Nur ein Viertel Elfenblut. Wolf Awert
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Nur ein Viertel Elfenblut - Wolf Awert страница 6

Название: Nur ein Viertel Elfenblut

Автор: Wolf Awert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Drachenblut

isbn: 9783959591805

isbn:

СКАЧАТЬ Das hier war Elfenmagie in ihrer reinsten Form. Sie kannte und erkannte er. Doch so gestaltlos, inhaltsleer und gleichzeitig so voller Kraft hatte er sie noch nie erlebt. Das musste ihre Ursprungsform sein, bevor jemand sie in einen Zauberspruch zwang. Wo bin ich hier?, fragte er sich, als Sumpfwasser sich ein Amulett um den Hals legte und es mit seiner Linken festhielt.

      „Sprich mir nach.“ Sumpfwassers Stimme bahnte sich einen Weg durch Lufthauchs Ohren. „Sprich mir nach. Das Leben der Vernunft ist heilig und ich, der Elf Lufthauch, schwöre hiermit feierlich …“ Der Rest seiner Worte ging in einem Brausen unter.

      Nachdem Lufthauch den Eid geleistet hatte, klärte sich die Luft wieder, als würde sich alle Magie zurückziehen. „Ihr müsst damit rechnen, dass ich Euch enttäusche“, sagte Lufthauch. „Ihr schickt mich in eine Welt, die nicht die meine ist, in eine Welt von Befehl und Gehorsam, wo doch für mich die Freiheit über allem steht. Sagt später nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.“

      Sumpfwasser legte Lufthauch die Hand auf die Schulter und packte ihn mit festem Griff. „Damit du es weißt: Du kannst mich nicht enttäuschen, höchstens scheitern. Und begleitet uns die Möglichkeit des Scheiterns nicht während unseres ganzen Lebens? Sollten wir wegen einer Angst vor dem Scheitern entscheiden, nichts zu tun? Oder gar den Zufall für uns entscheiden zu lassen? Dann würde es die Waldelfen nicht mehr lange geben, und glaube mir, Lufthauch, ich liebe unser Volk, auch wenn es nicht meine Natur ist, große Gefühle zu zeigen. Außerdem verliere ich ungern. Wenigstens das haben wir beide gemeinsam. Und nun geh.“

      Lufthauch ging. Zumindest diesem Befehl gehorchte er ohne Widerspruch. Und er fragte sich, woher Sumpfwasser wusste, das Verlieren immer wie die Pest für ihn war. Seine Gedanken wanderten wieder zu Kriecher. Den Drachen mit dem gelähmten Flügel. Und wie erhaben er gewirkt hatte trotz seines Makels. „Niemand in unserer Welt sollte Kriecher heißen“, flüsterte Lufthauch. „Und ein Drache schon gar nicht.“

      Tamalone

      Sumpfwasser eilte durch den schütteren Wald am Fuß des Berglandes. Nur einige neugierige Tieraugen folgten ihm. Der alte Elf war in diesem Spiel von Licht, Schatten und tanzenden Flecken aus Braun, Grün und Silber nicht leicht zu erkennen. Auch konnte man ihn nicht hören, weil seine Sprungschritte leiser waren als der Flügelschlag eines Nachtfalters. Hin und wieder geriet sein Lauf ein wenig aus dem Takt, weil er sich an die Brust griff, als wollte er sich vergewissern, dass sein Herz noch schlug. Irgendwann blieb er stehen. Für ein kurzes Durchschnaufen wenige Sprünge vor dem Ziel oder eine letzte schnelle Orientierung, dass er noch auf dem richtigen Weg war. Vielleicht aber auch nur, um seine Gedanken zu sammeln.

      Ich werde langsam zu alt für diese Rennerei, dachte er, als er sich eingestehen musste, seine Kräfte überschätzt zu haben. Er hatte länger gebraucht als geplant. Umso größer war nun die Erleichterung, sein Ziel endlich erreicht zu haben.

      Es war ein erbärmliches Ziel. Nur eine Niederlassung der Minengesellschaft in einem kleinen Dreieck zwischen Elfenland, dem Aufstieg zu den Drachenbergen und einer Region, die ursprünglich allein den Tieren vorbehalten war. Früher hätte man diesen Ort wahrscheinlich Niemandsland genannt. Doch früher war früher, und die Zeiten hatten sich geändert. Seitdem die Menschen in alle Richtungen ausgeschwärmt waren, als hätte jemand mit dem Stock an einen Bienenstock geschlagen, gab es kein Niemandsland mehr. Jetzt ließen sie sich nieder, wo es ihnen gefiel. Staub und Asche! Konntet ihr nicht in eurer angestammten Heimat bleiben? Was habt ihr in unseren Wäldern zu suchen?

