur, und hoffe für die Brüder etwas frisches Wildbret mitzubringen. In Okonin schickte Hans einen von den Bauernburschen zu seinem Waldmeister voran, ihm anzusagen, daß er mit einem vornehmen Herrn zur Jagd reite und ihn in der zweiten Schlucht am See bei den drei alten Eichen erwarten werde. Gundrat möge sich beeilen, dorthin zu kommen, auch einige Leute mitbringen, die das Wild aufjagen könnten. Er selbst wisse nicht gut genug Bescheid tiefer in den Wald hinein.

      Ein herrlicher Bestand, lobte Plauen, als sie eine Strecke zwischen den mächtigen Stämmen weitergetrabt waren, immer das dichte Unterholz vermeidend. Hier hat kaum noch die Axt geklungen; nur der Sturm stürzt von Zeit zu Zeit einen der Riesen, der sich mit seinem Haupte zu hoch hinauswagt, oder das Alter wirft sie zu Boden. Man weiß in Preußen noch wenig vom Forsten und schlägt nur die Waldstellen um, die man ackern will. Das wird in hundert Jahren anders sein. Ah, wie erquicklich die Waldluft ist! Man atmet einmal wieder aus voller Brust.

      Ein Hirsch brach vor, stutzte und ergriff die Flucht. Die Hunde wurden losgelassen und setzten ihm nach. Die Jäger hinterher mit lautem Hallo, so schnell die Pferde durch das Gestrüpp folgen konnten. Der sumpfige Rand eines Waldsees zwang das Tier umzukehren und sich den Hunden zur Wehr zu setzen. So stellten sie es den Jägern. Bald lag es auf dem Rasen, von den Bolzen ihrer Armbrüste hingestreckt.

      Der Hirsch wurde unter einem weithin kenntlichen Baume bis zur Rückkehr aufbewahrt. Nachdem die Hunde gekoppelt waren, setzte sich der kleine Zug wieder in Bewegung. Hans von der Buche schlug vor, zunächst den Wald auf kürzestem Wege zu durchschneiden, um den See zu gewinnen.

      Sie erreichten das Ufer und nach einigem Herumstreifen an demselben auch die Schlucht mit den drei Eichen. Es war Mittag geworden, die Jäger stiegen ab, ließen ihre Pferde grasen und streckten sich auf das Waldlaub am Anberge, von wo man einen hübschen Durchblick nach dem im Sonnenschein glänzenden See hatte. Der mitgenommene Mundvorrat wurde herbeigeschafft und der Moosteppich als Tischtuch benutzt.

      Plauen hatte sich mit der Schulter gegen den Stamm einer Eiche gelehnt. Der Hut lag neben ihm auf dem Boden, das Wams war auf der Brust geöffnet. Von Zeit zu Zeit schaute er über sich in die gelbe Laubkrone, die den Herbstwinden noch kräftig Widerstand geleistet hatte, während die anderen Waldbäume schon fast kahl dastanden. Das sind die Steineichen, sagte er; es dauert im Frühjahr lange, bis sie ausschlagen, andere Bäume haben dann schon ihren Sommer. Aber um so länger bleiben sie auch grün, fast bis in den Winter hinein. Es ist mit den Menschen nicht anders; sie haben zu gar verschiedener Zeit ihren Frühling und Herbst.

      Ihr selbst mögt Euch mit einer solchen Steineiche vergleichen, gnädiger Herr, bemerkte der Gutsherr. Viel welkes Laub ist im Orden, Ihr aber steht frisch und gesund da. Und auch sonst seid Ihr uns ein Bild dieses mächtigen Stammes, der ungebeugt den heftigsten Stürmen steht.

      Der Hochmeister bewegte abwehrend ein wenig die Hand. Es soll sich erst noch zeigen, was das gilt, antwortete er. Vielen wäre ein Rohr genehmer, das sich vor dem Winde beugt und sich wieder aufrichtet, wenn er darüber hingegangen ist, oder ein Weidenbaum, den man köpft und der doch wieder frisch ausschlägt. Aber jeder freilich nach seiner Natur: mir gefällt die knorrige Eiche. Nur glaubt nicht, daß ich jetzt meinen Spätfrühling feiere. Zu früh bin ich alt geworden, und vor der Zeit hat der Sturm mich entlaubt – was jetzt aus mir grünt, ist ein später Trieb, dem die Sonne vielleicht nicht mehr warm genug scheint, daß er sich kräftig auswachse. Er zeigt nur, daß der Stamm noch nicht abgestorben ist.

      Er ließ die Hand über die Stirn und die Augen gleiten und hielt sie eine Weile fest darauf gedrückt. Auch in meinem Thüringen gibt's nicht mehr viel solcher Eichen wie diese hier, fuhr er dann heiterer fort; es ist eine Freude, sie anzusehen und an ihnen zurückzudenken, was sie erlebt haben. Sie waren schon betagt, als Hermann Balk ins Land kam, hier das Kreuz aufzurichten, und darüber sind bald zweihundert Jahre vergangen. Jetzt kämpft das Kreuz gegen das Kreuz.

      Und Rom gelüstet's nach der Siegesbeute, fuhr Hans heraus. Es gefällt dem Papst wenig, daß der Orden in kirchlichen Dingen selbständig ist und die Möncherei nicht aufkommen läßt. Deshalb hilft er den Polen und sieht es gern, daß die Bischöfe sich gegen die weltliche Macht auflehnen. Am liebsten möcht er dem Orden den Prozeß machen wie dem Magister Johannes Huß in Prag, und mich wundert's gar nicht, daß er verbreiten läßt, hier in Preußen seien viele Anhänger seiner Lehre.

      Plauen lachte. Wenn wir Ketzer sind, dann freilich hat er leichtes Spiel mit uns. Wir wollen uns wohl hüten. Ihr aber haltet Eure Zunge im Zaum, daß man Euch nicht von Huß reden hört; denn da Ihr bei СКАЧАТЬ