Die Jahre. Virginia Woolf
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Название: Die Jahre

Автор: Virginia Woolf

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726643015

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СКАЧАТЬ ist brütig«, sagte ihr Vater, den andern zublinzelnd. »Es ist ihr Mietertag.«

      Alle lachten; Eleanor hatte gemeint, er spreche von Rover, dem Hund mit dem goldroten Fell, während er tatsächlich von den Haaren der Mrs. Egerton gesprochen hatte. Crosby, die die Suppe reichte, verzog das Gesicht, weil auch sie das Lachen ankam. Der Oberst brachte manchmal Crosby so sehr zum Lachen, daß sie sich abwenden und an der Anrichte zu schaffen machen mußte.

      »Oh, Mrs. Egerton ... « sagte Eleanor und begann ihre Suppe zu löffeln.

      »Ja, Mrs. Egerton«, sagte ihr Vater und fuhr fort, von Mrs. Egerton zu erzählen, »deren Goldhaar, wie die Stimme der Verleumdung behauptete, nicht ganz ihr eigenes war.«

      Delia hörte gern zu, wenn ihr Vater Geschichten aus Indien erzählte. Sie waren knapp und dabei doch romantisch. Sie vermittelten eine Atmosphäre von Offizieren, die in Messejacken miteinander dinierten, an einem sehr heißen Abend, mit einem riesigen silbernen Preispokal in der Mitte der Tafel.

      Er pflegte immer so zu sein, als wir klein waren, dachte sie. Da war er immer über das Freudenfeuer an ihrem Geburtstag gesprungen, so erinnerte sie sich. Sie sah ihm zu, wie er geschickt mit der Linken Koteletten auf die Teller schubste. Sie bewunderte seine Entschlossenheit, seinen gesunden Verstand. Während er die Kotelette austeilte, fuhr er fort:

      »Von der schönen Mrs. Egerton zu reden, das erinnert mich – hab’ ich euch je die Geschichte von dem alten Badger Parkes erzählt und von –«

      »Miss –« sagte Crosby im Flüsterton an der halb geöffneten Tür hinter Eleanors Rücken. Sie flüsterte Eleanor heimlich ein paar Worte zu.

      »Ich komme schon«, sagte Eleanor und stand auf.

      »Was gibt’s, was gibt’s?« fragte der Oberst, sich mitten im Satz unterbrechend. Eleanor verließ das Zimmer.

      »Die Pflegerin hat ihr etwas sagen lassen«, antwortete Milly.

      Der Oberst, der grade sich selbst mit einem Kotelett bedient hatte, behielt Messer und Gabel in den Händen. Sie alle saßen mit Messer und Gabel in den Händen da. Niemand wollte weiteressen.

      »Lassen wir nicht unser Essen kalt werden«, sagte der Oberst und machte sich über sein Kotelett her. Er hatte seine gute Laune verloren. Morris nahm sich zögernd von den Kartoffeln. Dann erschien Crosby wieder. Sie stand in der Tür, und ihre blaßblauen Augen sahen sehr vorgewölbt aus.

      »Was ist los, Crosby? Was gibt’s?« fragte der Oberst.

      »Die Missis, Sir. Es geht ihr schlechter, glaub’ ich, Sir«, sagte sie in einem seltsam wimmernden Ton. Alle standen auf.

      »Wartet lieber! Ich werd’ gehn und nachsehn«, sagte Morris. Alle folgten sie ihm in die Halle hinaus. Der Oberst hielt noch immer seine Serviette in der Hand. Morris lief die Treppe hinauf; fast sogleich kam er wieder herunter.

      »Mama hat einen Ohnmachtsanfall«, sagte et zu seinem Vater. »Ich geh’ und hole Dr. Prentice.« Er griff nach Hut und Mantel und eilte die Türstufen hinunter. Sie hörten ihn nach einem Mietwagen pfeifen, während sie ungewiß in der Halle standen.

      »Geht und eßt auf, ihr Mädels!« sagte der Oberst gebieterisch. Er selbst aber schritt im Wohnzimmer auf und ab, die Serviette in der Hand.

