Ein Buch für Keinen. Stefan Gruber
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Название: Ein Buch für Keinen

Автор: Stefan Gruber

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783347043282

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СКАЧАТЬ Reich unaufhörlich öffnet, da die Schulden der Unter- und Mittelschicht und der Unternehmen den Guthaben der Oberschicht entsprechen. Ebenso konzentriert sich das unbelastete Eigentum zur potentiellen Kreditschaffung in der Oberschicht, das deshalb bei den Leistungsträgern des Wirtschaftssystems rar wird. Der Leistungsdruck nimmt also in den unteren Schichten und den verschuldeten Unternehmen sukzessive zu, verunmöglicht im Volk nach und nach die Schaffung eines kleinbürgerlichen Glücks und hat am Ende nur noch den Sinn, Erträge für die Oberschicht zu erwirtschaften, deren Wertpapiere bedient werden und im Wert steigen sollen (Entkopplung von Realwirtschaft und Finanzwirtschaft). Ohne eine breit gestreute Eigentumsverteilung und die Schaffung von Vermögen durch die Leistungsträger zur weiteren Kreditgenerierung endet ein debitischer Durchlauf in sich selbst. Bricht nämlich die Netto-Neuverschuldung dauerhaft ein, ist ein debitistischer Zyklus vollendet und löst sich auf in Bürgerkriege, internationale Kriege, bitterster Armut, Totalitarismus und schließlich einer Neuordnung der Dinge. Diese Durchläufe kennt man bereits seit der frühdynastischen Zeit Mesopotamiens (2900 – 2340 v. Chr.), als es gegen Ende des Kulturzyklus der Sumerer immer wieder zu staatlich veranlassten Schuldenerlassen kam, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Ein Konzept, das natürlich nur dann Sinn macht, wenn der Großteil der Menschen die Schulden direkt beim Staat hat (via Tempelbank) und die Schuldenerlasse nicht mit periodischer Regelmäßigkeit kommen (sondern nur, wenn bereits die Krise eingetreten ist). Würden heute periodische Schuldenerlasse beschlossen, wäre die Rechtssicherheit für Gläubiger dahin, die Geschäftsbanken sofort pleite und der Markt würde sich sofort auf die neue Regelung einstellen (z.B. in Form von horrend steigenden Zinsen, je näher das nächste »Jubeljahr« rückt). Schuldenerlasse sind also nicht irgendeiner Großzügigkeit geschuldet, sondern nichts anderes als eine Währungsreform, der bereits schwerste Krisen und katastrophale Schicksale vorausgingen. Dass der Kapitalismus stets in die gleiche Katastrophe mündet, ist natürlich kaum jemandem in der Geschichte des Kapitalismus entgangen. Bereits Aristoteles beklagte die angebliche Widernatürlichkeit des Zinses und heute sind es vor allem die Freiwirte1, die mit ihren Konzepten einer »umlaufgesicherten Währung« den Fehler des Systems auszumerzen versuchen. Allen Kritikern des gegenwärtigen Geldsystems, angefangen bei Aristoteles, ist allerdings gemein, dass sie nicht begreifen, was Geld eigentlich ist und deshalb dem Tauschparadigma anhängen. Expemplarisch will ich hierfür die Freiwirte hervorheben. Sie wollen das Sparen von Geld durch eine Wertminderung desselben über die Zeit hinweg bestrafen, z.B. indem man auf jeden Geldschein (z.B. 100-€-Schein) Monat für Monat eine Marke klebt (z.B. im Wert von 50 Cent), um den Wert zu erhalten, d.h. Geldhaltung soll auch Geld kosten – das Geld soll sozusagen »verderben« wie eine Ware. Dabei erklären die Freiwirte nicht, woher der ursprüngliche 100-€-Schein kommt, da er in ihrer Vorstellung ohne Schulden ensteht und damit schon per se wertlos ist (»Nettogeld«). Sie erklären ebenso nicht, woher die Marken kommen: Sind sie Nettogeld, d.h. werden sie nicht zur Schuldentilgung abgefordert? Dann sind sie wertlos und befeuern die Hyperinflation des ohnehin schon wertlosen Freigeldes. Sind sie aber Ergebnis eines Gläubiger-Schuldner-Kontrakts, dann befeuern sie das deflationäre Potential, weil Menschen Kredit aufnehmen müssten, damit andere ihr Guthaben wertstabil halten könnten – ein groteske Vorstellung, mit ebenso grotesken Implikationen für das Bankgeschäft und die Negativzinspolitik in einem Freigeldsystem. Dass ein derartiges »Schwundgeld« natürlich mit einer massiven Hortung von Sachwerten einhergehen würde, ist auch dem Begründer der Freiwirtschaftslehre, Silvio Gesell, nicht entgangen, weshalb er der Hortung von Grund und Boden in seinem Theoriemodell durch eine »Bodenreform« beizukommen versuchte. Diese beinhaltete Pachtzahlungen an den Staat als Nutzungsgebühr, was besonders skurril ist, weil mit dieser Pacht der positive Zins, den Gesell zu bekämpfen versuchte, plötzlich wieder die kapitalistische Bühne betritt. Pachtzahlungen sind nichts anderes als Zinsen (»Pachtzins«); vom primären Zins, dem »Zinnß«, der Steuerzahlung an den Staat, ganz zu schweigen.2 Darüber hinaus – und das war auch der Grund, weshalb ich die Freiwirte dem debitistischen Denkmodell gegenüberstellte – ist eine Erhöhung der sogenannten »Umlaufgeschwindigkeit« keine Lösung für das systemimmanente Problem des Debitismus, so wie diese überhaupt eine der am meisten überschätzten Phrasen der etablierten Lehre ist. Was passiert, wenn sich die Umlaufgeschwindigkeit einer Währung erhöht? Bleibt die Nettoneuverschuldung aus, dann werden in der Zwischenzeit Kredite getilgt. Jeder Nachfrage nach Produkten auf der einen Seite, durch eine Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit, stehen Fälligkeiten der Kredite gegenüber, durch die das Geld erst erschaffen wurde. Wo also auf der einen Seite Produkte nachgefragt werden und sich deren Preis erhöht, werden auf der anderen Seite Kredite getilgt, was Geld vernichtet und die Nachfrage wieder abwürgt. Das Missverständnis, dass eine signifikante Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes die Ursache für Hyperinflationen ist, kommt einerseits daher, dass die Neoklassiker Geld wie eine Ware behandeln, d.h. seinen Wert ebenso durch Angebot und Nachfrage ausdrücken wollen wie bei den Dingen, die man damit kauft. Und andererseits kommt es aus der Beobachtung, dass sich die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes in einer Hyperinflation erhöht, was aber nicht Ursache, sondern Folge der Hyperinflation ist, wie später noch zu zeigen sein wird. Man kann es drehen und wenden wie man will: Nur neue Kredite bringen neues Wirtschaftswachstum, nur neue Kredite halten das Preisniveau oben und nur neue Kredite halten das Gewerk am Laufen. Ebenso wenig ändert das bloße Streichen von Schulden, das natürlich auf der anderen Seite der Bilanz zu einer Vernichtung von Guthaben führen muss, irgendetwas am grundsätzlichen Problem: der Konzentration von Eigentum in den Händen weniger. Erst eine großflächige Enteignung von Eigentum für die Kreditschaffung, wie beispielsweise Grund und Boden oder Immobilien, mit einer anschließenden breitflächigen Verteilung kann einen neuen debitistischen Zyklus initiieren, und das geschieht am Ende eines solchen auf die eine oder andere Weise (fast) immer:

