Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ mit dem harmlosesten Tone von der Welt und gleich als ob er den Hammerbesitzer damit aufziehen wolle, Monsieur Ermanns.

      »Ich – o nicht bedeutend! Ich hatte allerdings eine Forderung. Doch habe ich auch später aus dem Nachlaß eine Zahlung erhalten.«

      »Es würde mich auch wundernehmen,« fiel der Employé ein, »wenn Sie nicht hätten einiges Blut lassen müssen. Diese Herren Cidevants in der guten alten Zeit waren im Geldborgen bei ihren wohlhabenden Nachbarn nicht blöde. Sie waren dann höchst herablassend gegen den ersten besten Noturier, wenn er nur Mosen hatte und die Propheten.«

      »Ich stand nicht auf gutem Fuße mit dem alten Herrn. Wir führten einen Prozeß miteinander.«

      »Den er verlor – oder gewann?«

      »Gewann!« sagte Ritterhausen.

      »Und doch verloren Sie einen Posten an ihn?« fragte Monsieur Ermanns in seiner unbefangenen Harmlosigkeit und sein Glas zum Munde führend weiter.

      »Es war eine Summe, die er ursprünglich einem andern schuldete und welche mir übertragen worden war.«

      »Ach, ich verstehe,« lachte der Employé. »Sie hatten sie sich übertragen lassen, um ihm damit ein Paroli zu bieten, wenn er über seinen gewonnenen Prozeß zu laut triumphieren würde!«

      »Nicht doch,« erwiderte Ritterhausen, sein Gesicht abwendend, »ich hatte mir die Forderung von einem Freunde, der auf der Stelle Geld bedurfte, aufschwätzen lassen.«

      »Nun und dann?«

      »Dann starb der alte Huckarde und ich habe für meine Forderung erst lange nachher von der bergischen Domänenkammer eine teilweise Zahlung erhalten.«

      »Forderten Sie denn die Summe nicht schon von dem alten Schuldenmacher selber ein?«

      »Das wohl, er konnte aber eben nicht zahlen.«

      »Und gewiß war er ganz unverschämt ruhig und gleichgültig dabei, als er Ihnen erklärte, Sie würden nicht das mindeste von ihm erhalten? Diese alten Junker von ehemals hatten einen neidenswerten Gleichmut, wenn sie die Leute prellten!«

      Ritterhausens Gesicht hatte sich immer mehr verdüstert bei den Erinnerungen, in welche die Fragen des Employés ihn versetzten. Doch waren die Ansichten, welche dieser Mann äußerte, im ganzen so übereinstimmend mit den seinigen, daß er keinen Grund fand, sich nicht auszusprechen; im Gegenteil, er fand nach und nach eine gewisse Genugtuung und Befriedigung darin, mit einem Fremden, der im allgemeinen dachte wie er selbst, einmal über Dinge zu sprechen, welche auf seiner Seele lasteten und von denen er mit Bekannten niemals redete.

      »So unverschämt ruhig war der alte Huckarde nun doch nicht,« versetzte Ritterhausen darum offen auf des Employés letzte Frage, »Im Gegenteil, er war sehr betroffen. Infolge seines gewonnenen Prozesses glaubte er das Recht zu haben, mir die Pachtung dieses Hammers zu nehmen. Ich ging zu ihm, um ihm begreiflich zu machen, daß es nicht politisch von ihm gehandelt sein würde, nach der ganzen Strenge des Rechts gegen mich zu verfahren, weil ich alsdann auch mein Recht gegen ihn würde zu verfolgen wissen.«

      »Sie hätten ihn wegen Ihrer Forderung eingeklagt und exekutieren lassen,« fiel Monsieur Ermanns spöttisch lachend ein. »Sehr gut das – die Geschichte gefällt mir; ich hätte es gerade so gemacht – wahrhaftig! Er hütete sich doch jetzt, mit Ihnen weiter anzubinden?«

      »Jeder andere Mann hätte zurückgehalten – aber dieser Huckarde war ein Mensch voll all der Vorurteile seines Standes. Er erklärte mir, er müsse mir die Pachtung des Hammers dennoch nehmen, denn daß er es tun werde, das habe er seit langem schon auf seine Ehre versichert, jedem, der es hören wollte; seine – Ehre dulde es nun nicht anders!«

