Название: Waypoint FiftyNine
Автор: Sandra Florean
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783945230503
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Er presste seinen Daumen auf die gestrichelte Linie am Ende des Testaments und gab auf Nachfrage sein Passwort ein. Diese Kombination aus Biosensor und klassischer Technik entsprach dem Standard, da so das Risiko eines Missbrauchs minimiert wurde. Man ging davon aus, dass man entweder den Notizzettel mit den festgehaltenen Passwörtern verlor, oder seinen Daumen – nicht jedoch beides zugleich.
Ein grünes Häkchen leuchtete hinter seiner Unterschrift auf und Kalzan zog das Tablet wieder zu sich.
»Ich danke Ihnen, Herr Minister«, sagte er gut gelaunt und als der ehemalige Finanzminister den Blick hob, saß er sich selbst gegenüber. Nur lange Übung hielt ihn davon ab, erschrocken zusammenzuzucken. Ihm glückte sogar ein anerkennendes Nicken.
Er fand die Erscheinung um einiges stattlicher als die des armseligen Menschen davor. An den Rändern flirrte sein Abbild ein wenig, aber der G-O-2T hatte auch nicht besonders lange Zeit gehabt, um ihn zu kopieren.
»Wie läuft das jetzt?«, erkundigte er sich, nur um sicherzugehen.
Das Abbild des ehemaligen Finanzministers des Alterta Mondes lächelte ihn an. Er hatte genau die richtige Menge an Zähnen, um das Lächeln bedrohlich wirken zu lassen.
»Sie geben mir den Zugangscode zu Ihrem Raumschiff und ich verlasse die Bar. Sie warten hier und nachdem genug Zeit verstrichen ist, machen Sie sich auf den Weg. Erkundigen Sie sich ruhig über das Interkom bei der Bedienung, ob die Herren an der Theke bereits verschwunden sind. Wenn alles glatt läuft, hören Sie morgen früh in den Nachrichten von Ihrem Tod.«
Widerstrebend nannte der ehemalige Finanzminister den Zugangscode zu seinem Raumschiff. Er hätte es lieber selbst behalten – es war ein Luxusmodel der Extraklasse – aber er verstand die Notwendigkeit einer falschen Fährte. Seine Karriere hatte er auch nicht ohne Opfer hinter sich gebracht und darunter waren bereits wertvollere Dinge gewesen – seine Villa auf dem Alterta Mond, eine xitelische Vase und seine dritte Ehefrau.
Kalzan erhob sich und lächelte ihm ein letztes Mal zu. Dann verließ er die Torpedorohrbar. Der ehemalige Finanzminister blickte ihm nach und fragte sich, ob er wirklich noch länger auf den Bierbrunnen warten, oder sich doch lieber gleich einen FiftyNiner bestellen sollte. Ihm war nach Feiern zumute.
In der Bar begegnete Kalzan – noch immer in Gestalt des ehemaligen Finanzministers, auch wenn ihm diese Gestalt nicht sonderlich schmeichelte – der Bedienung, die sich endlich seiner Bestellung angenommen hatte. Er lächelte ihr freundlich zu.
Kalzan war schon die ganze Zeit über nach Lächeln zumute, was hauptsächlich daran lag, dass der ehemalige Finanzminister ein Idiot war.
Neben dem Tisch, an dem die künstliche Intelligenz mit dem bezeichnenden Namen KRAWUMM! auf ihn wartete, hielt er kurz.
»Wir machen uns auf den Weg«, verkündete Kalzan und dank der manipulierten Stimme reagierte KRAWUMM! sofort. Er schaltete aus dem Ruhemodus und erhob sich schwerfällig, um seinem neuen Besitzer zu seinem neuen Raumschiff zu folgen. Kalzan hatte schon immer einen KRAWUMM! haben wollen. Außerdem hatte er sich auch ein neues Raumschiff gewünscht.
An der Theke lösten sich drei zwielichtige Individuen aus ihrer bisherigen Position und folgten der Gestalt des ehemaligen Finanzministers ebenfalls.
Sie passierten den Waffencheck und durchquerten den Hangar. Die drei Verfolger benötigten deutlich länger am Waffencheck, denn sie gehörten zu der Fraktion Gürtel-und Hosenträger – oder in diesem Fall Schusswaffe und Nahkampfklinge. Er selbst hatte sich nur einen kurzen Moment aufhalten müssen, während KRAWUMM! seinen Gewaltblocker entfernt bekam.
