Wenn wir die Aktivitäten beschreiben, die uns unsere Füße ermöglichen, steht uns ebenfalls ein großer Variantenreichtum zur Verfügung: Rennen, springen, laufen, tanzen, hüpfen, tapsen, spazieren, hinken, schlendern, schleichen, dribbeln, watscheln, schreiten, marschieren, trampeln, treten, balancieren – oder ganz einfach – stehen und gehen.
Genauso selbstverständlich wie in der Sprache verwenden wir unsere Füße Tag ein Tag aus für unsere Mobilität. Wir nehmen sie kaum mehr wahr und setzen voraus, dass sie funktionieren. Das sind wir ja sprichwörtlich von Kindesbeinen an so gewohnt. Die Füße sind der von den Augen am weitesten entfernte Körperteil. Wie oft achten Sie beim Betrachten Ihres Spiegelbildes auf die Füße? Wenn überhaupt, dann doch eher auf die neuen Schuhe. Ganz davon abgesehen zeigen die meisten Spiegel die Füße gar nicht.
Den Füßen Beachtung schenken
In der täglichen Sorge und Pflege werden die Füße nicht selten gegenüber Gesicht, Händen und anderen Körperpartien vernachlässigt. Das erlebe ich in meiner Fußsprechstunde immer wieder. Bei rund 50 bis 70 Paar Füßen, die pro Sprechstundentag im wahrsten Sinne des Wortes durch meine Hände laufen, habe ich da inzwischen einen guten Überblick. Nur wenige gönnen ihren Füßen regelmäßig eine professionelle kosmetische oder sogar medizinische Pflege bei einem Podologen, wie die nichtärztlichen Fachleute für Ihre Füße heißen.
Erst, wenn die Füße anfangen zu schmerzen, wird uns ihr Wert ganz schnell bewusst. Beschwerden am Fuß bremsen uns aus, egal, ob sie schlagartig beginnen oder erst schleichend einsetzen. Im Ernstfall kann uns der Fußschmerz im wahrsten Sinne des Wortes sogar ganz aus dem Verkehr ziehen.
Was nun? Wo bekommen Sie kompetente Beratung? An wen können und sollen Sie sich wenden? An diesem Punkt hoffe ich, Ihnen mit meinem Buch, das Sie nun in den Händen halten, mit gutem Rat zur Seite zu stehen.
Warum dieses Buch?
Nun, da könnte ich es mir einfach machen und antworten, dass es einen vergleichbar aktuellen und wissenschaftlich fundierten Ratgeber für Probleme an Fuß und Sprunggelenk bisher nicht gibt. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Den Wunsch, ein solches Buch zu schreiben, hatte ich schon sehr lange. Die Gründe dafür sind vielschichtig.
Unsere Füße verständlich erklärt
Tatsächlich kenne ich kein vergleichbares Nachschlagewerk über die Füße außer das, welches Sie nun in Ihren Händen halten. Wer einen Blick ins Regal gut sortierter Buchhandlungen wirft, findet dort zunächst viel Literatur zu anderen orthopädischen Gesundheitsproblemen wie Rückenschmerz, Kniearthrose und das Leben mit künstlichen Gelenken, auch in Form von gut lesbaren und für Laien verständlich geschriebenen Ratgebern. Zum Themenkomplex Fuß und Sprunggelenk gibt es ebenfalls viele hervorragende Werke – aber nur in der Rubrik „Fachbuch“, also von Ärzten für Ärzte geschrieben. Braucht ein Patient Informationen, die ihm verständlich erklären, welche Ursachen für seine Probleme am Fuß in Frage kommen und welche Behandlungsmöglichkeiten es dafür gibt, wird er vergeblich suchen. Allenfalls findet er Literatur über alternative Heilmethoden oder stößt auf die rasant zunehmende Zahl an „Barfußbüchern“. Nicht dass ich etwas gegen das Barfußgehen einzuwenden hätte, aber es ist nicht das Patentrezept gegen Fußschmerzen.
In meiner Spezialsprechstunde für Fuß- und Sprunggelenkserkrankungen erlebe ich jeden Tag, dass der Bedarf nach einem umfassenden und nicht nur Medizinern zugänglichen Ratgeber groß ist. Meine Patienten sind sehr dankbar und hören mit großem Interesse zu, wenn ich Ihnen ihr oft sehr schmerzhaftes Problem verständlich erläutere und gleichzeitig mögliche Auswege aus der Misere anbiete. Ich erkläre tatsächlich sehr gerne und bin bemüht, Fachwissen in verständliches Deutsch zu übersetzen. Das wissen meine Patienten. Und ich empfinde es als großes Kompliment, wenn sie mir sagen, dass sie das auch zu schätzen wissen.
