Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ Ergötzlichkeit anzusehen. Und diese Pferde! Det arme Biesterzeug! Na, bei diese Schwadron sollte ick Rittmeister sind ... da würden die Haselstöcke un Karbatschen im Lande deuer werden ... ick würde euch zeigen, wat striegeln is! Un da dervor looft nu der Österreicher! Ick habe immer Achtung jehabt vor diese Menschengattung, denn wat dat Riemenzeug angeht, so haben sie et immer blank und fleißig jewichst, un die Haltung is nich übel, man sieht, dat se von det preußische Militär wat gelernt und profitiert haben – aber vor diese Männekens auszukneifen, det wäre doch meiner militärischen Ehre zu nahe, det is eene unüberlegte Handlungsweise, wofür se alle miteinander ...« »Papa, Papa, süch enß!« rief in diesem Augenblick Drickeschen von seinem erhöhten Standpunkte aus, »de Jungfer Traud!«

      »Wo ist die Jungfer Traudchen?« fragte der Professor.

      Drickeschen glitt behende von der Schulter des Herrn Stevenberg herab, der sehr bereitwillig seiner ersten leisen Andeutung, von dem Hochsitz herunter zu wollen, nachgegeben hatte, denn dem Wappenmaler begann die Last nachgerade schwer zu werden – und behende wie ein Kobold wand Drickeschen sich durch die dicht stehenden Menschen, um nach wenig Augenblicken Traudchen, die er am Kleide gefaßt hielt, herbeizuzerren, obwohl sie wenig Lust zu haben schien, ihm zu folgen.

      Das junge Mädchen sah aufgeregt und wie von Eile gerötet aus.

      »Traudchen,« rief der Professor, »wohin so eilig?«

      »Ich will fort, Herr Professor!«

      »Fort? Wohin? War Sie bei dem General?« erwiderte Bracht, indem er seine Stimme zum Flüstern dämpfte.

      Ich konnte nicht mehr zu ihm gelangen«, antwortete sie in demselben Tone. »Er stand im Begriff, den abgezogenen Truppen nach abzureisen.«

      »Und der Ripperda ...«

      »Gott sei Dank,« fiel Traudchen tief atmend ein, »er ist in der vorigen Nacht auch auf und davon – der Frau Zappes hat er gesagt, die Franzosen schössen jeden Emigranten tot, den sie trafen, darum hat er es so eilig gehabt.«

      »Und Sie, Traudchen, will nun wirklich fort, um Hubert Bender aufzusuchen?«

      »Ich will, noch heute«, antwortete sie lebhaft und entschlossen. »Ich habe eine vortreffliche Reisegesellschaft getroffen, eine zuverlässige Frau, die den österreichischen Truppen nachzieht und mich mit sich nimmt – als Marketenderin. In Deutz wartet sie auf mich – ich bin im besten Schutz – wir reisen zusammen ins Süderland ...«

      »Herjes, rief hier der preußische Husar, der das hübsche Mädchen mit großem Wohlgefallen und seinen Schnurrbart streichelnd betrachtet hatte ... »von Reisen ins Süderland redet diese charmante Demoiselle, na, da nehmen Sie mir man als ufmerksamen und galanten Chapeau mit, da will ick ja justement ooch hin!«

      Traudchen warf einen flüchtigen Blick auf ihn, dann reichte sie Bracht die Hand und sagte: »Leben Sie wohl, Herr Professor, ich muß eilen und den Augenblick benutzen, der Ohm Gymnich ist drüben auf dem Neumarkt in voller Tätigkeit, mit seinen Genossen einen Freiheitsbaum aufzupflanzen. So kann ich ungestört von ihm meine wenigen Sachen zusammenpacken. Leben Sie wohl – haben Sie keine Sorge um mich!«

      Bracht erwiderte warm den Druck ihrer Hand und schaute ihr bewegt nach, als sie rasch im Gedränge verschwand.

