Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ und bedrängten Lage. Je mehr aber die Sorge seinen Geist niederbeugte, desto mehr suchte er sich aufrecht zu erhalten an seinem aristokratischen Standesbewußtsein, an seiner ungebeugten ritterlichen Ehre. Der Hammerbesitzer Ritterhausen hatte durch die Art, wie er seinen Prozeß geführt, meinen Vater tief gekränkt. Dieser hielt es für ein Gebot seiner Ehre, den Mann nicht länger auf seinem Grund und Boden zu lassen und alle Beziehungen mit ihm abzubrechen. Ritterhausen aber kam und zeigte meinem Vater, daß letzterer nicht imstande sei, diese Beziehungen zu lösen. Ritterhausen hatte Schuldforderungen gegen meinen Vater an sich gebracht; er drohte ihm, diese aufs strengste geltend zu machen, meinem Vater sein letztes Gut, sein Haus sequestrieren lassen zu wollen, wenn er ihm den Besitz des Hammers kündige. Mein Vater, ohnehin gebeugt genug durch seine Lage, vereinsamt, menschenscheu, ohne Freundestrost, wurde so erschüttert durch diese neue Verwicklung seiner Verhältnisse, durch den Gedanken, daß er nicht ausführen könne, was er laut und wiederholt bei seiner Ehre gelobt – sich selbst sowie jedem, der es hören wollte – mein Vater, sage ich, gab sich der Verzweiflung hin und machte seinem sorgenvollen Leben ein Ende. Ritterhausen hat an diesem traurigen Schicksal meines Vaters keinen andern Teil. Er hat sein Recht gebraucht. Vielleicht rücksichtsloser und schroffer als er sollte. Sein Ton in seiner letzten Unterredung mit meinem Vater war triumphierend und fast höhnisch. Er verwundete meinen Vater bis ins Herz. Er ist ein ehrlicher, tüchtiger, aber ein rauher, kalter Mann. Wenigstens war er es damals. Mein Vater war nicht gemacht, mit einer solchen Natur zu streiten. Es war ein Unglück, daß das Schicksal sie zusammenführte. Aber ein Verbrechen ist nicht geschehen, und der Verdacht, von welchem Sie reden, ist eine Torheit.«

      »Und doch,« bemerkte hier der Untersuchungsrichter, »trug die Leiche Ihres Vaters eine große, vielleicht tödliche Wunde am Hinterhaupt, als man sie im Flusse fand. Und doch war Ritterhausen, zu ganz ungewöhnlicher Stunde, in der Zeit, wo Ihr Vater seinen Untergang fand, von seiner Wohnung entfernt.«

      »Um des Hammerbesitzers Gänge und Verbleib in jener Nacht habe ich mich nicht bekümmert,« versetzte Richard von Huckarde, »und doch glaube ich, daß er durch das Zeugnis eines Geschäftsfreundes, den er an jenem Abend besuchte, gerechtfertigt ist ... Was die Wunde angeht, so glaube ich, man braucht kein Arzt zu sein, um zu erkennen, daß sie durch das Aufschlagen des Kopfes auf eine scharfe Kante des Gesteins, eine felsige Ecke im Flußbette, entstanden.«

      »Was ist da nun zu machen?« rief Ermanns nachdenklich aus.

      »Aber wollen Sie nicht alle diese Aussagen doch summarisch sofort protokollieren?« sagte er dann zum Untersuchungsrichter gewendet.

      »Ich denke, daß es das Beste sein wird,« versetzte der letztere. »Schreibzeug ist ja hier zur Hand!«

      Und während nun der Untersuchungsrichter am Schreibtisch des ermordeten Grafen zu protokollieren begann, ging Monsieur Ermanns nachdenklich im Gemache auf und ab, zuweilen nur einen plötzlichen Seitenblick über seine Brille hin auf Richard werfend, der seinerseits sich ruhig auf einen der umstehenden Sessel gesetzt hatte und den Kopf auf den Arm stützend zu Boden blickte.

      So verging beinahe eine Viertelstunde, während welcher die Feder des Untersuchungsrichters kritzelnd über das Papier flog. Dieser sah dann auf, legte die Feder fort und fragte: »Sie gestehen also, der Mörder des Grafen Antoine von Epaville zu sein?«

      Richard antwortete bloß durch ein Nicken des Hauptes.

