Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ Tochter nicht wieder.«

      »Und doch,« sagte sie mit traurigem Tone, »hat mir der Erfolg noch nicht unrecht gegeben.«

      »Da hast du recht,« versetzte Ritterhausen bitter lächelnd. »Er ist wiedergekehrt, aber es hat nicht den Anschein, als sei er wiedergekehrt mit viel Früchten seiner Kraft und seines Fleißes. Er sieht nicht aus wie ein Mann, der reich und schätzebeladen aus einem Lande heimkommt, wo ihm das Glück hold war.«

      »Gewiß nicht!« flüsterte sie halblaut.

      »Aber du – bist du deinem Ziele näher?« fragte er in seiner scharfen Weise.

      Ritterhausen bereute im nächsten Augenblicke diese Worte gesprochen zu haben. Denn helle Zähren schossen plötzlich unter den Wimpern des jungen Mädchens hervor.

      »Sibylle,« sagte er beruhigend, »gib dich nicht so deinem Schmerze hin – sei meine starke, entschlossene Tochter, wie du es warest all diese bittern, angsterfüllten Tage her. Es kann ja alles noch gut werden. Du hörtest, wie dieser verdammte hinterlistige Franzose es offen erklärte, daß er uns für nicht schuldig halte!«

      »Um Richard schuldig zu halten!« fiel Sibylle ein.

      »Allerdings – aber Richards Schuldlosigkeit muß und wird sich herausstellen, und dann ...«

      »Wird der Verdacht auf uns zurückfallen!« sagte Sibylle.

      »Nein, nein,« entgegnete Ritterhausen, »dem ist die Spitze abgebrochen ... wir werden rein aus dieser Sache hervortreten; vertraue mir und fasse dich, mein Kind. Was gegen uns vorliegt, ist viel zu schwacher Natur, als daß es nicht auch alsdann unzulänglich wäre, eine Anklage gegen uns darauf zu bauen, wenn sich zeigt, daß Richard an allem so wenig teil hat wie das erste beste Kind. Hast du dem Deserteur ein Versteck in der Burg gezeigt, so ist das geschehen noch bevor du ahnen konntest, daß diese Burg einen neuen Herrn bekommen würde. Hatte ich Gründe, diesen neuen Herrn zu hassen, so hatte ich ganz und gar keine, ihn ermorden zu lassen, denn ob er da oben wohnt oder seine Erben, das mußte mir völlig gleichgültig sein!«

      Ritterhausen suchte auf diese Weise seine Tochter zu beruhigen ... es war lange her, daß Johann Wilderich Ritterhausen sich soviel Mühe gegeben hatte um irgendeinen Menschen auf Erden willen!

      Aber die Tatsachen waren über sein düsteres, menschenfeindliches Haupt nicht fortgegangen, ohne einen tiefen Eindruck zu hinterlassen. Sie hatten ihn gedemütigt und milder gestimmt.

      »Ich weiß, daß du Briefe erhieltest von Richard von Huckarde,« sagte er nach einer Pause.

      »Ich erhielt im Anfange Briefe von ihm,« entgegnete sie, »aber wenige; in den letzten Jahren erhielt ich keinen mehr. Ich durfte daraus schließen, daß er nichts zu schreiben haben werde, was geeignet sei, mir Freude zu machen.«

      »Und die Briefe, welche im Anfange kamen – enthielten sie freudige Nachrichten?«

      »Auch sie nicht: aber sie waren voll der besten Hoffnungen!«

      »Und was erweckte diese Hoffnungen? Welche Erfolge begleiteten seine ersten Schritte in dem fremden Lande?«

