Let´s play love: Leon. Hanna Nolden
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Название: Let´s play love: Leon

Автор: Hanna Nolden

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия: Let´s play love

isbn: 9783958694071

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СКАЧАТЬ so schlecht, dass ihr fast das Frühstück hochkam. Sie könnte zwar zur Mittagspause die Mensa meiden, trotzdem lief sie Gefahr, ihm irgendwo zu begegnen, und außerdem war das mehr als feige. Sie war sich immer noch nicht im Klaren darüber, was sie eigentlich wollte. Seine Worte hatten sie verletzt, was ein sicheres Zeichen dafür war, dass sie selbst mehr von Leon wollte, aber ein anderer Teil von ihr wollte das Gegenteil. Sie verspürte ein gewisses Unbehagen, wenn sie an diesen Teil dachte, den Teil, den sie Rebekka nannte. In ihr schrillten sämtliche Alarmglocken. Sie wusste, dass sie sich auf einen gefährlichen, unüberschaubaren Weg begab, aber sie konnte es nicht lassen. Irgendetwas trieb sie dazu an, weiterzugehen, konnte noch nicht von Deckx lassen. Vany hätte Deckx lieber aus ihrem Leben gestrichen und sich ganz aufs Voranschreiten konzentriert, inzwischen war es jedoch fast so, als wäre Rebekka eine eigenständige Person, die selbst ihre Entscheidungen traf. Und Rebekka wollte bloß eines: Deckx. Rebekka war Leon vollkommen egal. Vany spürte eine immer breitere Kluft zwischen sich und der fiktiven Person, die sie erschaffen hatte. Als würde etwas in ihrem Inneren immer weiter auseinanderdriften und sie konnte es nicht aufhalten. Sie konnte nicht einfach Stopp rufen und den Rebekka-Plan aufgeben. Sie konnte von diesem Teil ihres Lebens nicht einmal sprechen. Und sie würde es bei dem Gespräch mit Frau Volckmann-Doose ausklammern.

      Jazz begrüßte sie mit einer liebevollen Umarmung im Klassenraum, was Vany etwas unangenehm war. Verstohlen sah sie sich im Zimmer um. Sie hatte das Gefühl, jeder würde sie anstarren. Jedes getuschelte Gespräch schien ihr zu gelten, jedes Lachen sie auszulachen. Gerüchte machten an Schulen schnell die Runde und sie konnte nicht sicher wissen, wem Tim von ihrem Selbstmordversuch erzählt hatte. Im Unterricht halfen ihr auch ihre neu geordneten Schulunterlagen nicht. Sie war so fahrig, dass sie sich nicht konzentrieren konnte. Mechanisch schrieb sie mit in der Hoffnung, den Stoff zuhause nachholen zu können, mehr war nicht drin. Die Lehrer waren auf jeden Fall von ihren Eltern informiert worden, denn man ließ sie komplett in Ruhe. Es war fast, als wäre sie unsichtbar. Die Erwachsenen konnten sie kaum ansehen, während die Augen der anderen Jugendlichen immer mal wieder neugierig auf ihr ruhten. Dann ging es für Jazz zum Sportunterricht und für Vany ins Büro der Schulpsychologin. Jetzt wurde es ernst. Ihr schlug das Herz bis zum Hals, vor allem, weil sie fest entschlossen war, sich diesmal nicht zu verstellen und tatsächlich etwas von sich preiszugeben. Interessanterweise schien Frau Volckmann-Doose mindestens genauso nervös zu sein wie sie. Vany fragte sich, ob sie jemals mit suizidalen Jugendlichen zu tun gehabt hatte. Das bedeutete ja auch eine ganze Menge Verantwortung. Vany hoffte, dass die Psychologin ihr trotzdem würde helfen können, nachdem sie allerdings bereits erlebt hatte, wie inkompetent die Frau war, wagte sie das zu bezweifeln. Heute scheiterte es schon an der Begrüßung. Vany rechnete mit einer Eingangsfrage wie beim letzten Mal, doch nach einem unverbindlichen »Hallo Vanessa.« verstummte Frau Volckmann-Doose und sah sie nur an. Vany unterdrückte ein Seufzen. Machte sie es ihr absichtlich schwer? Sie ergriff die Initiative: »Ich nehme an, meine Eltern haben Ihnen erzählt, was letzte Woche geschehen ist?«

      Frau Volckmann-Doose nickte. »Sie haben mir berichtet, dass du von zuhause weggelaufen bist, um dich in Köln mit jemandem zu treffen. Es sei zu Handgreiflichkeiten gekommen und anschließend hast du dich vor einen Zug werfen wollen, wo du dann von der Polizei aufgegriffen wurdest. Ist das richtig?«

      Vany zuckte nachlässig die Schultern. »Im Groben ja.«

      »Wie fühlst du dich jetzt?«

      Endlich: Fragen!

      »Ich weiß es nicht genau. Es ist viel passiert. In meinem Kopf sind Unmengen Gefühle und Gedanken. Ich wundere mich, dass er noch nicht geplatzt ist. Ich … ich würde sie wahnsinnig gern ordnen, aber ich habe keine Ahnung, wo ich beginnen soll.«

      Offen und ehrlich. Vany atmete tief durch. Zum ersten Mal an diesem Tag schöpfte sie Hoffnung. Vielleicht konnte Frau Volckmann-Doose ihr ja tatsächlich helfen. Dabei, ihre Gedanken zu ordnen. Dabei, Rebekka McLight wieder einzustampfen und einen Schlussstrich unter das Kapitel Deckx zu ziehen.

