Mrs Palfrey im Claremont. Elizabeth Taylor
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Название: Mrs Palfrey im Claremont

Автор: Elizabeth Taylor

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783038209843

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СКАЧАТЬ gegen die Demütigung, die Mrs Arbuthnot ihr zugefügt hätte. Lediglich neben Ludo zu sitzen, erleichterte sie schon ein wenig.

      Er hatte ihr mit gespannter Miene zugehört, als traute er seinen Ohren nicht: Seine Augenbrauen waren hochgeschossen und dort geblieben. Er war fast schön, dachte sie, und der Gedanke erschreckte sie derart, dass ihr Blick von seinem Gesicht wegflog und sich auf einen seiner Schuhe heftete, der mit flappender dünner Sohle vor und zurück schwang.

      »Wir bleiben ganz unter uns«, versprach sie. »Es ist nur für den Fall, dass ich Sie vorstellen muss – im Vorübergehen, wissen Sie. Es sind ziemlich neugierige Leute. Ist das zu viel verlangt? Oder muss ich zurückgehen und Mrs Arbuthnot eine Erklärung liefern?«

      »Um Gottes willen, nein! Ich werde mich endlos amüsieren!«

      »Um Viertel nach sieben dann. Ich werde im Aufenthaltsraum sitzen. Wir trinken ein Glas Sherry vor dem Essen.« Sie errötete ein wenig angesichts ihrer Kultiviertheit, der Idee, diesen jungen Mann einzuladen, und ihrer gemeinsamen Schuld. Sie erhob sich und streckte die Hand aus. Wieder packte er seine Zettel zusammen und stand auf. »Ich werde Sie Desmond nennen«, sagte sie.

      »Himmel!«, war alles, was er darauf erwidert hatte.

      Als Mrs Palfrey durch den Aufenthaltsraum zur Bar ging, spürte sie, dass sie beobachtet wurde. Aber nicht von Mrs Burton, die wieder mit ihrem Schwager zusammensaß, lachte und trank und sonst niemanden beachtete.

      Die Schuhe machten Mrs Palfrey Sorgen. Den anständigen dunklen Anzug hatte sie ja in Ludos Souterrain-Zimmer hängen sehen, in der Hinsicht war sie ganz beruhigt. Aber diese alten Schuhe, die er bei Harrods getragen hatte, mit der losen Sohle … angenommen, er hatte keine anderen.

      Ihre Ängste bestätigten sich: Er hatte keine anderen. Er kam in den Aufenthaltsraum und fiel beinahe der Länge nach hin, weil besagte lose Sohle sich zurückbog, als sie den dicken Teppich berührte.

      Seine Contenance war erstaunlich. Er lenkte die Blicke aller Anwesenden von seinen Füßen weg, indem er mit ausgebreiteten Armen auf Mrs Palfrey zuging. Sie geriet in Panik, fürchtete, er würde es mit seiner Enkelrolle übertreiben; doch er kam mit genau dem richtigen Maß an Zuneigung, Vertrautheit und Respekt zu ihr und küsste sie leicht auf die Wange. Gleichzeitig nahm er die seltsame, an ein welkes Blütenblatt erinnernde Weichheit ihrer Haut wahr und speicherte diese Beobachtung für den späteren Gebrauch. Wie auch den Altersgeruch, der zu komplex war, als dass er ihn schon hätte beschreiben können.

      Mrs Palfrey, die ihn nicht weiter auf diesem risikobehafteten Teppich herumlaufen lassen wollte, stand selbst auf und drückte auf den Klingelknopf. Als sie zu ihrem Sessel zurückkam, bat sie ihn, sich zu setzen.

      »Was möchtest du trinken, Desmond?«

      »Was immer unter den Umständen angebracht ist«, sagte er mit leiser Stimme; dann lehnte er sich zu ihr vor und fragte: »Wer ist der alte Knacker da drüben, der mich wie verrückt anstarrt?«

      »Später«, sagte Mrs Palfrey und mied Mr Osmonds Blick.

      Es war ein voller Erfolg. Beim Essen würden sie so viel zu bereden haben. Sie hatte Befürchtungen deswegen gehabt; dass er missmutig und zu jung sein und das Ganze bedauern würde; doch nun stand sie unter dem Einfluss von Charme – eine neue Zutat in ihrem Leben. Die ungeflickten Schuhe waren ein Spleen. Sie strahlte.

      »Würden Sie uns zwei Gläser Sherry bringen, Antonio« sagte sie zum Ober. »Medium dry, denke ich. Einverstanden, Desmond?«

      Ludo neigte den Kopf.