      Zwölftes Kapitel

       Der neue Jägermeister

       Inhaltsverzeichnis

      Wir haben unsern Lesern bereits in einigen Worten eine allgemeine Vorstellung von Schloß Ruppenstein mit dem zu seinen Füßen liegenden Städtchen gegeben. Was den Charakter der ganzen Gegend betrifft, so sah diese vor mehr als hundert Jahren jedenfalls dergestalt aus, daß es schien, als habe sie der liebe Gott mit besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse von Falken, Habichten und wilden Schweinen gemacht, weniger in der Absicht, daß sich Menschen hier ansiedeln und wohlfühlen sollten. Rauhe Berge, oben nackt und kahl und frostig anzusehen, schlossen den Hintergrund in Osten und Süden. Mit dichten Waldungen, mit dunkeln und melancholischen Tannen bedeckte Hügel nahmen den Mittelgrund ein, wahrend irgendein schäumender, rauschender Gebirgsbach durch eine der schmalen Schluchten dieser Hügel hervorbricht, und dann talwärts so rasch und keck daherschießt über Geröll und Felsgeschiebe, daß man sieht, das wilde Gebirgskind hat keine Furcht, da unten seine Freiheit zu verlieren; keine Furcht, in diesem Tale würden Menschen kommen, schlaue betriebsame Menschen, und beuten seine Wasser aus, um ihn zum Mahlen ihres Korns, zum Drehen von großen Rädern an Drahtrollen und Eisenhämmern, oder zum Bewässern magerer, unfruchtbarer Wiesen zu mißbrauchen: und deshalb zeigt sich der Sohn des Gebirges so mutwillig und unbändig, er schlägt Bogen wie ein Aal, den ein Fischer am Kopf gepackt hat; und je nachdem ihn die Laune erfaßt, rieselt er zuweilen durch die einzelnen Rinnen in so dünnen Wasserfaden, als könne kein aus den Wäldern niedersteigendes Reh seinen Durst in ihm löschen; und zu andern Zeiten schwemmt er Wassermassen und Güsse daher, als wolle er eine Welt überfluten; immer aber läuft er mit der Hast eines Schelms, der sich nicht fangen lassen will.

      Für die Falken und die Eber nannten wir diese Gegend geschaffen. Sie sind auch gekommen, sich darin anzusiedeln: Falken, deren wilder Schrei einsam um den nackten Felsgrat gellt, und andere Raubvögel, deren Nester auf den Vorbergen aufgebaut sind, fest aus Steinen gefügt, mit Mauern, Giebeln und runden Türmen; Eber, deren Rüssel den Boden der mastreichen Eichenwälder aufwühlen, und andere, deren Hauer einst von Eisen und Stahl waren wie die der »Eber der Ardennen«. Ein wildes Geschlecht, von Jagd und Fehde und Kampf gestählt, freiheitsdurstig wie der Falke und gewalttätig wie der Eber, hat Besitz von diesen einsamen Tälern und Halden genommen, wo es, von der Welt abgeschieden, ungehindert seinen Instinkten nachhängen und sich den Leidenschaften hingeben konnte, zu denen sein Naturell es führte. Und was die andern Menschen betraf, die, welche sich »im Schutze« der Schlösser und Burgen angebaut hatten, so konnten sie wenigstens darüber nicht klagen, daß ihnen das Schicksal die Gelegenheiten versagt habe, sich Ansprüche auf eine besondere Berücksichtigung bei der letzten Ausgleichung aller irdischen Dinge zu verdienen; es waren ihnen vollauf dazu Mittel geboten. Sie hatten um sich her eine sterile Natur, die ihnen zähe vorenthielt, was ihr nicht durch die äußerste Anstrengung entrissen wurde; sie hatten um sich her Wälder, welche nicht ihnen gehörten, und Wild darin, das sie nicht erlegen, in den Bächen hatten sie Fische, welche sie nicht fangen durften: sie hatten Steuern von allen Arten, und hatten in den Tagen, von denen wir reden, als Schützer und Hort und Landesvater – Philipp den Tollen!

      Und doch lebten sie, und wenn sie arm waren, so bewahrte sie doch eine zähe Ausdauer, eine nicht zu erstickende Energie vor dem äußersten, unmenschlichen Elend, dem ein Stamm von geringerer Widerstandskraft, von geringerer Hartnäckigkeit vielleicht verfallen wäre. In ältern Zeiten hatten sie sich nachdrücklich zu schützen gewußt, wenn die Falken gar zu keck aus ihren festen Nestern hervorgekommen waren, um auf ihre Beute zu stoßen; wenn die Eber gar zu wild geworden und in ihre Hürden gebrochen, als Brecher des Friedens und des Gesetzes. Was da noch das Bewußtsein der uralt vererbten Freiheit besessen, das hatte sich nach dem altfreien Väterbrauch zusammengetan und in schlichter derber Kürze sich sein Recht genommen gegen femwrogige Mannen. An irgendeiner alten Malstätte, unter einer Eiche, oder einem Holunderstrauch saß dann eine Gruppe von Bauern mit derben Armen und schwieligen Fäusten, im Flieswams oder im Zwillichkittel; die tauschten eine kurze Weile allerlei Sprüche und aus verschollenen grauen Urzeiten bewahrte Reime, und darauf ihre Meinungen und Gedanken über die Sache, um derentwillen sie zusammengetreten, aus; und danach gingen sie und hängten einen gefangenen Mann mit einem Weidenstrick an den nächsten passenden Waldbaum. Oft auch war der Missetäter nicht gekommen; es war ein mächtiger Herr, den Mauer und Bellfried seiner Burg schirmte: aber Tor und Riegel und Waffen halfen СКАЧАТЬ