Ein Buch für Keinen. Stefan Gruber
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Название: Ein Buch für Keinen

Автор: Stefan Gruber

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783347043282

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СКАЧАТЬ neuerliche, noch höhere Kredite abgelöst werden –, kommt es zum deflationären Kollaps. Da die Schulden (plus Zinsen) des letzten Schuldners nicht durch neuerliche Verschuldung bedienbar gehalten werden, tilgt dieser nun seine Schulden mit dem vorhandenen Geld (bzw. Forderungen auf Geld), das nun folgerichtig den anderen Schuldnern zur Bedienung ihrer Kredite fehlen muss. Der von Martin so bezeichnete »Kettenbrief« reißt und es beginnt ein Kampf um das Schuldentilgungsmittel »Geld«. Nun laufen alle gemeinsam zum Ausgang. Jeder versucht seine Schulden mit dem noch existierenden Geld zu tilgen. Geld wird knapp und es wertet auf oder debitistisch formuliert: Der Produzent kann aufgrund der fehlenden Nettoneuverschuldung seine Produkte nicht mehr am Markt absetzen und senkt sukzessive die Preise, um sie überhaupt noch loszubekommen. Immer mehr Schuldner geraten in diesem Kettenbrief der Kredite unter Druck – den Letzten beißen die Hunde. Die beschriebene deflationäre Spirale aus fallenden Preisen greift um sich. Die ausstehenden Sicherheiten werden neu bewertet, was den Druck auf die übrigen Kreditnehmer erhöht, ihre Kredite schneller zu begleichen oder mit weiteren Sicherheiten zu unterfüttern. Niedrigere Löhne und Arbeitslose befeuern die Entwicklung weiter und da immer mehr Kredite notleidend werden, kommen auch die Banken unter die Räder und stehen kurz vor der Pleite. Die Sparer stürmen daraufhin die Bank, um ihre Forderungen auf goldgedecktes Bargeld (gesetzliches Zahlungsmittel) geltend zu machen. Die Bank kann aber aufgrund ihrer im Preis gefallenen Aktiva nur einen Teil des Giralgeldes bei der Notenbank in Bargeld umwandeln, danach ist sie pleite. So gilt auch hier: Den Letzten beißen die Hunde. Durch die fallenden Preise auf breiter Front sind auch überlebende Banken besonders restriktiv bei der Kreditvergabe und achten auf besonders hohe Bonität ihrer neuen Kreditnehmer. Doch selbst diese wollen in einem Umfeld fallender Preise keine neuen Kredite, sondern beginnen die alten zu tilgen bzw. sparen ihre ständig im Wert steigenden Nominalforderungen (Bargeld unter dem Kopfpolster) und warten auf wirtschaftlich stabilere Zeiten. Durch die fallenden Preise bricht auch bei den Betuchten der Konsum ein, nach dem Motto: Warum soll ich heute Anschaffungen leisten, wenn sie morgen noch viel billiger sind? Das Gleiche gilt für die wenigen, die grundsätzlich bereit wären, Kredite aufzunehmen: Warum heute Kredite aufnehmen, warum nicht morgen, wo die Zinsen noch niedriger sind? So wird ohne Nettoneuverschuldung, die notwendig wäre, um die Schulden zu stemmen, ein Schuldkontrakt nach dem anderen fällig und die Deflationsspirale dreht sich gnadenlos, theoretisch bis zu dem Punkt, wo alle Kredite vernichtet sind und damit kein Buchgeld mehr existiert bzw. alles Geld (in welcher Form auch immer) zum Emittenten zurückgekehrt ist. Praktisch bricht dagegen nur das Kreditgeschäft der Banken zusammen, d.h. der Markt für Forderungen auf das gesetzliche Zahlungsmittel. Die Deflation bucht damit Schulden aus, die uneinbringlich sind und korrigiert die der Deflation vorangegangene Inflation. Übrig bleiben die Steuerforderungen, d.h. das echte Geld, das weiterhin nachgefragt und damit gegen Verschuldung geschöpft werden muss. Würde diese Forderung in einem Gedankenexperiment wegfallen1 und würden wir uns in einer isolierten Volkswirtschaft mit ausreichend Grund und Boden für jedermann befinden, dann würde sich die Gesellschaft, nach einem jahrzehntelangen Intermezzo der für krisengeschüttelte Machsysteme typischen Tausch-Geschäfte (Zigaretten gegen Nahrung etc.), wieder zu Stämmen mit Subsistenzproduktion zurückentwickeln, das Abgabengut, in unserem Fall Gold, würde zu seinem inneren Wert zurückkehren (Schmuckwert, der besonders in einer Krise äußerst niedrig und in Stämmen de facto wertlos ist) und Eigentumstitel könnten nicht mehr bepreist werden.

      Deflationäre Phasen sind alles andere als angenehm. Es kommt zu Revolten, Regierungsstürzen und Instabilitäten im Staat. Sowohl Volk als auch Staat fürchten sich vor einer deflationären Schuldenbereinigung wie der geschilderten. Was hat also zu geschehen?