      »Beginnen wir doch mit dem jungen Mann. Wer ist das? Wie bist du auf ihn gekommen? Was hat dich dazu bewogen, für ihn nach Köln zu fahren?«

      Das könnte eine lange Sitzung werden, überlegte Vany. Die Worte fielen ihr unglaublich schwer, dennoch mussten sie raus und einmal angefangen konnte sie nicht wieder aufhören: »Sein Name ist Frank Decker. Ich habe ihn im Internet unter dem Namen Deckx kennengelernt. Nach meiner Knieverletzung. Er ist mir sehr schnell sehr wichtig geworden. Er hat einen YouTube-Kanal. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, was das ist. Er lädt Videos im Internet hoch, wo er Computerspiele spielt und kommentiert. Ich habe viel Zeit damit verbracht, seine Videos zu sehen und seine Stimme … seine Stimme zu hören, war ein wichtiger Bestandteil meines Tages.«

      Sie versuchte, zu ergründen, was in Frau Volckmann-Doose vorging, die ein wenig ratlos aussah. Vany wusste, dass Computersucht bei Jugendlichen nicht so selten war. Sie hatten bereits im Unterricht darüber gesprochen, allerdings zu einer Zeit, in der sie sich null für Computer interessiert hatte.

      Plötzlich schien sich in der Psychologin ein Schalter umzulegen, als wäre ihr gerade ein Fragenkatalog eingefallen, den sie irgendwann einmal auswendig gelernt hatte.

      »Du sagst, du hast nach deiner Knieverletzung damit begonnen, diese Videos zu sehen. Überhaupt ist diese Knieverletzung scheinbar der Auslöser für alle deine Probleme. Ich habe mich lange mit deinen Eltern unterhalten und sie haben erwähnt, dass du sehr ehrgeizig gewesen bist. Aber auf mich macht es gerade den Eindruck, als würdest du generell zu Suchtverhalten neigen. Würdest du sagen, dass du vor deiner Verletzung so viel Zeit mit Sport verbracht hast, wie du nach der Verletzung damit verbracht hast, diese Videos anzusehen?«

      Bereits diese erste Frage brachte Vany ins Trudeln. Sie hatte ihren Sport nie als etwas Negatives betrachtet, obwohl sie sich tatsächlich bemüht hatte, die Fitteste auf dem Platz zu sein. Während andere Mädchen aus ihrem Team sich damit begnügt hatten, zu den festen Trainingszeiten auf dem Platz zu sein, war Vany nebenbei joggen oder Fahrrad fahren gegangen und hatte am Abend Kraftsport gemacht. Es stimmte schon. In ihrem Leben hatte sich fast alles um Sport gedreht. Und das war es vermutlich, was Leon gemeint hatte. In ihrem Leben gab es wenig anderes als das.

      »Ja, kann sein«, murmelte Vany verunsichert.

      »Als deine Eltern dir den Laptop weggenommen haben, hat sich das so ähnlich angefühlt, wie damals, als du den Kreuzbandriss hattest? Hast du da oft daran gedacht, dass du jetzt lieber auf dem Platz stehen würdest oder später, dass du viel lieber Videos sehen würdest als irgendetwas anderes zu tun?«

      Vany riss überrascht die Augen auf. Verdammt! Sie war davon ausgegangen, dass es auf diesem Planeten keine inkompetentere Psychologin als ihre gab, aber sie hatte wirklich Recht. Da gab es erstaunliche Parallelen. Sie nickte verblüfft und ein wenig erschrocken.

      »Wie geht es dir jetzt damit? Kannst du dir ein Leben ohne Sport vorstellen? Oder ein Leben ohne die Videos dieses jungen Mannes?«

      Eiskalt erwischt. Sie hatte es versucht. Nach ihrer Knieverletzung hatte sie versucht, ohne Sport auszukommen und hatte sich mit einer ganzen Reihe Sit-ups an den Rand der Erschöpfung getrieben. Und nun? Sie hatte sich gesagt, dass sie durch war mit Deckx. Dass sie ihn nicht mehr brauchte und nicht mehr an ihn denken wollte. Sie hatte jedes Wort von ihm aus ihrem Tagebuch entfernt und zerstört. Sie war so überzeugt gewesen, es geschafft zu haben, um gleich am ersten Abend wieder rückfällig zu werden. In ihrem Innern tat sich auf einmal eine große Leere auf, die sie zu verschlingen drohte. Vany kämpfte dagegen an und versuchte, sich zu verteidigen: »Nun, also, ich glaube, es ist gar nicht so sinnvoll, ein Leben ohne Sport zu führen. Sport ist immerhin sehr gesund. Und das Internet … das ist ja quasi überall. Da kann man sich ja eigentlich gar nicht entziehen.«

      Frau Volckmann-Doose nickte, als würde sie ihr zustimmen, aber sie kritzelte eine Menge unleserlicher Notizen СКАЧАТЬ