      »So geben Sie uns jetzt eine Erzählung des Hergangs der Tat.«

      »Sie würden mich verpflichten, wenn Sie mir das heute erließen,« erwiderte Richard. »Es wird, hoffe ich, vorderhand genug sein, daß ich Ihnen das Geständnis abgelegt habe.«

      »Seit wann haben Sie Amerika verlassen?« fragte Ermanns dazwischen.

      »Seit sechs Wochen. Ich hielt mich einige Tage in England auf.«

      »Und kamen hier an?«

      »Nun, am Abend vorher.«

      »Vor der Tat?«

      »Ja.«

      »Ließ der Hausmeister Sie in die Burg ein?«

      »Nein, ich sah und sprach niemand. Ich fand die hintere Haustür offen.«

      »Und Sie suchten gleich das Versteck auf?«

      »Mit der Absicht, den jetzigen Eigentümer des Guts von dort aus zu überfallen und meuchlerisch zu ermorden?«

      Richard schwieg.

      »Sagten Sie nicht vorhin, Sie seien erst soeben hierher gekommen und hätten den Hausmeister verführt, Sie trotz des Verbots einzulassen?«

      »Ich sagte so.«

      »Sie taten das, um Ihre frühere Anwesenheit zu verdecken?«

      »Ohne Zweifel!« entgegnete Richard.

      »Der Hausmeister wußte also nicht, daß Sie schon seit zwei Tagen im Schlosse waren, als Sie heute vor ihm erschienen?«

      »Nein.«

      »Und bloß um Ihre Tat zu maskieren, um den Unschuldigen, eben Angekommenen, zu spielen, kehrten Sie zurück?«

      »Sie bemerkten das eben schon.«

      »Weshalb flohen Sie nicht? Den Verbrecher pflegt es doch sonst von der Stätte des Verbrechens fortzutreiben.«

      »Weil – nun, weil ich nicht wußte, wohin fliehen.«

      »Das ist mir keine genügende Antwort, mein Herr von Huckarde. Der Mörder flieht den Anblick seiner Tat, nur um zu fliehen; er rettet sich ins Weite, in die Welt; sich tagelang, sich stille Nächte hindurch in einem einsamen Gebäude neben der Leiche seines Opfers aufzuhalten – das ist etwas, was die Nerven eines Mannes von Bildung, eines Mannes, wie Sie mir scheinen, schwerlich aushalten.«

      »Ich bin gekommen, mein väterliches Haus wieder zu erlangen: Wie hätte ich es wieder verlassen sollen, nachdem ich es endlich nach so langer Reise erreicht!«

      »Wovon lebten Sie die zwei Tage Ihres Verborgenseins hindurch?« fragte Ermanns kopfschüttelnd weiter.

      »Ich habe Sie schon einmal gebeten, meine Herren, Ihr weiteres Verhör auf einen andern Tag zu verschieben. Ich werde Ihnen jetzt keine Antwort mehr geben,« versetzte Richard.

      Der Polizeibeamte schwieg auf diese sehr entschlossen ausgesprochene Aeußerung seines Inquisiten. Er ging wieder auf und ab. Der Untersuchungsrichter protokollierte.

      Nach einer Pause hub Monsieur Ermanns wieder an: »Ich würde Sie vorläufig mit allen weitern Fragen verschonen können, wenn Sie mir noch eine einzige Frage beantworten wollen.«

      »Fragen Sie!«

      »Als Sie erfuhren, daß der Graf von Epaville der jetzige Eigentümer Ihres ehemaligen Guts sei, faßten Sie da sofort den Entschluß, ihn durch Mord aus dem Wege zu schaffen, um nach seinem Tode leichter Ihre Besitzrechte erlangen zu können?«

      Richard, der die Stirn in die Hand gestützt, wie in träumerisches Sinnen verloren, immer noch dasaß, antwortete ein kaum verständliches, hingemurmeltes: »Schreiben Sie nur so!«

      »Aber welche Vorstellung machten Sie sich denn eigentlich von dem Vorteil, welchen Ihnen ein schreckliches Verbrechen bringen werde?« fuhr Ermanns fort. »Ihr СКАЧАТЬ