      1. In Form eines »Lastenausgleichs«, wie er 1952 in Deutschland stattfand. Hierfür werden Eigentümer gezwungen, ihr Eigentum zu belasten.

      2. In Form einer direkten Enteignung Vermögender, zu welcher der Staat (alter Machthaber oder neuer Machthaber durch Putsch) in der klassischen Revolutionsphase gezwungen ist, um sein Machtmonopol zu behalten.

      3. Wenn die Nachschuldnerfindung durch wirtschaftliche Expansion (Globalisierung) keine weiteren Erträge abwirft, werden Kriege geführt – zum Erzwingen von Nachschuldnern (Sklavenhaltung oder der Verliererstaat besteuert den Siegerstaat), zur Eigentums- und Rohstofferbeutung, um im Land einen inflationären Impuls gegen die Deflation zu setzen und nicht zuletzt, um den Zusammenhalt im Inneren durch einen äußeren Feind zu gewährleisten.

      4. Indirekt durch einen von Krieg zerbombten Staat, der eine neue, breiter gestreute Eigentumsverteilung möglich macht.

      Der Kapitalismus ist letztlich ein modifiziertes Monopoly-Spiel, mit der neuen Spielregel, dass niemand mit einem Startkapital beginnen darf, sondern sich dieses erst leihen muss. Ziel des Spiels ist es, den Konkurrenten tiefer in die Verschuldung zu treiben, um selbst solvent zu bleiben bzw. Geld oder Geldforderungen zu horten, mit denen hernach Eigentumstitel gekauft werden können. Wenn am Ende einige wenige alles besitzen und die große Mehrheit heillos verschuldet ist, ist der Durchlauf beendet. Der letzte debitistische Durchlauf im Leben einer Kultur wird nicht mehr abgewickelt, sondern durch die dann auftretenden Imperatoren so lange wie nur möglich durch Staatsverschuldung, Nettogeld-Spritzen, Teil-Währungsreformen, Imperialismus, Enteignung von politischen Kontrahenten und Gläubiger-Morde gedehnt. Die betreffende Volkswirtschaft findet dann, selbst nach einer vollständigen Währungsreform, nie wieder zu alter Stärke, weil eine großflächige Enteignung von Eigentum mit anschließend breit gestreuter Verteilung aufgrund der Komplexität des betreffenden Wirtschaftsraumes weder politisch noch ökonomisch durchsetzbar ist. Wir kommen später im Detail darauf zurück. Halten wir vorerst fest: Betrachten wir die Gesamtverschuldung der Bevölkerung und die Verschuldung des Staates bzw. reziprok dazu das Gesamtguthaben als eine einzige Bilanz, dann darf es in dieser zu keiner längerfristigen Bilanzverkürzung kommen. Die Gesamtschuldenmenge und spiegelbildlich die Guthaben müssen stetig wachsen.

      Nun sind diesem Kreditwachstum aber im Goldstandard Grenzen gesetzt, nämlich durch die vorhandene Goldmenge, mit der die Notenbank die Nachfrage der Geschäftsbanken nach Bargeld begrenzt, was indirekt auch die Kreditvergabe der Geschäftsbanken СКАЧАТЬ