Feuersetzen. Tom Wolf
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Название: Feuersetzen

Автор: Tom Wolf

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Hansekrimi

isbn: 9783863935160

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СКАЧАТЬ gezecht hatten und nicht sehr standfest auf den Beinen waren. Alle sahen angsterfüllt nach oben, aber mehr wollte im Augenblick – so hofften sie inständig – nicht herunterkommen … Also packten sie beherzt zu, lieber ein kurzes und schmerzloses Ende, als lange leiden zu müssen … Vereint wuchteten sie den rauchenden Träger an. Schmerzensschreie, Flüche, aber sie ließen nicht locker und brachten es endlich dahin, dass der kantige Pfahl senkrecht auf die Eingangstür traf, bevor sie ihn fallen ließen. Der Türriegel hatte aufgegeben, aber die Tür war heil geblieben und auf den Boden gefallen … Volpi und Bartholdi stürzten ins Haus, wohingegen die anderen ängstlich draußen blieben. Die Nachbarn sorgten sich verständlicherweise mehr um sich selbst und um die eigenen Häuser. Bartholdi und Volpi schlossen die Augen bis auf einen Spalt und pressten die Ärmel ihrer Jacken vor Münder und Nasen, um das Keuchen zu vermeiden. Man sah fast nichts, denn ein feiner beißender Anhauch lungerte überall, wenngleich unten noch nichts brannte … Sie drangen in die hintere Stube im Erdgeschoss. Volpi nahm den schützenden Arm vom Gesicht weg. Sofort schossen ihm die Tränen in die Augen. Auch Bartholdi fing jetzt an zu husten, sie hechelten, hasteten zurück zur Tür, um sich noch einmal die Lungen vollzusaugen.

      »Böse Wetter!«, keuchte Bartholdi. »Die Luft wird vom Feuer droben verzehrt und abgezogen. Das Haus hat am Dach zu brennen begonnen, vielleicht am Schornstein.«

      Die von Jobst zusammengetrommelten Männer mit den Feuerhaken verharrten unschlüssig und ihr Anführer rief: »Wenn ihr sie jetzt nicht findet, die Stobeken’sche, müssen wir die Sache beenden. Wer weiß, wo sie sich herumtreibt …«

      »Die Tür war doch von innen verriegelt, wo soll sie sich da schon herumtreiben, wenn nicht drinnen?«, keuchte Volpi.

      »Es gibt ja auch einen hinteren Ausgang – zum Hof«, erklärte Jobst.

      Auf den Dächern der seitlich angrenzenden Häuser begannen die Nachbarn, mit Besen und Feuerpatschen auf die Flammen einzuschlagen, die nach ihrem Besitz leckten. Kleine Wasserladungen flogen aus ledernen Eimern. Bartholdi und Volpi wurden übergossen, bevor sie wieder ins brennende Haus stürmten. Die Stiege aus schönstem Eichenholz stand noch unbetroffen. Aber es war die reinste Räucherkammer. Volpi rannte nach hinten, um nachzusehen. An der Tür zum Hof lag auch der Riegel vor … Also nichts wie hinauf!

      Im ersten Stock war es heiß – im zweiten fast unerträglich –, aber selbst dort brannte es noch nicht. Es qualmte nur von der Decke herab. Sie sahen fast nichts vor lauter Rauch. Auf einem Tisch standen zwei Becher und eine kleine Bierkanne … Die Decke zum Dach fing seitlich, an den Wänden, wie die Luppe einer Esse zu glühen an. Auf dem Oberboden unterm Dach wütete der Brand. Durch eine der Fensteröffnungen, vor denen der Holzladen fehlte, sah Volpi die rote Gestalt des Feuerreiters wieder auf der Straße, wo es zuging wie in einem Ameisenhaufen. Durcheinander, Getriebe, Gewusel. Anrufungen verschiedener Heiliger. Eine alte Frau schrie unentwegt: »Helft, Heil’ge, helft! Florian – Agathe – Laurenz – Anton – Johannes – Paulus und Donatus – Nikolaus – Coloman – Maria und Josef – Vitus und Katharina – Könige – Evangelisten und Erzengel, oh drei Mann im Feuerofen, helft!«

      Die Stimme des Feuerreiters mischte sich drein. Sie war die Beschwörung selbst:

      »Ich gebiete dir, Feuer, bei Gottes Kraft,

       Du wollest legen deine Flammen nieder,

       So wie Marie behüt die Jungfernschaft

       Vor allen Männern, keusch und rein.

       Drum stelle, Feuer, dein Wüten ein,

       Im Namen Gottes, des Vaters,

       Des Sohnes und des Heiligen Geistes!

       Im Namen der heiligen Dreifaltigkeit!

