Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe. Levin Schücking
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Название: Levin Schücking: Historische Romane, Heimatromane, Erzählungen & Briefe

Автор: Levin Schücking

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075838650

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СКАЧАТЬ stehen blieb. »O Gott, o mein Heiland, Hilfe, Hilfe!« Karo hob ein wütendes Gebell an.

      »O gütiger Jesus!« stöhnte Herr von Driesch fort, wie von Todesangst regungslos; aber ein infamer Schmerz an seinem Beine machte ihn bald wieder lebendig. Er bückte sich und fuhr mit der Hand danach; er fühlte eine dicke Eisenstange; als er hinleuchtete, sah er, daß sein Fuß in einer unmenschlich großen und tief in der Erde festgerammten Wolfsfalle stak, die um sein Schienbein geschlagen und mit langen eisernen Spitzen durch den Stulpstiefel bis in das Fleisch gedrungen war. Er setzte die Laterne auf den Boden, um sie aufspringen zu machen; aber sie war ganz anders, schien es ihm, als gewöhnliche Wolfsfallen, das Federwerk war eingeschnellt und wollte nicht wieder aufgehen – er riß und drückte – es vermehrte nur den höllischen Schmerz an den Spitzen – plötzlich fuhr ihm ein heftiger Stoß in die Rippen, von der andern Seite ein zweiter – er fuhr auf und fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Zur Rechten, hinter dem nächsten Baumstamm her, blickte ihn ein Gesicht an, ein scheußliches Gesicht, und darunter streckte sich ein Arm aus, der mit einer langen Stange auf ihn losdrosch. Das Gesicht war verzerrt, tolle Freude und der grimmigste Hohn jauchzte heraus; und obgleich das Licht, das aus der am Boden stehenden Leuchte fiel, nur matt flackerte, sah Herr von Driesch doch gleich, daß es das Gesicht seines Feindes Katterbach war; ihm gegenüber, hinter einer andern Eiche zur Linken, stand der lange Philipp, ebenso bewaffnet, ebenso rüstig mit seiner Stange ausholend. Hinter ihm trat ein Dritter aus dem Gebüsch – es schien der Schatzgräber zu sein – und ging mit gezogenem Hirschfänger auf Karo los, der anfing mörderlich zu heulen und dann alle viere in die angestrengteste Tätigkeit setzte.

      Herr von Driesch saß im eigentlichsten Sinne in der schrecklichsten Klemme. Befreien konnte er sich nicht, und die langen. Stangen fielen wie Dreschflegel auf ihn nieder. – »Mord, Mord, Hilfe!« schrie er dann; »infernalische Bosheit, o ihr Hunde!« – Sein Schrecken ging in Verzweiflung über. Er zog den Hirschfänger, reckte sich rechts und links, so weit ihm die Falle erlaubte, sich auszulegen, und haute wie ein Rasender um sich; aber die Hiebe trafen nur die Rinde der Eichenstämme, hinter denen seine Peiniger standen.

      Nach fünf Minuten warf Philipp seine Stange fort. »Nein, haltet ein, Herr Vetter,« sagte er, »das ist mein Seel' ein schlechter Kram, zwei über einen, der in der Falle sitzt. Ein Schuft, der ihm weiter was anhat. Laßt'n in der Klemme brummen diese Nacht, das ist genug!«

      Philipp ging in weitem Umkreise um den Angegriffenen her und trat hinter den fortwütenden Vetter, um ihm die Stange fortzunehmen. Aber noch bevor er sie gefaßt hatte, hörte man etwa fünfzig Schritt weit hinten im Walde Geräusch –ein Knall, ein Schuß blitzte, und eine Kugel schlug über Katterbachs Kopf in den Baum. Dieser fuhr zurück, wenige Augenblicke, und ein junger Mensch stand vor ihm, der mit einem geschickten Griff in seine Halsbinde fuhr, sie zusammendrehte und im Nu den dicken Körper des Hofrats an die Erde schleuderte, worauf er seinen Fuß ihm auf den Nacken setzte, die Arme über der Brust zusammenschlug und dastand, so voll leuchtenden Zornes, als sei er der Erzengel Michael, der den Feind unter seine Füße geworfen hat. Sein Hut war ihm abgefallen, sein blondes Haar hing in ungeordneten Locken um den Kopf, das Gesicht glänzte, von dem dürftigen Lichtschimmer beschienen, und die ganze Erscheinung war so fremdartig schön, daß Philipp einen Augenblick stutzte und dann an Flucht dachte, statt seinem Vetter zu Hilfe zu kommen. Aber Philipp hatte Herz und Bravour; er faßte sich und griff mit der Hand nach den Locken des Fremden, um ihn von Katterbach fortzureißen.

      Es mißglückte; die Mündung eines blitzenden Büchsenlaufs fuhr ihm ins Gesicht, daß er taumelte.