      »Es ist so weit«, sagte sich Delia; »es ist so weit!« Ein außerordentliches Gefühl von Erleichterung und Aufregung bemächtigte sich ihrer. Ihr Vater wanderte in den beiden Wohnzimmern hin und her; sie ging zu ihm hinein; aber sie vermied ihn. Sie waren einander zu ähnlich; jedes wußte, was das andre fühlte. Sie stand am Fenster und sah auf die Straße hinaus. Ein Regenschauer war gefallen. Die Straße war naß; die Dächer glänzten. Dunkle Wolken zogen über den Himmel; im Licht der Laternen schwankten die Äste auf und nieder. Etwas in ihr schwankte auch auf und nieder. Etwas Unbekanntes schien sich zu nähern. Dann ließ ein schluckender Laut hinter ihr sie sich umwenden. Es war Milly. Sie stand beim Kamin, unter dem Bild der weißgekleideten jungen Frau mit dem Blumenkorb, und Tränen liefen ihr langsam die Wangen herab. Delia machte eine Bewegung zu ihr hin; sie müßte zu ihr hingehn und ihr den Arm um die Schultern legen; aber sie konnte nicht. Milly liefen wirklich Tränen über die Wangen. Aber ihre eignen Augen waren trocken. Sie wandte sich wieder zum Fenster. Die Straße war leer – nur die Äste schwankten im Laternenlicht auf und nieder. Der Oberst ging hin und her; einmal stieß er an ein Tischchen an und sagte: »Verdammt!« In dem Zimmer über sich hörten sie Schritte. Sie hörten Stimmen murmeln. Delia sah aus dem Fenster.

      Ein Hansom kam die Straße entlanggetrabt. Morris sprang heraus, kaum daß es hielt. Dr. Prentice folgte ihm. Er ging gleich hinauf, und Morris kam zu ihnen ins Wohnzimmer.

      »Warum eßt ihr nicht zu Ende?« fragte der Oberst rauh und blieb sehr aufrecht vor ihnen stehn.

      »Ach, bis er weg ist«, sagte Morris nervös.

      Der Oberst begann wieder hin und her zu gehn.

      Dann stand er vor dem Kaminfeuer still, die Hände auf dem Rücken. Er hatte etwas Gestrafftes, als hielte er sich für einen Notfall bereit.

      Wir spielen beide Theater, dachte Delia mit einem verstohlenen Blick auf ihn. Aber er trifft es besser als ich.

      Sie sah wieder aus dem Fenster. Der Regen fiel. Wenn er das Laternenlicht kreuzte, blinkte er in langen Strichen silbrigen Lichts. »Es regnet«, sagte sie leise; aber niemand antwortete ihr.

      Endlich hörten sie Schritte auf der Treppe, und Dr. Prentice trat ein. Er schloß geräuschlos die Tür hinter sich, sagte aber nichts.

      »Nun?«fragte der Oberst, ihm gegenübertretend. Es folgte eine längere Pause.

      »Wie finden Sie sie?« fragte der Oberst.

      Dr. Prentice bewegte die Achseln ein wenig.

      »Sie hatsich wieder erholt«, sagte er. »Für den Augenblick«, fügte er hinzu.

      Delia hatte ein Gefühl, als versetzten ihr seine Worte einen heftigen Schlag auf den Kopf. Sie sank auf eine Armlehne.

      Also wirst du nicht sterben, sagte sie, die mädchenhafte Frau ansehend, die mit einem Blumenkorb auf einem Baumstamm saß; die schien mit lächelnder Bosheit auf ihre Tochter herabzublicken. Du wirst nicht sterben – nie, nie! rief sie, unter dem Bild ihrer Mutter die Hände ineinander verkrampfend.

      »Na, sollten wir nicht weiteressen?« sagte der Oberst und griff nach der Serviette, die er auf ein Tischchen geworfen hatte.

      Schade – das Essen ist verdorben, dachte Crosby, die die Kotelette aus der Küche wiederbrachte. Das Fleisch war vertrocknet, und die Kartoffeln hatten braune Krusten. Eine der Kerzen versengte überdies das Schirmchen, so gewahrte sie, als sie die Schüssel vor den Oberst hinstellte. Dann ging sie und schloß die Tür hinter sich, und sie begannen nun erst richtig zu essen.

      Alles war still in dem Haus. Der Hund schlief auf seiner Matte am Fuß der Treppe. Alles war still vor der Tür des Krankenzimmers. Ein leises Schnarchen kam aus dem Zimmer, wo Martin lag und schlief. Im Kinderspielzimmer setzten Mrs. C. und die Kinderfrau ihr Nachtmahl fort, das sie unterbrochen hatten, als sie Geräusch unten in der Halle hörten. Rose lag schlafend in ihrem Bettchen im Kinderzimmer. Eine Zeitlang schlief sie tief, ganz eingerollt und die Decke eng um den Kopf gezogen. Dann regte sie sich und streckte die Arme aus. Etwas war heraufgeschwommen auf der Schwärze. Ein ovales weißes СКАЧАТЬ