Immer im Rampenlicht. Bernd R. Hock
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Название: Immer im Rampenlicht

Автор: Bernd R. Hock

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

Серия:

isbn: 9783775175111

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СКАЧАТЬ mit diesen kaputten Händen?«, fragte sie und erzeugte damit eine noch unangenehmere Atmosphäre.

      Ich blieb konsequent von der Frau abgewandt und schaute nach links oben zu dem kleinen roten Hämmerchen, mit dem man im Notfall die Scheibe einschlagen soll. Dies hier war ein Notfall! Da gab es keine zwei Meinungen! Eindeutig! Ich war in Not und die anderen Passagiere auch, so unangenehm war die Situation.

      In Gedanken spielte ich durch, ob es mir gelingen könnte, aufzuspringen und mit meinen drei Fingern das Hämmerchen aus der Halterung zu lösen. Würde meine Kraft ausreichen, um die Fensterscheibe zu zerschlagen? Wäre ich gelenkig genug, um zügig aus dem Bus zu klettern und zu fliehen? Spätestens beim letzten Punkt war der Plan zum Scheitern verurteilt und ich verwarf ihn wieder.

      »Ich weiß ganz genau, wie Sie sich fühlen. Ich war im Krieg Rote-Kreuz-Schwester und habe ständig mit solchen Opfern, wie Sie eines sind, zu tun gehabt! Das ist so fürchterlich! Sie sind so ein jämmerlicher Mensch!«, schrie mich die Rentnerin weiter an. Der Linienbus steckte im Verkehrschaos fest. Normalerweise hätten wir schon längst an der nächsten Haltestelle sein müssen, die sich viele bestimmt herbeisehnten.

      Jetzt wurde die angespannte Stimmung noch weiter angeheizt, indem die Krankenschwester außer Dienst ihre Frage noch einmal sehr laut wiederholte. Dabei schaute sie mich diesmal nicht direkt an, sondern wanderte mit ihrem Blick durch den ganzen Bus: »Können Sie mit diesen kleinen, komischen Händen auch irgendetwas machen?«

      Jetzt konnte ich nicht weiter versuchen, die Eskalation um jeden Preis zu vermeiden. Nun musste ich meine verunsicherten Mitmenschen hier im Bus retten, und zwar sofort. Der Bühnenvorhang war bereits weit aufgerissen und ich trat an die Rampe. Sinnbildlich löste ich mein ganz persönliches Notfall-Hämmerchen aus der Halterung: meine unverwechselbare, wuchtige Schlagfertigkeit! Ruckartig drehte ich mich zu der Frau, schaute ihr direkt in die Augen und näherte mich mit meinem Gesicht dem ihren so sehr, dass sich unsere Nasenspitzen fast berührten. Die kurze Schrecksekunde hielt meine Sitznachbarin nicht davon ab, mir ihre rhetorische Frage ein drittes Mal ins Gesicht zu brüllen: »Können Sie mit diesen kleinen, verkrüppelten Händen auch irgendetwas machen?«

      »Ja!«, skandierte ich messerscharf und für alle hörbar. »Alte Frauen würgen!«

      Wie bei einem Menschen mit einem Asthmaanfall, bei dem sich die Atemwege wieder weiten, nachdem ihm ein Notfallmedikament verabreicht wurde, entspannte sich die Atmosphäre im Linienbus. Manch einer kicherte, andere kamen miteinander ins Gespräch und selbst der Busfahrer lächelte. Die Rot-Kreuz-Schwester war sichtlich beleidigt. Nicht traurig, eher in ihrem Stolz gekränkt. Sofort hörte sie auf zu weinen und murmelte »Unverschämtheit«.

      Schillerplatz! Die Türen öffneten sich. Ich zwängte mich an der alten Frau vorbei, verbeugte mich innerlich vor meinem Publikum, verließ das »Linienbus-Theater« und beschloss, den Rest zu Fuß zu gehen.

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      6

      ZÖGERN ODER WEITERGEHEN?

      Stufe für Stufe steige ich innerlich in meinen seelischen Keller hinab, bis ich vor der Tür stehe, durch die der Lichtschein strahlt. Auch wenn ich nur in meiner Vorstellung hier bin, frage ich mich, ob ich wirklich hindurchgehen soll. Wenn ich dies tue und mich meinen unbewussten Mechanismen stelle, wird das einiges verändern. Manche Tür, vor der ich im Laufe meines Lebens gestanden habe, hätte ich besser verschlossen lassen sollen, während ich mich bei manch anderer durchaus schneller hätte entschließen sollen, sie zu öffnen und durchzugehen.

      Gern hätte ich auf dieser inneren Reise einen Begleiter. Conny wäre toll! Sie hätte ich jetzt gerne an meiner Seite.

