Ein Buch für Keinen. Stefan Gruber
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Название: Ein Buch für Keinen

Автор: Stefan Gruber

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783347043282

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СКАЧАТЬ früher für ein Haus gespart und konnte dieses dann nach der Tilgung des Kredits als Sicherheit für neue Kredite anbieten, so geht der Kredit am Ende des Zyklus, wenn alle Grundbedürfnisse befriedigt sind, in den Konsum von Wellness-, Freizeit- und Spieleprodukten und in den Dienstleistungssektor, während das Wohnen auf Miete (Mietzins) den Traum von der immer weniger leistbaren eigenen Immobilie ablöst. Der Kredit wird also verkonsumiert ohne Erwerb eines dauerhaften Produktes für die zukünftige Kreditschöpfung. Die Leistung, die dann für die Abbezahlung des Kredites erbracht wird, verlagert sich ihrerseits mehr und mehr in Werbe- und Marketingbranchen, die Erzeugung flüchtiger Konsumgüter bzw. den Dienstleistungssektor. Nichts davon erzeugt mehr belastbares Eigentum als Basis für die Fortführung des Aufschuldens. Der vierte Punkt kann in einer anderen Form der Zeit-Problematik gefunden werden. Ich nenne dieses Phänomen das Konsum-Leistungs-Paradoxon. Gerät die Kreditmaschinerie ins Stocken, stagnieren die Löhne und es kommt zu sinkenden Umsätzen bei den Unternehmen. Sobald sich der Staat von den Fesseln der Goldbindung teilweise oder ganz befreit hat (im Westen mit dem Ende des Bretton-Woods-Systems 1973, das ohnehin mit einem klassischen Goldstandard nur mehr wenig zu tun hatte), kann er die drohende deflationäre Spirale durch Staatsverschuldung auffangen (Keynesianismus), d.h. der Staat nimmt Kredite auf und pumpt Geld in die Märkte, um die Preise oben zu halten. Da es für Staatsschulden, im Gegensatz zu Privatschulden, außer höheren zukünftigen Steuern kein Leistungsversprechen gibt, wirken diese immer inflationär, d.h. es werden mit Krediten Waren oder Dienstleistungen gekauft (inflationär), ohne den Kredit durch eine Erwirtschaftung von Waren oder Dienstleistungen (Mehrangebot = deflationär) zu decken. Zu dem Zeitpunkt, an dem der Staat zur Deflationsvermeidung in die Märkte eingreift, beginnt eine irreversible Symbiose zwischen Staatsverschuldung und Privatverschuldung. Stockt die private Kreditvergabe, springt ab diesem Zeitpunkt der Staat als Nachschuldner ein und deckt die Kredit-Finanzierungslücke mit einer Forderung auf zukünftige Steuereinnahmen, ergo Staatsverschuldung. Irreversibel ist diese Entwicklung deshalb, da Staatsverschuldung immer Inflation induziert und folglich die Steuer am Monatsende mit entwertetem Geld bezahlt wird, was den Staat zur permanenten Steuererhöhung zwingt, um sich zu finanzieren. Diese wiederum würgt den privaten Konsum ab, was weitere Staatsverschuldung erzwingt. Darin liegt der Grund für die Explosion der Staatsausgaben seit den 70er Jahren und diese führt unumkehrbar in den Staatsbankrott. Um den Konsum wieder anzukurbeln, die Kreditnachfrage zu erhöhen, neue Besteuerungsbasen zur Finanzierung der Staatsverschuldung zu finden und die durch sinkenden Konsum und Globalisierung stagnierenden Löhne zu kompensieren, sucht man im Binnenmarkt nach Nachschuldnern, Steuerzahlern und Konsumenten und findet sie in den bis dahin noch nicht berufstätigen Frauen. Hat der Staat die Frauenbewegung (z.B. im Abendland ab dem 18. Jh.; im Römischen Reich seit dem 4. Jh.) bis dahin ignoriert oder bekämpft, öffnet er sich nun ihren ideologischen Trägern (Marsch durch die Institutionen der 68er; weitreichende emanzipatorische Rechte ab dem 1. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr. im Römischen Reich) – unter dem euphemistischen Banner der »Frauenemanzipation« zwingt man die Frauen als kapitalistische Leistungsträger in die Wirtschaft.

      Wie der Staat sich bei der Öffnung gegenüber nützlichen Ideologien, durch die Protegierung der Opportunisten und Korrupten, die Rosinen herauspickt, war im Westen schön zu beobachten, als die feministische Bewegung innerhalb der 68er – die sich immer als antikapitalistisch verstand und den Kapitalismus als Ursache für das reaktionäre weibliche Rollenbild ausmachte – beim Marsch durch die Institutionen das Feindbild »Kapitalismus« durch das Feindbild »Mann« ersetzte und fortan versuchte, die Frauen zu einem Rädchen des vormals bekämpften Systems zu machen. Aber auch damit erkauft man sich nur Zeit, denn wenn sowohl Mann als auch Frau berufstätig sind, bleibt immer weniger Freizeit für den Konsum übrig und dieser muss mit dem Leistungsdruck Hand in Hand gehen, schließlich will das Geleistete eines Kreditnehmers auch gekauft bzw. verkonsumiert werden. Der Tag hat nur 24 Stunden und die Erhöhung der Arbeitsleistung bei gleichzeitigem Mehrbedarf an Konsum ist ein Widerspruch in sich. Ständig steigende Kreditmengen, die einen Verkauf von ständig steigenden Mengen an Konsumgütern zur Tilgung verlangen, führen irgendwann zur Sättigung. Zuerst psychologisch und physiologisch (der Steigerung des Nahrungs- und Getränkekonsums sind biologische Grenzen gesetzt), später schon allein aus Zeitgründen. Der dort einbrechende Konsum schlägt sich wiederum auf die Löhne nieder, sodass die Beschäftigungsquote der Frauen zwangsläufig steigen muss, weil das Gehalt des Mannes allein nicht mehr ausreicht, um die Familie durchzubringen. Durch den ständig zunehmenden Leistungsdruck, bei gleichzeitigem Lohndruck und Rabattschlachten der Unternehmen, verkommt Arbeiten zum Selbstzweck. Ein Elternpaar schiebt dann seine Kinder in Tagesstätten ab, um mehr und unter immer höherem Leistungsdruck zu arbeiten, um Produkte, die niemand benötigt, zu billigsten Preisen anbieten zu können, damit sich noch Konsumenten finden, die über ihre Konsumsättigung hinaus auf Schnäppchenjagd gehen. Es muss nicht weiter erörtert werden, warum ein debitistischer Durchlauf in einem solchen rückkoppelnden Prozess in sich selbst endet.

