Mörder im Hansaviertel. Frank Goyke
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mörder im Hansaviertel - Frank Goyke страница 9

Название: Mörder im Hansaviertel

Автор: Frank Goyke

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783356023657

isbn:

СКАЧАТЬ würde ich meinen«, sagte Pentzien. »In einem der Arbeitszimmer – dem des Mannes wohl – gibt es einen Wandtresor. Die Tür war zwar zu, aber nicht abgeschlossen. Einer meiner Leute hat sie einfach aufgezogen, und siehe da: Der Safe ist leer.«

      Inzwischen war der neue Tag angebrochen. Das Gespräch mit Annalena Meissner hatte nun doch länger gedauert als beabsichtigt, aber das hatte nicht an der Kommissarin gelegen, sondern an der unerwarteten Mitteilungsfreude der Zeugin. Barbara hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber Liselotte Hagemeister, aber sie hatte dafür ein erstes Bild von den Geschädigten, das recht umfassend war. Sie wusste nun, dass Dorothee Klaas vor ungefähr sechs Jahren die Galerie Art’s Art am Alten Markt erworben und damit vor der Pleite bewahrt hatte. Spezialisiert hatte sie sich auf norddeutsche Künstler und auf das östliche Europa, schließlich war man in Stettin ebenso schnell wie in Berlin. Dank ihrer und ihres Mannes Begeisterung für Kroatien vertrat sie auch kroatische Künstler und welche aus anderen Ländern des ehemaligen Jugoslawien, vor allem aus Slowenien.

      Annalena Meissner hatte das Haus verlassen und sich auf den Heimweg gemacht, Barbara Riedbiester hatte sich bei ihrer ehemaligen Lehrerin Hagemeister entschuldigt. Sie waren gleich in der gemütlichen Küche geblieben, die alte Frau hatte Tee gekocht, und nun saßen sie an dem rustikalen Küchentisch. Durch das Fenster konnte man in den Nachbargarten blicken, wo noch immer Kriminaltechniker und Schutzpolizisten im Licht der Strahler nach Spuren suchten.

      Frau Hagemeister blickte immer mal wieder hinaus und seufzte. »Es muss um das Jahr 2000 gewesen sein, also vor ungefähr 20, 21 Jahren, da hat das Ehepaar Klaas das Haus gekauft. Vorher hat ein hoher SED-Funktionär darin gewohnt, der ist dann 1999 gestorben. Er wollte unbedingt noch den Jahrtausendwechsel erleben … Aber der Mensch kann ja viel wollen, wenn das Schicksal anders entschieden hat. In seinem Fall hieß das Schicksal schlicht und ergreifend Altersschwäche. Er war Jahrgang 1901!« Frau Hagemeister nahm einen Schluck Tee, dann fuhr sie fort: »Ich war ganz froh, dass junge Leute eingezogen sind. Obwohl ich ja damals selbst noch keine vertrocknete alte Schachtel war. Mein Mann war nicht so begeistert. Kurz und gut: Sie zogen ein. Die Eltern und die beiden Kinder Johannes und Miriam. Der Große dürfte acht oder neun gewesen sein, die Schwester vier oder fünf. Frau Klaas hat sich damals in der Nachbarschaft vorgestellt und jedem eine kleine Pralinenschachtel gebracht, auf gutes Zusammenleben und gegenseitige Hilfe. Das wäre heute unvorstellbar.«

      »Warum?«, erkundigte sich Barbara.

      »Erfolg und Geld haben aus zwei liebenswürdigen Menschen zwei arrogante Ekel gemacht«, antwortete Frau Hagemeister. »Sie betrachten alle Menschen von oben herab. Sie würden nie etwas in der Nachbarschaft borgen, weil sie sich alles kaufen können. Das ist ihre Botschaft. Gegen zwei Familien haben sie wegen Lärmbelästigung geklagt. Einmal gegen Leute vorn in der Parkstraße, weil ihre Kinder zu laut im Garten spielen. In dieser Sache haben sie verloren. Anders beim Hund.«

      Barbara runzelte die Stirn. »Welcher Hund?«

      »Die Kruses, die zwei Häuser weiter in Richtung Laurembergstraße wohnen, haben einen großen Hund … Labrador?« Frau Hagemeister zuckte mit den Schultern. »Ich habe nicht die geringste Ahnung von Hunden. Aber so absurd es klingen mag: Eine Richterin am Amtsgericht hat Bellzeiten verordnet. Vormittags und nachmittags je eine halbe Stunde, und ab 22 Uhr ist generell Schluss. Dorothee und Michael Klaas sind vermutlich die unbeliebtesten Bewohner der Schliemannstraße zwischen Liskow-, Park- und Laurembergstraße. Das hat sogar auf ihre Kinder abgefärbt. Sie hatten zwar Freunde, aber nicht aus der Umgebung.«

