Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe - Levin Schücking страница 72

Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

isbn:

СКАЧАТЬ wunderlicher Gast gewesen, bald sei er im Schloß versteckt, bald fort, draußen im Wald oder der Himmel wisse wo, gewesen und nicht zu Mittag noch zu Abend erschienen. Gestern und heute habe er nichts von ihm gesehen, aber am vorgestrigen Tage habe er ihn gesehen und ihm Abendessen gegeben.«

      »Also doch!« sagte Sibylle schwer aufatmend, denn diese Mitteilung war nicht geeignet, die Last zu erleichtern, welche auf ihrem Herzen lag. Ich danke dir, Heinrich, und hier hast du etwas zu einem frischen Trunke. Daß du schweigst, brauche ich dir nicht zu empfehlen!«

      Damit wandte sie sich und schlüpfte wieder durch das Gittertörchen in den Garten zurück, wurde aber nicht wenig betroffen, als ihr hier, ganz nahe der Umfassungshecke, der Polizeibeamte, Monsieur Ermanns, begegnete. Er begrüßte sie äußerst höflich und sagte: »Mademoiselle Ritterhausen, wenn ich nicht irre ...«

      »Die bin ich,« antwortete Sibylle mit einer kurzen Verbeugung.

      »Ich nehme mir die Freiheit, Ihre reizende Besitzung zu besichtigen,« sagte der Employé, »ich finde die Lage ganz ausgezeichnet. Wie schön ist dies kleine Flußtal! Wie malerisch! Und wie romantisch blickt das alte Kastell dort von seiner Höhe herab! Wirklich ein beneidenswerter Aufenthalt hier. Wer hier ruhig seine Tage verleben könnte, frei von all den vermaledeiten Amtsplackereien und Dienstscherereien ...«

      »Sie würden es den Winter doch nicht aushalten in solcher Einsamkeit,« versetzte Sibylle, um auf des höflichen Mannes Reden etwas zu antworten.

      »Es käme dann freilich ein wenig auf die Gesellschaft an,« erwiderte Monsieur Ermanns lächelnd, »in so guter, wie ich sie hier finde, würde ich einen isländischen Winter hindurch vergnügt sein. Ich liebe das Landleben über alles. Sie erlauben mir ja, daß ich mich ein wenig hier umsehe? Und das Hammerwerk darf ich ja auch wohl betreten? Sie können ganz sicher sein, daß ich keine indiskreten Blicke in Ihre Fabrikationsgeheimnisse werfen werde – ich verstehe nichts davon – aber es interessiert mich, ich habe niemals ein solches Eisenwerk gesehen – und dieser Mann da,« fuhr der Fremde auf den Arbeiter deutend fort, der noch immer im Hintergrunde stand, weil er sich scheute, an den Redenden in dem schmalen Gartenpfade vorüberzugehen, »dieser Mann hat wohl die Gefälligkeit mich zu führen!«

      »Geh mit dem Herrn, Heinrich,« wandte sich Sibylle an diesen, »und zeige ihm den Hammer! und dann machte sie dem Employé abermals eine Verbeugung und ging an ihm vorüber dem Hause zu.

      »Liebe Leute – die Ritterhausen,« wandte sich der Polizeibeamte nun an den Arbeiter mit einem äußerst freundlichen Gesicht, »man freut sich ordentlich, eine so biedere, solide, wohlhabende Familie zu sehen. Es gibt ihrer wenig solche, mein guter Freund, das kann ich Ihm versichern; unsereins hat Gelegenheit, das zu erfahren. Es ist gar viel Schwindel in der Welt, namentlich in Eurer Hauptstadt Düsseldorf, das ist ein gewaltiges Schwindlervölkchen.«

      »Ja,« antwortete der große Hammerschmied gutmütig lachend, indem er neben dem gesprächigen Beamten weiter ging und an der Hecke des Gartens hin den Schmiedegebäuden zuschritt, »das rührt noch aus der Pfälzer Zeit her – die Leute in der Pfalz sind ein lustig Volk und die haben’s mit herübergebracht!. Und nun die Franzosen drin sind ...«

      »Wird es nicht besser werden, meint Er, ehrlicher Mann? – Nun, Er kann wohl recht haben!« versetzte Monsieur Ermanns. – »Ah, da ist ja wohl der Hammer, lauter solide, tüchtig in stand gehaltene Gebäulichkeiten – das macht einen andern Eindruck, alles was man hier sieht, als das verkommene alte Haus, die Burg wie man hier sagt, da droben!«

      »Ja, gottlob!« erwiderte Heinrich.