       Im Namen der allerheiligen Dreieinigkeit!«

      Volpi spürte, wie Bier über seine Lippen rann … sehr süßes Bier mit einem schlammigen Beigeschmack. Schon setzte sein Begleiter den Becher wieder an. Bartholdi sah jetzt noch unheimlicher aus als der rote Reiter. Schwarz verrußt war das Gesicht des Zwerges, und die Haare klebten, vom Wasser angeklatscht, auf seinem länglich und kantig wirkenden Schädel. Mit weißgrauen Ascheflocken waren sie überstäubt.

      »Ihr seid ohnmächtig geworden. Zum Glück hat man uns noch etwas Bier übrig gelassen!« Bartholdi lächelte gezwungen und rieb sich das linke Bein. »Schnell runter und raus, hier ist niemand mehr!«, schrie er, dann nahm er ebenfalls einen tüchtigen Schluck Bier. »Die Fensterlöcher sind Zugpferde für den roten Hahn da droben. Der kommt jetzt mit Fahrt nach unten … Und Ihr: Los, kommt zu Euch!«

      Er zerrte am Wams des anderen.

      Volpi aber beharrte keuchend: »Ich will erst noch ganz hinauf! Muss es versuchen! Ob ich sie dort finde? Ewig würde ich es mir vorwerfen, nicht nachgesehen zu haben …«

      »Du bist verrückt!«, entgegnete Bartholdi, angesichts der Gefahr ins Duzen fallend. »Was kann da oben schon noch sein? Jedenfalls keine lebende Schwalbe mehr!«

      Aber er sah, dass dieser sonderbare Kauz, der eben noch fast erstickt wäre, zum Letzten entschlossen war. Und ein Feigling wollte Bartholdi nicht sein. Das war immer sein Problem gewesen … Warum vermutete jeder in einem Kleinen eine Memme? Also los … Vorher nahmen sie beide noch einen letzten Schluck von diesem Bier … Rundum an den Wänden fielen dampfende Lehmbrocken von der Decke. Der Dachstock brannte lichterloh …

      Übers oberste Ende der Stiege zu kommen, fiel Volpi schwer: Etwas zerrte an seinen Gliedern, er fühlte eine bleierne Schwere … Der beißende Rauch drang in die Nase – auch wenn sie sich die Tücher enger um die Köpfe gebunden hatten. Sie waren im Flammenkreis der innersten Hölle. Kein Dach mehr gab es da oben, keine Wände … bloß die aufragenden Zungen des Feuers. Eine Rauchglocke stand am Nachthimmel. Glühende Balken querten das Flammeninferno. Ihr glimmendes Gespinst konnte jeden Moment zusammensacken. Die Hitze wollte ihnen die Kleider vom Leib brennen, und der Boden unter ihnen schien in knisternder Bewegung zu sein. Im Hintergrund sah man die besonders mürben Stellen an der Wand, wo es am Grund bereits schwelte … Sie sahen Stück für Stück nach unten durchfallen. Auf den Dächern links und rechts waren die Nachbarn, verzweifelte Anstrengungen unternehmend. Sie prügelten ihre Dächer mit Feuerpatschen und riefen sich Unverständliches zu. Ab und zu schossen Wasserstrahlen herab und wurden zu Dampf, noch bevor sie auf den heißen Boden trafen …

      »Da!«

      Volpi deutete auf den schwarzen Fleck in der Mitte des Raumes, nahe beim Schornstein, der aus Lehm gefertigt war. Pfeifende und fauchende Feuerschlote brachen überall auf wie Geysire, wo immer neue Luftlöcher im qualmenden Grund entstanden. Jetzt sah Bartholdi, was Volpi meinte. Eine Art dunkles Podest … Ein Floß auf dem Styx. So schien es zu schwimmen auf lauter Glut und Asche, auf einem in Flammen aufgehenden schwarzen See … das einstige Bett!

      »Was willst du da?«, fragte Bartholdi fassungslos. »Bis dahin kommen wir in diesem Leben nie!«

      Er schüttelte entsetzt den Kopf und wollte zurück, das sah man deutlich. Mit Volpis Neugier aber war es ein eigenartiges Ding … Unmöglich, sie zu bezwingen! Schon war er dabei, sich nach vorne zu tasten. Sein Fuß suchte die Festigkeit des Untergrundes zu erproben. Es knirschte, alles unter ihm schien in Bewegung zu geraten. Aber noch hielt die Decke. Wenn erst die Tragbalken durchgebrannt wären, würde sie abstürzen. Aber da dies keinesfalls überall gleichzeitig geschähe, suchte er sich zu trösten, drohte wohl mehr ein Absacken … Knack – knack – knack! … Das war der Tanz auf einem feuerspeienden Berg. Volpi kam über den Punkt hinaus, an dem es noch ein leichter, sicherer Schritt zurück gewesen wäre. Dann ließ er die Vorsicht fahren und sprang zu dem schwarzen СКАЧАТЬ