Название: In den Drachenbergen
Автор: Wolf Awert
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Drachenblut
isbn: 9783959591836
isbn:
Das Haus der Vier Winde ist das zweitgrößte Haus und wird zurzeit von drei Brüdern geführt, weil der Stuhl von Südwind nicht besetzt ist. Dann gibt es noch drei mittelgroße Familien, und zwei kleinere, von denen wir eine sind. Ich empfehle Euch, bei allen Antworten, die Ihr gebt, bei der Wahrheit zu bleiben. Wenn Euch jemand fragt, wo Ihr die Nacht verbracht habt, sagt ruhig, dass Ihr bei uns wart, denn es ist wahrscheinlich, dass sie das bereits wissen. Den Rest überlasse ich Euch. Und noch etwas. Kommt nicht mehr zu uns zurück, es sei denn in einem Augenblick größter Not. Dann gewähren wir Euch Zuflucht und bringen Euch aus der Stadt heraus. Ich lasse niemandem, der mir von Altwi empfohlen wird, in einem Sturm allein. Wir bleiben weiterhin in Kontakt, aber ich bin es, die Euch finden wird. Also sucht nicht nach mir. Und nun viel Glück, Steindorn, viel, viel Glück.“
„Auch von mir viel Glück, Steindorn“, sagte Blauer Schlafmohn. „Ihr seid ein äußerst fähiger und geschickter Mann, der schon viele kluge Entscheidungen getroffen hat. Centrell könnte trotz aller Gefahren der richtige Ort für Euch sein. Ich bin sicher, wir werden uns wiedersehen. Und seid vorsichtig, wem Ihr vertraut.“
Steindorn bedankte sich für die guten Wünsche. Dann führte ihn jemand in sein Zimmer zurück.
Unterwegs überlegte er, was Blauer Schlafmohn gemeint haben konnte. Woher wollte sie wissen, welche Entscheidungen er getroffen hatte und ob er geschickt war? Solche Worte schenkte man nur jemandem, den man gut und lange kannte. Und da war es wieder. Dieses Gefühl, sie sehr gut zu kennen. Aber wenn, dann unter einem anderen Namen als ausgerechnet Schlafmohn. Über seine Zukunft macht er sich jetzt keine Illusionen mehr. Von nun an arbeitete er für diese beiden Frauen im Haus Blau. Eventuell die Seiten zu wechseln in einem Spiel, von dem er noch gar nichts verstand, wäre ganz bestimmt keine jener klugen Entscheidungen, für die er gerade noch so gelobt worden war. Oh ja, er hatte die Warnung gut verstanden.
Am nächsten Morgen fand er ein gutes Frühstück vor und daneben einige kleinere Goldmünzen, die er einsteckte. Er verließ das Haus, ohne Abschied zu nehmen. Wo dieser Barionstab residierte, wusste er nicht. Aber das herauszufinden, konnte ja nicht schwierig sein.
Eine wild wuchernde Ranke umgab einen Stab. Auf Steindorn wirkte das Relief so, als wollte die Ranke den Stab schützen, und das Relief die Tür, über der es angebracht war. Aber wohin führte die Tür?
Er hatte nach dem Haus Barion gesucht, man hatte ihm den Weg gewiesen, und nun stand er vor einem Gebäude, das einen ganzen Block ausmachte und durch viele Türen betreten werden konnte. Jede Tür sah anders aus, aber so etwas wie einen Haupteingang, konnte er nicht entdecken. Entweder war das ein Spielchen, das half, Eingeweihte vom gemeinen Volk zu unterscheiden, oder es war völlig egal, an welche Tür er klopfte. Er entschied sich für die zweite Deutung, hob den Türklopfer an und ließ ihn auf dem Metallschild aufschlagen. Der Ton war tief und wohlklingend. Die Tür öffnete sich so rasch, dass man glauben könnte, man hätte ihn erwartet. Er stellte sich vor und fragte nach Barionstab. Es hätte ihn nicht verwundert, gleich wieder fortgeschickt zu werden, aber er wurde eingelassen, ihm wurden Erfrischungen angeboten, wie man sie wohl kaum einem hergelaufenen Bettler anbieten würde, und nach kurzer Wartezeit wurde er von einem älteren Elfen begrüßt.
„Was kann ich für Euch tun?“
Diese Frage überraschte Steindorn, weil sie viel zu früh kam, auf jede Höflichkeit verzichtete und auch alles umging, das benötigt wurde, um erst einmal eine Atmosphäre des oberflächlichen Vertrauens zu schaffen. Auf diese Frage konnte er wohl kaum mit einem Forderungskatalog antworten. Er beschloss, sie nicht zu beachten und seinerseits eine Frage zu stellen. Eine harmlose Frage, die niemandem schadete.