      »Ruhig, Schufte, sonst fahrt ihr alle beide stantepeh zum Teufel!« rief ein zweiter Heraneilender, der dies Manöver mit der Büchse gemacht hatte. Es war der Jäger des Herrn von Driesch; er hatte nur gezögert, heranzukommen, um erst sein Gewehr wieder zu laden, was ihm in der Dunkelheit aber nicht gelingen wollte; nun sprang er herbei, um Bernhard zu unterstützen, der der zuerst Angreifende gewesen. Der Jäger wollte Philipp fassen, dieser aber war behend genug, zur Seite zu springen, mit einer raschen Fußbewegung die Laterne umzustoßen und dann das Weite zu suchen, wo keine Verfolgung mehr möglich war und wohin sich längst der Reitknecht in Sicherheit gebracht hatte. Er hätte gern den gefangenen Katterbach befreit; aber er war ohne andere Waffen als ein Weidmesser; mit den Reiterpistolen war der Knecht beladen und fort damit; Philipp konnte gegen zwei mit einer Büchse Bewaffnete nichts ausrichten und floh in den dunklen Wald hinein.

      »Die Spitzbuben,« sagte Anton, indem er mit dem Kolben seiner Büchse Katterbach einen heftigen Stoß in die Seite gab; »aber wart', dem wollen wir's eintränken.«

      »Ich will ihn schon halten, Anton! Geh nur, geh und mache den gnädigen Herrn frei.«

      Anton richtete die Laterne wieder auf und sah jetzt erst, weshalb Herr von Driesch so unbeweglich, den gebückten Oberkörper auf seine Arme stützend, die wieder auf dem in die Erde gesenkten Hirschfänger ruhten, dastand und leise, vor sich hinstöhnte.

      »Herr Jesus! Um Gottes willen! 'n Menschen wie'n unvernünftiges Tier in 'ne Wolfsfalle zu kriegen! O was 'ne Bosheit! Ach, Ew. arme Gnaden! – Mit der Hundepeitsche sollt' man drüber her; wart' nur! Halten Sie fest, Herr!« Anton brachte seine Büchse zwischen die Stangen, die sich um das Bein seines Herrn geklemmt hatten, um, wie mit einem Hebel sie so auseinander zu sprengen. Es wollte lange nicht gelingen, er hatte zu arbeiten, daß ihm der Schweiß von der Stirn troff.

      Unterdes lag seitwärts der Drache noch immer auf dem gelben Laube, des Erzengels Fuß noch immer auf seinem Nacken. Katterbach war korpulent und unbehilflich; er hätte Mühe gehabt, nach einem bloßen Falle sich wieder zu erheben; so fest niedergehalten, war es ihm unmöglich. Bernhard fühlte und sah sein fortwährendes Hin-und Herzucken und Arbeiten; dazwischen hörte er ihn murmeln, als ob er von Sinnen sei; hier und da ein vernehmliches Wort; es war ein Fluch. Aber er war und blieb gefangen; Bernhard war zu empört über den feigen, grausamen Streich; mochte daraus werden, was es wolle – er hielt fest.

      Der Hofrat wandte mit einem Male heftig den Kopf mit den von allerhand inneren Grimmigkeiten und Schärfen furchtbar zerschnittenen Zügen – Herr von Driesch hätte nur so von der Vogelperspektive aus auf dies halbbeleuchtete wütig verzerrte Gesieht blicken dürfen, um zu schwören, es sei ein Waldteufel – er wandte den Kopf nach Bernhard hin, daß dessen Fuß auf seinen Hals zu stehen kam.

      »Junge,« sagte er leise, »du bist Bernhard Fahrstein!«

      Bernhard würdigte ihn keiner Antwort, neigte sich aber zu ihm nieder, um ihn besser zu verstehen.

      Der Hofrat murmelte leise einige Worte; dann noch einige; plötzlich fuhr Bernhards Fuß von ihm zurück, als hätte ihn eine Viper hineingestochen. Er stand starr wie eine Bildsäule; dann schlug er die Hände heftig an die Stirn und lehnte diese, als habe er eine Stütze nötig, an den Stamm der nächsten Eiche.

      Katterbach arbeitete sich in die Höhe; er reckte sich aus, gab einen Ruf von sich wie das Gewieher eines Tieres und stolperte davon in den dunklen Wald hinein. Antons Büchse war blitzschnell gerichtet, der Hahn knickte und sprühte eine ganze Funkengarbe, aber kein Schuß; – sie war nicht geladen; den Hofrat nahm die Nacht in ihre rettenden Arme.

      »Alle Teufel! Was habt Ihr ihn laufen lassen? Das ist ja infamig dummes Zeug von Euch!« fluchte Anton; »ja, nun steht nur da, als wenn ihr behext wäret!« Er brachte zornig den Lauf wieder in die Falle. »Nun, Herr Bernhard, was ist Euch denn?«

      Bernhard antwortete nicht; auch Herr von Driesch war seit einigen Augenblicken so stille geworden, daß es Anton ganz unheimlich ward; er bot seine letzte Kraft auf; die Falle knackte; sie war zersprungen, endlich, mitten auseinander. In demselben Augenblick fing Herr von Driesch an zu wanken, stolperte einen Schritt voran und lag ohnmächtig in Antons Armen.

      »Der arme Ew. Gnaden!« sagte Anton tiefbetrübt; »nun, Herr, helft jetzt, in drei Teufels Namen!«

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