      »Ihr waret wohl schon oben, auch im Innern des alten Kastells?«

      »Schon manchmal!«

      »Wenn ich recht sah, kamt Ihr eben von da herunter. Mamsell Sibylle hatte Euch einen Auftrag gegeben?«

      »O das nicht gerade,« versetzte der Arbeiter ein wenig verlegen.

      »So hatte sie Euch eine Botschaft aufgetragen,« fuhr Ermanns fort, »Ihr habt wohl einmal zuhören sollen, welche Wendung die Untersuchung nehme und was die Herren, die heute oben waren, zu dem Fall gesagt haben? Man weiß ja, die Damen sind ein wenig neugierig.«

      »Es ist aber doch nicht so,« sagte der Arbeiter, »ich war bloß oben, um dem Hausmeister Claus etwas zu sagen.«

      »So, dem Hausmeister Claus – von der Mamsell Ritterhausen? Und was solltet Ihr ihm sagen?« fragte Monsieur Ermanns plötzlich mit einem außerordentlich scharfen Tone.

      »Was Mamsell Sibylle mir aufgetragen hat.«

      »Was sie Euch aufgetragen hat! Etwa eine Erkundigung, wie Claus geschlafen habe?«

      »Das nicht gerade!«

      »Kennt Mamsell Sibylle den Claus?«

      »Ja, Herr, sicherlich.«

      »Kennt sie das Innere der Burg?«

      »Gewiß; früher, als Mamsell Sibylle noch ein Kind war und die Huckarde noch auf der Burg wohnten, da ist sie fast alle Tage droben gewesen und hat mit dem jungen Herrn Richard gespielt – dazumal war der Prozeß noch nicht im Gange, und von da her kennt sie die Burg und den Claus gar wohl.«

      »Und weil sie so gut und schön ist, geht der alte Claus durch Feuer und Wasser für Mamsell Sibylle?« fragte der Polizeibeamte.

      »So wird es wohl sein!« versetzte lächelnd Heinrich. »Besonders, wenn er ein ordentliches Trinkgeld dabei verdient.«

      »Also,« fuhr Monsieur Ermanns fort, indem er sich auf dem Platze, wo sie sich befanden, einem zwischen der hintern Seite des Wohngebäudes und den Hammerwerkstätten versteckt liegenden Winkel gemütlich auf einen Haufen Bauholz setzte, welches hier aufgeschichtet lag, »also, nun brauchten wir bloß noch zu hören, was Ihr im Auftrage der Demoiselle dem Hausmeister habt ausrichten müssen, und dann könnten wir weiter gehen, um uns die Hammerschmiede anzuschauen. Ich muß das aber vorher wissen, mein guter Freund, denn dies zu erfahren, bin ich so begierig, daß ich gar kein Vergnügen an dem Beschauen Eurer famosen Eisenfabrik haben würde, ehe ich es nicht gehört!«

      »Aber, mein Gott, was geht es Euch denn an?« platzte der Hammerschmied heraus.

      »Ja, was geht es mich an! Eigentlich nichts, gar nichts. Da habt Ihr völlig recht. Aber seht, Heinrich – Heinrich heißt Ihr, nicht wahr? – seht, Heinrich, ich bin nun einmal von unserm Herrgott so neugierig geschaffen ...«

      »Kann Euch aber doch nicht helfen,« brummte der rußige Mensch, dem des Ausfragens zuviel wurde, »Geht und fragt Mamsell Sibylle selbst, und wenn Ihr’s gehört habt, so könnt Ihr nachkommen und in der Schmiede nur nach dem Heinrich fragen, ich will dann schon zur Hand sein und Euch alles zeigen.«

      Und damit wendete der Arbeiter dem Employé den Rücken und machte Miene, ihn auf seinem Bauholz sitzen zu lassen, solange er Lust habe.

      »Halt, mein Freund,« rief aber jetzt der Beamte in einem sehr schneidenden Tone, »ich muß Euch darauf aufmerksam machen, daß Ihr in einem kleinen Irrtum befangen seid, wenn Ihr nämlich glaubt, ich plaudere mit Euch, um die Zeit gemütlich totzuschlagen. Ihr müßt wissen, daß Ihr vor einer obrigkeitlichen Person steht, welche alle Vollmachten hat, zu tun und zu verfügen, was ihr irgend notwendig scheint, um dem in der Rheider Burg begangenen Verbrechen auf die Spur zu kommen. Wir haben uns bis jetzt ganz freundschaftlich über den Fall unterhalten, und wenn Ihr es wünscht, Meister Heinrich, so fahren wir in dem Tone fort und Ihr erzählt mir nun СКАЧАТЬ