Название: Waypoint FiftyNine
Автор: Sandra Florean
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783945230503
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Der ehemalige Finanzminister war sich nicht ganz im Klaren darüber, was ein Profiopfer eigentlich leistete, geschweige denn welchen Nutzen er davon haben könnte.
»Ist das so?«, erkundigte er sich und bemühte sich, süffisant zu klingen. Er wollte den Eindruck von Überlegenheit vermitteln, während er gleichzeitig hoffte, dass Kalzan eine Erklärung folgen lassen würde.
»Selbstverständlich. Ein Leibwächter nützt Ihnen hier überhaupt nichts.«
Kalzan warf einen vielsagenden Blick zu KRAWUMM!.
Dabei spielte er geistesabwesend an einem Armreif herum, den er um das lächerlich dürre Handgelenk trug. Der ehemalige Finanzminister hätte schwören können, dass noch vor wenigen Augenblicken ein kleines Licht an der Seite geleuchtet hatte, aber jetzt war es erloschen.
»Beispielsweise könnten Sie die drei Individuen dort an der Theke sicher problemlos aus dem Weg räumen. Jedenfalls außerhalb der Kneipe. Hier drin macht Ihnen Ihr schickes Spielzeug mit dem Gewaltblocker im Nacken nicht einmal eine Dose Ravioli auf«, ergänzte Kalzan. »Aber selbst wenn Ihnen die Beseitigung gelingt, kommen schon bald die nächsten. Ihre Feinde aus dem Weg zu räumen ist nicht zielführend, wenn es derart viele gibt. Um Ihre Ruhe zu haben, müssen Sie schon selbst sterben.«
Der ehemalige Finanzminister hüstelte dezent. »Genau um das zu vermeiden, habe ich meine Heimat verlassen.«
Kalzan schenkte ihm ein gewinnendes Lächeln.
Was hatten diese Menschen doch für stumpfe Zähne. Der ehemalige Finanzminister verstand nicht, warum eine solche Spezies überhaupt lächelte. Es wirkte nicht im Mindesten bedrohlich.
»Sie müssen das Sterben nicht selbst übernehmen«, sagte er. »Sie können es outsourcen. Vertrauen Sie mir. Ich bin Profi.«
Der ehemalige Finanzminister verstand genug von dubiosen Geschäften, um allmählich Kalzans Geschäftsmodell nachvollziehen zu können.
»Klingt als hätten Sie da eine echte Marktlücke entdeckt«, stellte der ehemalige Finanzminister fest.
Kalzan lächelte noch immer. »Sie würden sich wundern, Herr Minister«, sagte er. »Falls Sie Interesse an meinen Diensten hätten, sollten wir die Details vielleicht in privaterem Rahmen besprechen. Ich habe ein Torpedorohr reserviert. Damit unsere Freunde nicht mithören.« Er nickte vielsagend zu ihren drei Beobachtern hinüber. Dann erhob er sich und streckte dem ehemaligen Finanzminister auffordernd die Hand entgegen.
KRAWUMM! begann unheilvoll zu surren.
»Fremde Lebensform sondiert. Menschlich«, verkündete er mit unpersönlicher Stimme. »Bitte ziehen Sie sich umgehend aus dem Schutzbereich zurück, oder Sie werden liquidiert.«
Hastig zog Kalzan die Hand wieder zurück und blickte den Roboter finster an. Obwohl er selbst kurz zuvor noch auf die Einschränkung durch den Gewaltblocker hingewiesen hatte, schien er von der Sondierung nicht besonders begeistert.
Der ehemalige Finanzminister erhob sich ebenfalls. Er war tatsächlich beeindruckt. Kalzan war es gelungen, sogar die Sensoren des Roboters zu täuschen. Seine menschliche Tarnung war wahrhaft perfekt. Nur einem G-O-2T konnte das gelingen. Der Fremde musste also tatsächlich das sein, wofür er sich ausgab. Wenn er noch einen weiteren Beweis benötigt hatte, so hatte KRAWUMM! ihm diesen soeben geliefert.
»Sie sollten ihn hierlassen.« Kalzan und deutete auf den Roboter. »In den Torpedorohren ist nicht genug Platz.«
Der ehemalige Finanzminister zögerte für einen Augenblick. In der Gegenwart von KRAWUMM! fühlte er sich sicher. Möglicherweise handelte es sich um eine Falle. Vielleicht arbeitete Kalzan mit den Kopfgeldjägern zusammen.