      »Sieh, sieh, sieh! Kann man auf verrücktere Weise sich betragen! Es war ein unverbesserliches Geschlecht, diese Menschen! Er wollte also darauf bestehen, Sie von Ihrer Hammerpachtung zu vertreiben? Welche abscheuliche Rücksichtslosigkeit! Sie hatten gewiß ganz außerordentlich viel in die Besitzung gesteckt, sie verbessert, vergrößert – und trotzdem wollte der unsinnige Tyrann sie Ihnen nehmen?«

      »Meine Voreltern haben den Hammer seit undenklichen Zeiten innegehabt. Wir haben ihn nicht allein verbessert und vergrößert, sondern wir haben ihn, darf ich sagen, eigentlich erst geschaffen und gebaut. Vor hundert Jahren mag es ein winziges Ding, eine jämmerliche Anlage gewesen sein!«

      »Aber was geschah dann?« fragte Ermanns.

      »Der Alte starb eben.«

      »Der Teufel holte ihn! Nun, das war das Beste für Sie, denn nun hielten Sie den Hammer!«

      »Ich hielt ihn!« antwortete Ritterhausen trocken.

      Der Polizeibeamte warf abermals einen eigentümlich forschenden Seitenblick auf den Hammerbesitzer. Dann sagte er gähnend: »Jetzt will ich Sie aber nicht länger belästigen. Da Sie so freundlich waren, mir ein kleines Zimmer einräumen zu lassen, erlauben Sie mir, daß ich mich dorthin zurückziehe. Ich weiß nicht, tut es die außergewöhnliche Anstrengung, die ich mir habe heute zumuten müssen oder ist es Ihr Wein – ich fühle das Bedürfnis, ein wenig zu ruhen.«

      »Ganz wie es Ihnen beliebt,« versetzte Ritterhausen, indem er die Klingel rührte und der eintretenden Dienerin befahl, den Herrn auf sein Zimmer zu führen.

      Als Sibylle nach einer Weile in die Wohnstube trat und den Vater nach dem neuen Gaste fragte, antwortete dieser: »Es ist ein Monsieur Ermanns, Angestellter bei der Polizei, der sich hier einquartiert, um von hier aus Untersuchungen über die Mordtat vorzunehmen; aber was der ans Tageslicht bringt, wird wahrhaftig blutwenig sein! Ein gemütlicherer Polizeimensch ist mir nie vorgekommen. Trinken und Schwatzen scheinen ihm viel angenehmere Beschäftigungen, als sich mit Morduntersuchungen zu plagen. Er ist überzeugt, daß der Graf Epaville sich selbst ums Leben gebracht hat – diese Annahme hat auch viel für sich; aber es machte mir doch einen beinahe komischen Eindruck, ihn seine Ansicht verteidigen zu hören, denn er war sicherlich nur deshalb dafür, weil ihm die Sache auf diese Weise die wenigste Schererei macht. Er ist nach oben gegangen und hat sich aufs Ohr gelegt, um zu schlafen. Du liebe Zeit! Welche Menschen drängen sich heutzutage in Stellen und Aemter, zehren von unsern sauer aufgebrachten Steuern und stehlen dem lieben Herrgott den Tag ab!«

      »Wird er den Abend mit uns speisen?« fragte Sibylle.

      »Ganz ohne Zweifel, Er wird sicher mit uns speisen und auch trinken! Du kannst deine Anstalten danach treffen!«

      Sibylle hatte von dem Hammerschmied, den sie auf die Burg gesendet, noch immer keine Nachricht erhalten. Sie ging bald wieder hinaus und in den Garten, wohin ihr Bote kommen wollte, um ihr Bericht abzustatten, sobald er von der Rheider Burg zurück sei. Nachdem sie eine Weile im Garten auf und ab gegangen, sah sie den sehnlich Erwarteten denn auch auf dem Fußwege jenseits des Flusses endlich daherkommen und dann über den Steg schreiten, der über dem Gewässer lag. Unruhig bewegt eilte sie ihm durch das kleine Gartentür entgegen und begegnete ihm auf dem Grasrain, der zwischen dem Garten und dem Flußufer lag.

      »Hast du Claus sprechen können?« fragte sie in beinahe atemloser Hast.

      »Ja, Mamsell Ritterhausen.«

      »Und was sagte er?«

      »Er sah mich verstört und ängstlich an; der ganze Mensch ist verstört und spricht unsinniges Zeug durcheinander. Als ich von einem Deserteur anfing, rief er, er wisse nichts von einem Deserteur, und ob ich ihn auch ausfragen und ins Verhör СКАЧАТЬ