      Um das Funktionieren des Kapitalismus weiter zu gewährleisten, beginnt man ganz einfach die Golddeckung aufzuweichen, von 30 auf 10%, von 10 auf 3% usw. Auf diese Weise versucht man, den inhärenten Zwang des Kapitalismus zur Aufschuldung zu gewährleisten. Es soll nie wieder dazu kommen, dass Unternehmen keinen Kredit bzw. nur einen Kredit unter teuren Konditionen bekommen, weil den Notenbanken das Gold dazu im Tresor fehlt. Nun funktioniert die Aufschuldung wieder. Durch die Fluten an neuen Krediten steigen Aktien, Immobilien, Rohstoffe und Konsumgüter – je nachdem, welches Segment mit den Unmengen an Geld eben gerade nachgefragt wird. Weil alles im Preis steigt, wird fleißig investiert, und die Kredite werden den Banken nur so aus der Hand gerissen. Nun kommt aber selbst die geringste Golddeckung irgendwann an ihre Grenzen. Ein weiterer Crash wartet mit gestiegener Fallhöhe – d.h. noch viel mehr Kredite, noch viel mehr Zerstörungskraft, noch viel mehr Potential für inner- und außerstaatliche Instabilität. Wieder können weder Volk noch Staat die Deflation zulassen und so beginnt man die Golddeckung ganz abzuschaffen, die ohnehin nie mehr war als ein künstlich geschaffenes Element zur Begrenzung des Kreditwachstums; bzw. hatte Gold nach Gunnar Heinsohn und Otto Steiger früher überhaupt nur den Vorteil der Fälschungssicherheit gegenüber Banknoten. Dem Staat war die Golddeckung darüber hinaus ohnehin immer ein Dorn im Auge – war er dadurch ja selbst in seiner Kreditaufnahme beschränkt. Mit Gold lässt sich deshalb kein für ein Weltreich notwendiger Imperialismus betreiben, keine Demokratie erhalten (Bestechung des Wählers mit seinem eigenen, in Zukunft zu erwirtschaftenden Geld), keine internationale Konkurrenz ausstechen (ein Land mit Goldstandard muss langfristig gesehen immer hinter der Wirtschaftsleistung eines Landes mit ungedecktem Geld zurückbleiben), kein Wettrüsten mithalten und keine zwingend steigende Komplexität des Wirtschaftsraumes verwalten. Darüber hinaus wird in einer Deflation in einem demokratischen System die amtierende Regierung abgewählt und in einem nichtdemokratischen System herrschen zumindest machtpolitische Instabilitäten. Der Goldstandard kann also stets nur ein Intermezzo im Leben einer Kultur sein, wenn diese die Möglichkeit erhält, mit Privateigentum zu wirtschaften. Entweder diese schafft ihn irgendwann ganz ab oder weicht ihn sukzessive so weit auf, dass es einer Abschaffung gleichkommt.1

      Mit der Abschaffung des Goldstandards steht der entfesselte Kapitalismus da in seiner ganzen Pracht und Reinheit. Der Markt wurde von künstlichen Gold-Regulierungen befreit und der Kredit kann in Hülle und Fülle aus den privaten Geschäftsbanken sprudeln und die Wirtschaft befeuern. Da bald auch die Banken nichts anderes als jahrzehntelangen Wirtschaftsboom und steigende Preise (z.B. der Immobilien), daher im Wert steigende Sicherheiten, kennen, wird auch dort die Kreditvergabe immer laxer, d.h. sie verlangen immer weniger Eigentumspfand als Sicherheit und vertrauen auf das Rückzahlungsversprechen1, sodass sich letztendlich jeder ein Haus leisten kann.2 Das Emittieren von Giralgeld ohne (bzw. mit wenig) Eigentumsdeckung durch den Schuldner ist der finale Schritt am Ende eines – zu diesem Zeitpunkt noch prosperierenden – debitistischen Zyklus. Der Kredit ist dann oft zu einem großen Teil nur noch durch das zukünftige Einkommen des Kreditnehmers besichert. Und auch hier zeigt sich wieder, dass Geld immer nur Produkt einer Schuld sein kann: Bricht nämlich das Einkommen aufgrund von Arbeitslosigkeit weg und kann der Kreditnehmer deshalb seinen Kredit nicht mehr begleichen, wird sein Giralgeld zu Nettogeld, d.h. es hebt in dem Segment, in dem der Kreditnehmer mit dem Kredit gekauft hat (Nachfrage), die Preise (Inflation), aber da es im Gegenzug keine Leistung (Angebot) des Kreditnehmers gibt, sinken die Preise in einem anderen Segment nicht, d.h. es gibt einen gesamtwirtschaftlich inflationären Impuls durch die Nachfrage mit dem neu geschaffenen Geld, aber kein Erwirtschaften neuer Waren und Dienstleistungen zur Kredittilgung, um ein deflationäres Angebot in die Welt zu setzen. Erst wenn die Geschäftsbank die Bilanzlücke mit ihrer Gewinnrücklage schließt, d.h. den Kredit mit ihrem eigenen Geld tilgt und dieses Geld somit vernichtet, wird der inflationäre Impuls wieder neutralisiert. Wieder ist klar ersichtlich: Ob Gold oder Papier – einen inneren Wert, losgelöst von einer Schuld, die zur Nachfrage nach Geld durch das Stellen eines Angebots (Leistung) verpflichtet, gibt es nicht. Geld hat immer einen Termin, an dem damit eine Verbindlichkeit getilgt werden soll. Ohne Termin ist es wertlos; nur durch den Termin wird es überhaupt nachgefragt. Geld ist immer, sobald es existiert, bereits fällig. Geld, das also »netto zirkuliert«, wie sich das die Vertreter der Tauschtheorie vorstellen, gibt es nicht bzw. hat keinen Wert. Der Staat kann zwar Nettogeld ins Wirtschaftssystem pumpen – gemeint ist Geld (in gedruckter oder elektronischer Form) ohne Schuldner als Counterpart –, dieses Nettogeld erhält seinen Wert aber immer nur durch alle anderen schuldbehafteten Geldderivate, welche durch die Existenz dieses wertlosen Nettogeldes (im konventionellen Geschehen Scheidemünzen) verwässert werden, d.h. inflationieren. Niemals kann mit dem СКАЧАТЬ