      Diese Worte hatte Mrs Palfrey vorhin, als sie sich fertig machte und in ihrem Zimmer hin und her ging, leise vor sich hingesprochen: »Medium dry« hatte sie mit weltgewandter Miene gesagt und sich selbst im Spiegel betrachtet, während sie die größte Perle genau in die Mitte ihrer Kette rückte.

      »Und dürfte ich um die Speisekarte und die Weinkarte bitten?«, fügte sie hinzu, wie sie es ebenfalls geprobt hatte.

      Der Ober verzog seinen schmalen Mund seitwärts, was Erstaunen ausdrücken sollte. In diesem Hotel schauten die Gäste beim Fahrstuhl auf die Karte oder warteten im Restaurant still und leise auf das, was sie erwartete. À la carte war eine Farce.

      Ludo lehnte sich entspannt zurück, doch seine Augen schossen hin und her und registrierten alles, registrierten, wie Mrs Arbuthnot ihn registrierte und was für ein Gewese Mrs Post, in ihren traurigen Potpourri-Farben, um ihr Strickzeug machte.

      »Da drüben ist Mrs Arbuthnot«, sagte Mrs Palfrey leise zu Ludo. »Die mit den Stöcken.«

      »Das dachte ich mir. Vor der würde ich an Ihrer Stelle keine Angst haben. Auch wenn Sie hier offenbar die Neue sind.«

      »Natürlich. Mrs Arbuthnot ist seit Jahren im Claremont.«

      »Es ist ihr in die Seele gedrungen.«

      »Aber sterben lässt man uns hier nicht.«

      Er warf den Kopf in den Nacken und lachte.

      »Aber ist das denn nicht traurig?«, fragte sie.

      »An Ihnen kann ich nichts Trauriges entdecken«, sagte er. Ich darf es jetzt nicht aufschreiben, dachte er; aber bitte, Gott, mach, dass ich es mir merke. Sterben lässt man uns hier nicht. Von Ludovic Myers.

      Mrs Post eilte vorbei und zog zum Gruß leicht den Kopf ein. Sherry wurde gebracht, und Mrs Palfrey reichte Ludo die Speisekarte. »Wir können à la carte essen, wenn Sie möchten«, sagte sie kühn.

      Während er an seinem Drink nippte und schweigend die Speisekarte studierte, begann sie, ihm geräucherten Lachs aufzudrängen. Nervös nahm sie wahr, dass Mrs Arbuthnot sich ihnen auf ihrem Weg in den Speisesaal Schritt für Schritt näherte. Bei ihnen angelangt, blieb sie stehen. »Da haben Sie ja endlich Ihren Enkel«, sagte sie zu Mrs Palfrey, sah dabei aber Ludo an, der schnell aufstand und dabei seine Schuhsohle hinunterdrückte.

      Obwohl sie nicht einmal aus dem Augenwinkel zu ihr schaute, spürte Mrs Arbuthnot Mrs Palfreys Nervosität, als diese ihr ihren Enkelsohn vorstellte. Sie wunderte sich darüber, während sie ein, zwei Sätze an Ludo richtete. Er schien ihr trotz seines beklagenswerten Schuhwerks doch ein recht vorzeigbarer junger Mann zu sein. Dass er gebildet war, wussten sie ja alle.

      »Hat das Britische Museum sonntags geöffnet?«, fragte sie ihn.

      »Aber ja, es ist einer der Tage, an denen bei uns am meisten los ist«, sagte Ludo geschmeidig, und Mrs Palfrey wurde von einer Welle der Bewunderung und Erleichterung erfasst.

      »Darüber würde ich gern mehr hören«, sagte Mrs Arbuthnot, und erneut spürte sie Mrs Palfreys Anspannung – ein jäh verändertes Atmen, ein kurzes Zucken. »Aber jetzt«, sagte sie, »muss ich zum Essen hineingehen.«

      Im Schneckentempo erreichte sie die Tür.

      »Jesses!«, sagte Ludo. »Jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Diese bösen alten Augen.«

      »Sie hat oft große Schmerzen«, sagte Mrs Palfrey.

      »Wir müssen unsere fünf Sinne beisammenhalten«, sagte Ludo. »Ich denke übrigens, ich nehme Suppe und dann das Kalb«, sagte er, rücksichtsvoll vom table d’hôte wählend.

      »Na ja, schneller geht das wahrscheinlich«, sagte Mrs Palfrey.

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