„Mein Name ist Steindorn“, sagte er. „Habe ich die Ehre Barionstab gegenüberzustehen, dem Herrn des Hauses Barion?“
Der Elf nickte nur kurz.
„Ich bin einen weiten Weg gegangen, um mir in Centrell eine neue Existenz aufzubauen. Keine Stadt gleicht der anderen, und gerade in der größten und wichtigsten Stadt herrschen immer etwas andere Gesetze als im Rest des Landes. Ich wäre daher dankbar für ein paar Empfehlungen, Hinweise aber auch Warnungen, die mir helfen, auf festem Untergrund zu bleiben.“
„Wie soll ich Euch die geben können, wenn ich nicht weiß, was Ihr hier erwartet. Oder seid Ihr gekommen, um für mich zu arbeiten?“
Wieder so eine direkte Frage, die er weder mit ‚Ja‘ noch mit ‚Nein‘ beantworten durfte, weil das ‚ja‘ ihn festlegte und er bei einem ‚Nein‘ die darauf folgende Frage fürchtete. „Ich weiß, es wirft ein schlechtes Licht auf mich, wenn ich sage, dass ich mich noch nicht entschieden habe. In jedem Fall ist es meine Absicht, selbstständig zu bleiben. Ich bevorzuge Kooperationen, einen Platz in bereits aufgespannten Netzen, und auch dort befinde ich mich lieber am Rand als in der Mitte. Denn in der Mitte befinden sich Macht und Einfluss, woran mir nicht gelegen ist. Die hohe Politik überlasse ich gern anderen.“
„Ihr habt eine merkwürdige Art, um Unterstützung zu bitten. Ist das Haus Barionstab das erste Haus, das Ihr besucht? Wenn nicht, wüsste ich gern, was Euch anderen Ortes empfohlen wurde.“
„Als ich in die Stadt kam, stieß ich mehr oder weniger zufällig auf ein Haus, dessen Fassade ganz in Blau gehalten war. Blaublatt und seine Familie nahmen mich herzlich auf, konnten aber nur wenig mit mir anfangen. Alles, was sie mir gaben, – und ich sage gern, dass das nicht wenig war, denn meine Reise hatte mich viel Kraft gekostet, – war die Gelegenheit, mich auszuruhen. Zu Euch bin ich gekommen, weil Ihr nach den Worten Blaublatts das größte Rad in dieser Stadt dreht.“
Zum ersten Mal verzog sich Barionstabs Mund zu der Andeutung eines Lächelns. „Ja, so würde sich der gute Blaublatt wahrscheinlich ausdrücken. Haus Blau war in der Tat das völlig falsche Haus für jemanden wie Euch, der offensichtlich weiterkommen möchte. Haus Blau ist ein Haus des Stillstandes, ohne Ehrgeiz und Kraft, aber einem erstaunlichen Willen, alles zu überleben. Es ist auch ein Haus voller Traditionen, obwohl mir unklar ist, wofür Traditionen etwas taugen wollen. Es sind Geheimniskrämer, alle miteinander, wobei ich mich immer frage, ob dieses Haus überhaupt etwas hat, das es wert ist, geheim gehalten zu werden. Aber lassen wir das. Ihr spracht davon, was Ihr weniger schätzt, aber was sind Eure Stärken?“
„Ich bin ein Komposit, kein Waldelf, wie Ihr unschwer erkennen könnt. Ich bin ein Kampfmagier durch und durch, der durch sein Geschick, Dinge zu organisieren, zu ein wenig Geld gekommen ist. Man nennt mich allgemein ‚den Dorn‘, weil ich eher aufspieße als zerschmettere und mich der nur schwer vergisst, in dessen Fleisch ich mich einmal hineingebohrt habe. Andererseits trage ich das unauffällige Graubraun einer entlaubten Schlehe und falle nicht weiter auf.“
„Da Ihr nicht nach Geld gefragt habt, nehme ich an, Ihr besitzt es. Mit Geld ist viel zu gewinnen. Baut eine Fabrik und in der Fabrik Kanonen. Außer Geld braucht Ihr nur die richtigen Leute dafür, solche die sich mit der Verarbeitung und der Magie von Metall auskennen. Eurem Namen nach zu urteilen, ist Tatkraft Euer größter Schatz.“
„Ein guter Scherz, Barionstab. Kanonen. Für nichts zu gebrauchen und eine Verschwendung von Erz. Teuer sind sie überdies auch noch.“
„Das nenne ich eine deutliche Aussage. Erklärt mir, warum Kanonen für nichts zu gebrauchen sind.“
„Sie sind schwer und noch schwerer zu bewegen. Sie bieten ein statisches Ziel, und ihr Schwachpunkt sind die Kanoniere. Jeder brauchbare Kampfmagier könnte eine Stellung zerstören.“
„Und СКАЧАТЬ