Doch andererseits hatte ein G-O-2T es wohl kaum nötig, auf diese schäbige Art sein Geld zu verdienen. Und er hatte es ganz bestimmt nicht nötig, sich dafür Komplizen zu suchen.
»Warte hier«, wandte der ehemalige Finanzminister sich an KRAWUMM!. Dessen grüne Leuchte in Kopfhöhe sprang dank der Stimmerkennung sofort auf Rot und versetzte sich vorübergehend in den Ruhemodus.
Kalzan nickte beifällig und ging voraus in Richtung der Torpedorohrbar. Hier sah es schon eher nach einer Gegend aus, in welcher der ehemalige Finanzminister früher einmal verkehrt hatte. Während seiner Amtszeit hatte er beträchtlich viel Zeit in Hinterzimmern verbracht.
Er quetschte sich zuerst auf die Sitzbank in einem Rohr, während Kalzan mühelos hinter den Tisch glitt. Vielleicht hatte er bloß deshalb die Gestalt eines Menschen gewählt, dachte der ehemalige Finanzminister bitter. Hier drin war es ganz schön eng für jemanden von seiner eindrucksvollen, wohlgenährten Gestalt.
»Möchten Sie etwas trinken?«, erkundigte Kalzan sich höflich.
»Danke, nein«, lehnte der ehemalige Finanzminister ab und schaute durch die Glaskuppel, die eine atemberaubende Aussicht hinaus in die Dunkelheit bot. Derzeit hatte der ehemalige Finanzminister jedoch keinen Blick dafür.
»Ich werde die Bedienung bitten, uns den Bierbrunnen nachzuschicken«, sagte Kalzan. »Es wäre unhöflich, nichts zu bestellen, meinen Sie nicht?« Er gab seinen Wunsch umständlich lange durch den Interkom durch.
Der ehemalige Finanzminister wurde langsam unruhig.
Womöglich war es ein Fehler gewesen, diesen Fremden zu begleiten. Kalzan schien Zeit schinden zu wollen. Entweder handelte es sich dabei um seine Verkaufsstrategie, oder der ehemalige Finanzminister war bereitwillig in eine Falle getappt.
»Ich bin sicher, Sie interessieren sich dafür, was ich im Detail für Sie tun kann«, sagte Kalzan völlig unvermittelt, nachdem er ebenfalls eine Weile stumm aus dem Fenster gesehen hatte.
»Sie können meinen Tod vortäuschen«, sagte der ehemalige Finanzminister.
Energisch schüttelte Kalzan den Kopf, wobei das Haar auf einem Kopf erneut zu wippen begann.
»Nein, nein«, korrigierte er ungeduldig. »Ich kann für Sie sterben. Nichts an dem Tod wird vorgetäuscht sein. Haben Sie vom Diktator von UwU gehört?«
»Natürlich«, bestätigte der ehemalige Finanzminister. »Es war ja überall in den Nachrichten. Eine schreckliche Geschichte. Den ehemaligen Herrscher eines ganzen Systems einfach so in einem Hinterhof zu erschießen. Man sollte doch meinen, die Leute hätten noch ein wenig Respekt vor der Größe, die er einst besessen hat.« Traurig schüttelte er den Kopf. Natürlich konnte er die politische Verfolgung, die Arbeitslager und Massenhinrichtungen, die auf UwU betrieben worden waren, laut seiner offiziellen Philosophie nicht öffentlich gutheißen. Aber privat war er mit dem Diktator immer sehr gut zurechtgekommen. Auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren waren sie beide leidenschaftliche Golfer gewesen.
»Dem Diktator geht es derzeit prächtig«, sagte Kalzan. »Macht gerade Urlaub auf Dalyss, zusammen mit seiner ehemaligen Sekretärin, wenn mich nicht alles täuscht. Hier, schauen Sie.«
Aus der Tasche seines Raumanzugs zog er ein altmodisches Tablet und hielt dem ehemaligen Finanzminister das Display entgegen. Er beugte sich vor und inspizierte die Fotografie, die darauf zu sehen war, misstrauisch. Sie zeigte ganz ohne Zweifel den ehemaligen Diktator von UwU, der irgendwo an einem sonnigen Strand lag und grinsend eine Zeitung von vergangener Woche in die Kamera hielt, deren Schlagzeile verkündete: Skrupelloser Diktator seinem gerechten СКАЧАТЬ