      Und während ich an Conny denke, höre ich sie förmlich schnaufen. Schnaufen und schmatzen.

      Conny hatte in meiner Kindheit meiner Tante gehört und ich hatte diese Boxerhündin sehr gemocht. Ich bin generell ein großer Hundefreund, und wenn ich mir jemals einen anschaffen sollte, dann wird es tausendprozentig ein Boxer sein. Da ist sie wieder: die Prägung. Das asthmatische Schnaufen, das ständige Schmatzen und auch das Sabbern dieser Hunderasse sind in meinem Inneren absolut positiv besetzt.

      So wie Conny sich freute, wenn mein Vater und ich sie besuchten, um mit ihr spazieren zu gehen, konnte sich kein weiteres Lebewesen auf diesem Planeten freuen.

      Hunde wedeln ja bekanntlich mit dem Schwanz, wenn sie sich freuen. Doch früher wurden bei Boxern und anderen Hunden Ohren und Schwänze kupiert. Gott sei Dank ist dies heute nicht mehr so! Weil also Conny keinen Schwanz zum Wedeln hatte, wedelte ihr ganzer Körper! Trotz ihres Übergewichts bewegte sie sich wild, drehte sich um ihre eigene Achse, hüpfte auf und ab und schnaufte, schmatzte und sabberte dabei, dass es eine wahre Pracht war.

      Als Kind musste ich immer lachen, wenn ich mir vorstellte, dass Menschen sich wie Hunde begrüßen und sich gegenseitig am Po beschnuppern würden. Wie unangenehm! Eine solche Begrüßungsform wollte ich um keinen Preis aus dem Tierreich ins menschliche Leben übernehmen. Absolut keine Alternative zum Handgeben oder Sichanlächeln!

      In puncto Freudezeigen-Können allerdings wäre Conny heute noch als Vorbild für uns Deutsche geeignet! Es täte unserer gesamten Nation unheimlich gut, wenn wir regelmäßig unsere Freude so zum Ausdruck bringen würden wie eine übergewichtige Boxerhündin.

      Meine Gedanken wandern zu anderen Hunden, die in meinem Leben wichtig waren. Mein Umgang mit Hunden war generell immer sehr unerschrocken und ich hatte stets einen guten Draht zu den Vierbeinern. Sie waren meine guten Freunde.

      Der erste Hund in meinem Leben war Buzzo, eine tiefschwarze Schnauzermischung aus dem Tierheim, ein Hund von großartigem Charakter. Er gehörte unseren Nachbarn, einem kinderlosen Künstler-Ehepaar, bei dem ich mich sehr gerne aufhielt. Sie war Malerin und er Schriftsteller und ich erhielt von den beiden Inspirationen für mein Leben, von denen ich später noch etwas mehr berichten werde. Haus und Garten waren voller Tiere, ein Paradies für mich. Enten, Schildkröten und eben immer ein schwarzer Hund aus dem Tierheim. Buzzo durfte ich sogar alleine ausführen. Wenn ich ihn abholte und die Leine in die Hand nahm, sprang er mir vor Freude bis zum Kinn. Dann ging er mit mir spazieren und büxte regelmäßig aus. Buzzo war ein echter Casanova, der in zahlreichen Stadtteilen Landaus Welpen zeugte. Sein Herumstreunen brachte ihm leider irgendwann den Tod. Frühmorgens kam er einmal schwer verletzt nach Hause und von diesen Verletzungen erholte er sich nicht mehr.

      Auf Buzzo folgte Tazzo, ein schwarzer Irish-Setter-Mix, der ebenfalls aus dem Tierheim kam. Mit ihm drängte es mich auf die Bühne. Tazzo war absolut zirkusreif. Er war äußerst gelehrig und ich studierte Kunststücke mit ihm ein, an denen er sichtlich Freude hatte. Ich veranstaltete mit Tazzo kleine Zirkusvorstellungen mit spektakulärer Akrobatik. Unsere Bühne war die Terrasse und unser Publikum waren Frauchen und Herrchen und deren Freundinnen und Freunde. Einmal stapelte ich drei Küchenstühle aufeinander und der schwarze Mischling sprang tatsächlich erfolgreich auf den obersten! Gott sei Dank ist nie was schiefgegangen! Für mich gab es Applaus und für Tazzo »Frolic«, das berühmte »Hunde-Leckerli«.

      Dann schafften wir uns als Familie selbst eine Hündin an: Anka. Leider bekam ich zu der kleinen Münsterländerin keinen guten Draht, denn Anka war absolut auf meine Mutter fixiert und ließ niemand anderen richtig gelten.

      Während meines Studiums lernte ich Axel kennen, einen Schäferhund-Collie-Mischling, СКАЧАТЬ