Kalzan wartete nicht auf seine Verfolger, sondern betrat sein neues Schiff. Er war äußerst beeindruckt. Die Sitze waren gepolstert und die Einrichtung modern. Der ehemalige Diktator von UwU war mit deutlich weniger Stil gereist. Das Sicherheitssystem war ebenfalls hervorragend. Es kam allerdings nicht zum Einsatz, denn Kalzan hatte es bereits deaktiviert und die Luftschleuse unverschlossen gelassen.
Zugegebenermaßen hätte das die Verfolger vielleicht misstrauisch stimmen sollen, da man von Kopfgeldjägern einen gewissen Intelligenzquotienten erwarten konnte. Im Gegensatz dazu waren sie Kalzan für den Job eher unterqualifiziert vorgekommen. Kalzan pfiff fröhlich vor sich hin, während er auf die Schritte hinter sich lauschte.
Dann fragte eine Stimme: »Wie ist es gelaufen, Boss?«
»KRAWUMM!«, sagte Kalzan.
Dank der Stimmerkennung reagierte die künstliche Intelligenz sofort. Augenblicklich machte sie ihrem Namen alle Ehre.
Es blieb nur zu hoffen, dass das Reinigungssystem seines neuen Raumschiffes genauso effizient funktionierte wie KRAWUMM!. Drei Kopfgeldjäger hatten sich soeben zu ungleichen Teilen über den gesamten Innenraum verteilt.
»KRAWUMM!«, fuhr Kalzan fort. »Lege neuen Besitzer fest. Stimmerkennungsbasis.«
»Stimme wird aufgezeichnet«, verkündete KRAWUMM! dumpf. »Bitte sprechen Sie jetzt.«
Kalzan schaltete das Simulationsarmband an seinem Handgelenk aus und augenblicklich änderte sich seine Gestalt. Laut und deutlich sagte er: »Neue Stimme übernehmen.«
KRAWUMM! surrte, dann blinkte ein grünes Licht in Kopfhöhe auf.
»Stimme übernommen. Schutzperson menschlich.«
Kalzan lächelte zufrieden und ließ sich auf dem Steuersitz nieder. Doch sein richtiger Name lautete Karl – und er war tatsächlich ein Mensch.
Menschen waren weder eine besonders widerstandsfähige Spezies, noch waren sie besonders intelligent. Aber sie waren kreativ. Wo andere bloß von einem Kopfgeld träumten, dachte Karl an all die Ersparnisse, die ein Toter unmöglich ausgeben konnte. Deshalb hatte er sich mit den Auftragsmördern zusammengeschlossen.
Außerdem waren Menschen gut in Mathematik. Karl hatte ausgerechnet, dass sehr viel geteilt durch eins mehr ergab als sehr viel geteilt durch vier.
Karl zog sein Tablet hervor und tippte eine Nachricht an die Regierung des Alterta Mondes, in der er ihnen die Koordinaten ihres ehemaligen Finanzministers in der Torpedorohrbar ebenso wie die Nummer von Karls Bankkonto mitteilte, auf das sie das Kopfgeld überweisen sollten.
Obwohl Menschen weder besonders widerstandsfähig noch besonders intelligent waren, hatten sie sich nicht grundlos über das ganze Universum ausgebreitet. Neben ihrer Kreativität und ihren Rechenkünsten hatten sie den meisten übrigen Spezies noch etwas anderes voraus. Sie waren echte Drecksäcke.
Karl blickte auf die Steuerkonsole vor sich und überlegte, wohin er als Nächstes aufbrechen sollte. Er hatte ein Simulationsarmband, auch wenn dessen Funktion nur für wenige Minuten zu täuschen vermochte. Er hatte ein nagelneues Luxusraumschiff und er hatte einen KRAWUMM! Das Universum stand ihm offen.
Er könnte wieder einmal nach Dalyss, überlegte er. Der letzte Urlaub mit der Sekretärin des ehemaligen Diktators von UwU hatte ihm eigentlich ganz gut gefallen. Schöne Golfplätze gab es dort.
Und leisten konnte er es sich jetzt auch. In Kürze würde er wieder einmal erben.
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