Auch in meinen Patientenseminaren bemerke ich immer wieder, wie ausgeprägt der Wunsch nach Gesundheitsinformationen zu Fuß und Sprunggelenk ist. Welche Themen den Teilnehmern dabei besonders am Herzen liegen, zeigen die vielen Fragen, die sie mir im Anschluss an meine Ausführungen stellen. Ich habe versucht, dies in meinem Buch besonders zu berücksichtigen.
Ein Blick auf die Statistik der Fußerkrankungen
Wie sehr beratende Literatur zum orthopädischen Funktionskomplex Fuß und Sprunggelenk fehlt, sehe ich außerdem an den nackten Zahlen. Werfen Sie dazu mit mir einen Blick in die umfangreiche Datensammlung des Statistischen Bundesamtes. Drei von vier Deutschen leiden während ihres Lebens unter Fußproblemen. Die Zahl der Betroffenen in der Schweiz und in Österreich dürfte sich hiervon kaum unterscheiden. Eine weitere Statistik zeigt, dass in deutschen Krankenhäusern in jüngster Vergangenheit innerhalb von sechs Jahren die Anzahl der Operationen allein am Vorfuß von 100 000 auf 150 000 gestiegen ist. Der Vorfuß umfasst in erster Linie die Zehen. Das heißt, die Steigerungsrate bei Operationen von Zehenfehlstellungen beträgt 50 Prozent!
In Deutschland sind alle Operationsverfahren aus sämtlichen Fachgebieten nach dem sogenannten OPS-Code verschlüsselt. Operationen an den Zehen beginnen mit dem Code 5-788. Bei Frauen sind diese Eingriffe inzwischen in die Top Ten der OP-Statistik deutscher Kliniken aufgestiegen. Von solchen Zuwachsraten können andere Fachgebiete der Chirurgie nur träumen. Dabei darf bei den Zehen-Operationen eine erhebliche Grauzone nicht vergessen werden: Inzwischen werden Eingriffe mit den ersten Codeziffern 5-788 vorwiegend ambulant von niedergelassenen Spezialisten durchgeführt. Diese Zahlen tauchen in der oben zitierten Statistik gar nicht erst auf. Ich führe die überwiegende Zahl dieser Vorfuß-Operationen ebenfalls ambulant durch. Die Krankenkassen fordern dies mehr und mehr.
Der Fuß besteht aber nicht nur aus Zehen, wo gesundheitliche Probleme durch Fehlstellungen nicht selten auch schon in jüngeren Jahren auftreten. Die Operationsstatistiken der Kliniken zeigen auch eine deutliche Steigerung bei den komplexen Eingriffen am Mittelfuß und Rückfuß. Diese Operationen führe auch ich ausschließlich stationär im Krankenhaus aus und trage somit zur Wachstumsrate dieser Statistik bei. Auf der einen Seite zeigen die hohen Zahlen, dass Fußerkrankungen häufiger werden. Gründe dafür sind der demographische Wandel und unsere Lebensumstände mit einem Trend zu weniger Bewegung und mehr Übergewicht. Beides bedingt zwangsläufig eine Zunahme verschleißbedingter Erkrankungen am Bewegungsapparat im Allgemeinen sowie am Fuß und Sprunggelenk im Speziellen. Auf der anderen Seite ist die Steigerung der Eingriffe so zu erklären, dass es natürlich auch immer fortschrittlichere Operationsverfahren für eine immer größer werdende Zahl an inzwischen gut erforschten und gut behandelbaren Fußproblemen gibt.
Fortschritte der Fußchirurgie
Im Laufe meiner Facharztausbildung habe ich selbst miterleben dürfen, dass sich in der Fußchirurgie eine wahrhaft rasante Entwicklung vollzogen hat. Das zeigt sich gerade im Vergleich zu den heute noch etablierten Verfahren in der Behandlung von Wirbelsäulen-, Hüft- und Knieleiden. Inzwischen kann ich auf mehr als 20 Jahre orthopädische und 15 Jahre speziell fußchirurgische Tätigkeit zurückblicken. Ich weiß also, wovon ich rede.
Während dieser mehr als zwei Jahrzehnte ist die Fußchirurgie aus einer Art Dornröschenschlaf erwacht. Sie hat sich zu einem eigenen und hoch anerkannten Spezialgebiet in der Orthopädie und Unfallchirurgie ausgebildet. Damit hat die Fußchirurgie eine Entwicklung hinter sich, wie sie vor langer Zeit schon die Handchirurgie erlebt hat. Heute sind beide eigene Fachdisziplinen.
Im Fokus der Orthopädie СКАЧАТЬ