      Das Arbeitszimmer im ersten Stock machte einen aufgeräumten Eindruck, was zu dem Umstand, dass die Täter das ganze Haus durchsucht haben sollten, nicht recht zu passen schien. Jonas Uplegger registrierte es, sagte aber noch nichts dazu. Das Zimmer war eindeutig das des getöteten Mannes, der als Architekt gearbeitet und gemeinsam mit seinem Sohn Johannes das Architekturbüro Klaas & Klaas betrieben hatte. Allein die Aufschriften der Aktenordner verrieten es: Da war von einem Bauvorhaben Stadtvillen Froschgraben die Rede oder vom Projekt TOI-Rand 1. Planungsstadium Entwürfe unrein, aber noch beweiskräftiger waren die Ordner und Mappen mit den Aufklebern Klaas & Klaas GbR. Auch die Bücher in einem niedrigen, aber breiten Regal sprachen Bände: »Brandschutz«, »Musterbuch Isolierung«, »Fachkunde Holztechnik«, »Türen- und Fensterbau«. Auf dem ziemlich aufgeräumten Schreibtisch am Fenster, aus dem man einen Blick auf die Schliemannstraße und ein gegenüberliegendes Haus hatte, standen mehrere Bände einer juristischen Schriftenreihe: »Öffentliches Baurecht Band I: Bauordnungsrecht«, »Öffentliches Baurecht Band II: Bauordnungsrecht, Nachbarschutz, Rechtsschutz« sowie »Kreditsicherungsrecht« und »Umweltrecht«, vermutlich alles Dinge, die ein Architekt zu berücksichtigen hatte.

      Neben dem Schreibtisch, den Aktenregalen und niedrigen Schränken fanden sich in dem nicht sehr großen Raum eine Couch, auf der mehrere zerwühlte Decken lagen, davor ein runder Glastisch und zwei Stühle aus namenloser Herstellung. Auf diese Weise war eine kleine Sitzecke improvisiert worden, außerdem sah es danach aus, als hätte Michael Klaas in Arbeitspausen ein Nickerchen gemacht. Oder gelesen, denn auf dem Glastisch lag ein Buch. Das große Titelbild zeigte in den Himmel ragende Betontürme, womöglich zwei Silos. Darüber stand in schlichter zweireihiger Schrift: TOWARD A CONCRETE UTOPIA: ARCHITECTURE IN YUGOSLAVIA 1948–1980. Rechts unten war bescheiden ein Signet angebracht: MoMA. Uplegger hatte eine Ahnung, was es bedeutete. Er hatte bereits vor dem Betreten des Hauses Handschuhe übergestreift und konnte sich daher erlauben, das Buch aufzuschlagen. Tatsächlich, so verriet der Klappentext, handelte es sich um das Museum of Modern Art in New York.

      In einer dem Fenster und damit auch dem Schreibtisch gegenüberliegenden Ecke stand ein offener Waffenschrank mit Platz für fünf Gewehre und einem Fach für Munition. Uplegger deutete dorthin.

      Manfred Pentzien verstand die Geste. »Zur Untersuchung beschlagnahmt«, sagte er knapp.

      »Wie viele Waffen hatte er?«, fragte Wendel.

      »Fünf, die mutmaßliche Tatwaffe eingeschlossen. Mehr hätten in den Schrank ja auch nicht gepasst.«

      »Alles Jagdwaffen?«

      »Alles Jagdwaffen«, bestätigte Pentzien. »Also Gewehre. Waidmesser und dergleichen haben wir bisher nicht gefunden, aber wir stehen ja auch erst am Anfang.«

      Die Wände in dem Arbeitszimmer waren ebenfalls mit Kunstwerken geschmückt, die allerdings kleiner ausfielen als im Wohnbereich, was sicher mit der Raumgröße zu tun hatte. Dominierend war jedoch ein sehr sorgfältig gezeichneter Plan für ein Wohngebiet, der an der Wand links vom Schreibtisch hing: Wer an dem Schreibtisch saß, musste nur ein wenig den Kopf wenden, um ihn zu sehen. Auf dem Plan gab es ein Schriftfeld, darauf befand sich der Firmenaufkleber sowie die Beschreibung: Projekt TOI-Rand 1. Planungsstadium Reinentwurf 17 IV 21. Jemand hatte den Plan mit rotem und schwarzem Filzstift so heftig durchgestrichen, dass er an einer Stelle einen Riss von mindestens zehn Zentimetern Länge aufwies.

      Uplegger warf nur einen kurzen Blick auf die gerahmten Zeichnungen, Ölskizzen und Aquarelle, die keineswegs alle abstrakt waren, eher im Gegenteil. Nur bei einer Ölstudie verweilte er etwas länger. Dargestellt war ein Fischerdorf, jedenfalls nahm Uplegger das an; allem Anschein nach ein mediterranes. Es gab eine Signatur: V. Bukovac 09. Der Name sagte dem Kommissar überhaupt nichts. Allerdings hielt er ihn für südosteuropäisch, für kroatisch oder serbisch oder dergleichen. Er wollte ihn schon googeln, hielt es aber dann doch nicht für wichtig genug angesichts der Umstände, unter denen er sich hier befand.

      Viel wichtiger war im Moment der Tresor. Es handelte sich nach der fachkundigen Auskunft ihres Begleiters um einen Wandtresor der Firma Eisenbach mit einem elektronischen Zahlenschloss und doppelwandiger Tür. Sehr groß war er nicht, aber wichtige Unterlagen oder kostbaren Schmuck konnte man schon in ihm aufbewahren. Der Tresor war in die Wand eingemauert, die das Arbeits- vom СКАЧАТЬ