      »Er kam ohne Freunde, ohne irgendeinen Anhaltspunkt auf dem Boden dieser eigentümlichen Welt voll neuer Entwicklungen und gärender Elemente und voll Verhältnisse an, für die weder seine Erziehung, noch sein Charakter, noch die Art der Kenntnisse, welche er besaß, eingerichtet waren. Kein Wunder, daß er sich innerlich abgestoßen und aufs tiefste niedergeschlagen in ihr fühlte. Aber mit der Elastizität der Jugend suchte er diesen ersten Eindruck zu überwinden und den Gegenstand einer Arbeit aufzufinden, die seine Hoffnungen verwirklichen konnte. Leider erfuhr er bald, daß die Arbeit, der er sich gewachsen fühlte, nicht die sei, welche man in der transatlantischen Welt begehrte, lohnte und achtete. Indem er stufenweise seine Ansprüche herabstimmte, wurde er endlich Gehilfe eines Gärtners; dann Musikdirigent und Lehrer in einer kleinen, eben im Entstehen begriffenen Stadt: darauf Teilnehmer am Geschäft eines Orgelbauunternehmers; endlich Hauslehrer bei einem Plantagenbesitzer im Süden der Union, eine Lage, in welcher sich seine Ansichten aufzuhellen schienen. Aber das Gelbe Fieber und der unerträgliche Anblick der Sklavenbehandlung um ihn her scheuchte ihn von da fort. Mit den Ersparnissen, welche er in seiner letzten Stellung hatte machen können, erkaufte er sich ein Stück Landes und begann es zu einer Farm umzugestalten. Die angestrengteste Arbeit förderte ihn bei diesem Unternehmen so, daß im zweiten Jahre eine erträglich eingerichtete Blockhütte inmitten eines urbar gemachten Terrains dastand, welches eine reiche Mais- und Weizenernte versprach. Da kam in einer stürmischen Gewitternacht eine Indianerhorde und brannte Hütte und Saaten nieder, und Richard entkam nur durch die Schnelligkeit seines Pferdes ihren vergifteten Pfeilen und Tomahawks. Ein deutscher Genosse, der sein Farmerleben geteilt hatte, wurde von ihnen erschlagen.«

      »Weiß Gott – das sind der Wechselfälle genug,« rief Ritterhausen aus. »Der arme Mensch! Und dann?«

      »Dann kehrte er in eine der größern Städte im Norden der Union zurück,« antwortete Sibylle. »Dort nahm er seine frühere Beschäftigung, Unterricht in der Musik zu erteilen, wieder auf. Und aus dieser Zeit hatte ich den letzten Brief von ihm ... seitdem keinen mehr!«

      Dreizehntes Kapitel

       Das Alibi

       Inhaltsverzeichnis

      Monsieur Ermanns hatte seinen kleinen Transport über die Rheider Burg dirigiert. Er wollte dort den Untersuchungsrichter sprechen und hören, welche Aussagen Claus gemacht, mit dessen Vernehmung sich der letztgenannte Beamte zu beschäftigen vorhatte, während der Polizeibeamte mit seinem Gefangenen die Exkursion nach dem Hammer machte. Als Ermanns oben auf dem Edelhofe wieder angekommen war und, das Gebäude umgehend, die vordere Seite des alten Schlosses erreicht hatte, sah er ein ungewöhnliches Leben vor demselben – eine vierspännige Equipage, die ein Detachement berittener Guiden umgab, hielt vor dem Haupteingange.

      Der Großherzog war in der Burg. Er hatte eine kleine schwarzgekleidete Dame mitgebracht und dieselbe in das Innere geführt.

      Monsieur Ermanns ließ seinen Gefangenen unten in den Korridor bringen und hier abseits bewachen. Er selbst eilte die Treppe hinauf, und als er in den alten Saal trat, welcher von dem Wohnzimmer des ermordeten Grafen nur durch ein paar Räume getrennt lag, sah er Murat in einer Fensterbrüstung stehen, vor ihm den Untersuchungsrichter, den jener am Knopf gefaßt hielt und auf den er sehr eifrig einredete, während der Beamte selber ein höchst bestürztes Gesicht machte, wohl mehr aus Beklommenheit wegen dieser durchlauchtigen Nähe seines Souveräns als aus irgendeinem andern Grunde.

      »Ah, Monsieur Ermanns,« rief der Großherzog aus, als er den Polizeimann erblickte; und während er dem verlegenen Untersuchungsrichter sofort den Rücken wendete, fuhr er fort: »Kommen Sie herbei, erzählen Sie mir das – Sie haben den Mörder und der Mörder ist nicht dieser verfluchte Hammerschmied, auf den alles als auf den Schuldigen deutete ...«

      »So ist es, Hoheit,« versetzte Ermanns, mit tiefen Verbeugungen näher tretend.

      »Und dieser Mensch, den Sie hier verborgen gefunden haben, ist der Sohn des Hauses – ein Herr von ... von ...«

      »Huckarde, Hoheit.«

      »Huckarde–-richtig!«

      »Was in aller Welt hat diesen Bösewicht so tief heruntergebracht, daß er zum Meuchelmörder geworden ist?«

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