      Nun kann sich, wie wir gesehen haben, der Staat als Nachschuldner betätigen, wenn die private Kreditnachfrage nachlässt, auch wenn er sich dadurch stets nur Zeit erkauft, da Staatsschulden, wie gesagt, leistungsloses Geld sind und zur Entwertung der Steuer führen, was weitere Steuererhöhungen erzwingt. Ab wann tritt aber beim Staat die Überschuldung ein? Sobald die Steuereinnahmen sich nicht mehr weiter steigern lassen (Laffer-Kurve), um die Zinsen auf die Staatsschulden zu begleichen, ist das Spiel vorbei und der Vorhang fällt. Spätestens (!) dann tritt der große kapitalistische Zyklus in seine letzte Phase: die Nettogeld-Produktion. Sie ist ein Verzweiflungsakt des Staates, der einzig und allein den Sinn hat, die Macht im Staate zu behalten, indem die Bereinigung der Schuldenkrise auf Jahrzehnte (bzw. Jahrhunderte, wenn man die Problematik rund um die Eigentumsverteilung berücksichtigt, die selbst nach einer Währungsreform bestehen bleibt), bei sukzessiver Verarmung und Verelendung des Volkes, gedehnt wird. Erst wenn der Staat die Notenpresse anwirft, beginnen die Zinssätze allmählich wieder zu steigen. Schön zu beobachten im Römischen Reich mit seinem im Vergleich wesentlich entschleunigteren Kapitalismus, wo die Zinsen in einem Zeitraum von 200 Jahren (250 v. Chr. bis 50 v. Chr.) kontinuierlich auf 4% sanken1, dort rund 100 Jahre blieben, bevor sie um 50 n. Chr. für 200 Jahre kontinuierlich auf über 12% stiegen.2 Der Zeitraum der steigenden Zinsen fällt damit exakt mit dem Beginn der jahrhundertelangen Nettogeldproduktion (Münzverschlechterung) zusammen (allein von 50 n. Chr. bis 270 n. Chr. fiel der Silberanteil der römischen Münzen um mehr als 95%). In die Zeit der niedrigen Zinsen fällt in dem von Bürgerkriegen3 und Finanzkrisen gebeutelten Reich auch der Aufstieg der Cäsaren (Imperatoren), die das Ende der Republik (27 v. Chr.) einläuteten. Das Ende der Demokratie/Republik beginnt immer mit dem Aufstieg der Populisten in der Politik. Aus ihnen rekrutieren sich später die ersten Cäsaren, so wie auch Gaius Iulius Caesar Teil der sogenannten »Popularen« war, einer Gruppierung von Politikern, die sich auf die Volksversammlung stützte bzw. das Volk für das Erreichen eigener Ziele instrumentalisierte. Ihr Auftreten geschieht schon allein deshalb zwangsläufig, weil eine koordinierte Krisenbekämpfung im Rahmen der Demokratie vollkommen unmöglich ist. Man darf sich diese Abschaffung der Demokratie am Ende eines kulturellen Zyklus nicht als einschneidendes Ereignis vorstellen, wie das zuvor noch bei der staatsstreichartigen Implementierung totalitärer Machthaber und Ideologien der Fall war. Es ist ein schleichender Prozess, bei dem es keine kritische Rückschau mehr geben wird. Was wir heute im Rückblick als Römisches Kaiserreich bezeichnen, war für viele Römer der damaligen Zeit nach wie vor die Römische Republik. Deshalb wird auch mit dem Aufkommen der cäsaristischen Privat- und Familienpolitik das Schlagwort »Demokratie« nicht aus der Mode kommen, auch wenn es sich dabei um zwei völlig unterschiedliche Formen von Politik handelt. In diese Übergangszeit und weit darüber hinaus fällt auch die Epoche imperialistischer Kriege zur Nachschuldnerfindung, Eigentumserschließung und Rohstoffausbeutung (im Westen spätestens ab 9/11). Bevor aber ein Imperium an seiner inneren Komplexität erstickt und schließlich desintegriert, ist es genau diese Komplexität aus wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen, die den Zusammenhalt temporär gewährleistet. Eine Erkenntnis, die im Detail wohl nur ein genialer Kopf wie Paul C. Martin zu einer Prognose ummodellieren konnte. Einer Prognose, die heute erschreckende Aktualität genießt. Martin schrieb 1987 (!):

       »Alle Staaten werden für alle Staaten, alle Notenbanken für alle Notenbanken haften, einschließlich СКАЧАТЬ