      Vorwürfe machte er den Menschen nicht. Jedes Volk reagierte auf die Veränderungen der neuen Zeit auf seine ganz eigene Art. So auch das seine. Nur die Waldelfen waren bereit gewesen, Verantwortung zu übernehmen und hatten deshalb beschlossen, dass die Gesetze des Elfenlandes ab sofort und überall zu gelten hatten. Aber wohin hat uns das gebracht?, fragte er sich. Jetzt haben wir die Feinde im eigenen Volk und einen Krieg vor der Tür, den wir niemals werden gewinnen können. Und selbst wenn, ist unsere Welt deshalb noch lange nicht gerettet. Niemand kann eine Welt retten, die es sich vorgenommen hat zu sterben. Auch wir Elfen nicht.

      Die letzten Schritte legte Sumpfwasser nun langsam, beinahe bedächtig zurück. Vor ihm befanden sich noch einige Büsche zwischen vereinzelten schlanken Bäumen, bevor das offene Land mit seinem steindurchsetzten Boden begann. Er bog ein paar Äste zur Seite, um besser sehen zu können. Nein, das war kein Ort, an dem ein anständiger Elf sich blicken lassen sollte. Was für ein Gestank! In einem Reflex des Abscheus verzog er das Gesicht, riss sich aber sofort wieder zusammen. Er war angekommen. Das allein zählte.

      Weite und nur Dreck und Staub, weil unzählige Menschenfüße Gras und Kräuter zertrampelt hatten. Ein paar vereinzelte Hütten und Häuser. Am hinteren Rand einer freien Fläche ragte ein hässlich rotes Gebäude aus Stein empor, viel zu groß für diese Siedlung. Daneben verschiedene Baracken. Dort, wo das Gelände anstieg und es zu den Drachenbergen hinaufging, hatten die Menschen es gewagt, ein Loch in den Fels zu brechen, das sich mit jedem Tag tiefer ins Gestein hineinfraß und sich unter der Erde immer weiter verzweigte wie ein Baum, der den Himmel suchte. Wussten sie denn nicht, dass das Leben über der Erde lag und nicht darunter? Neben dem Loch, etwas abgelegen, befanden sich die Totsteinhalden. Gestein, das einmal den Boden getragen und als Teil des Gebirges einen Zweck erfüllt hatte, lag nun nutzlos herum, nachdem die Menschen ihm das Erz entnommen hatten.

      Ich hasse euch Menschen. Euch und die Gestaltwandler. Weil ihr alle keine Achtung vor der Reinheit des Blutes habt.

      Ein schneller Blick in den staubweißen Himmel verriet ihm, dass die Sonne bereits hoch stand. Er würde sich beeilen müssen, aber Lärm und Gestank lenkten ihn ab. Still waren nur die Kinder, die Mahlzeiten für die Bergleute in Richtung Schacht trugen. Aber diese Stille schenkte niemandem Ruhe. Es war nur eine kleine Stille, die sich nicht über den Mund hinaus traute. Wo die Ruhe fehlte, konnte Schönheit sich nicht niederlassen. Wie also sollten die Siedlungen der Menschen etwas anderes widerspiegeln als die versammelte Hässlichkeit aller Dinge? Sumpfwasser riss sich zusammen. Er war nicht hierhergekommen, um müßigen Gedanken nachzuhängen. Er war gekommen, weil …

      Er flüsterte einen Namen und schickte ihn auf die Reise: „Tamalone“. Er war zu leise gesprochen, um gehört zu werden, und nicht mehr als der Träger seines Wunsches. Mit Elfenmagie verband er Wort und Wunsch zu einem Sehnen, das von selbst sein Ziel finden würde. Tamalone, so hieß das Mädchen. Oder war es eine junge Frau? Sumpfwasser schüttelte den Kopf. Zu viel Zeit war schon vergangen. Und so wenig hatte er erreicht.

      Mitten in der Siedlung setzte ein Mädchen ihre beiden Wassereimer ab, ohne sich um die missbilligenden Blicke derer zu kümmern, die ihr nun plötzlich ausweichen mussten. Sie streifte sich die Lederriemen des Rucksacks von den Schultern, ließ ihre Last einfach dort fallen, wo sie stand und lauschte dem Wind. Hier war die Minensiedlung, in der sie alles kannte. Am Waldrand fing das Draußen an, das sie nichts anging, weil dort nichts war, das sie zu interessieren hatte. Aber heute war dort doch etwas. Der Wind brachte es mit. Etwas, das sie umhüllte, die Hitze vertrieb, den Staub bannte und würzig roch. Etwas das einen Namen trug. „Tamalone“. Nein, Tamalone war nicht der Name des Draußen. Tamalone war ihr Name – und ein Ruf.

      Mit zunächst zögerlichen, dann festen Schritten begab sie sich zum Rand der Lichtung. Sie brauchte den Kopf nicht zu wenden, um zu wissen, dass sie beobachtet wurde, weil das immer geschah. Meistens ganz offen aus einem der Fenster des roten Hauses heraus. Ein Mann in dunkler Kleidung oder eine Frau. Manchmal standen sie auch zusammen dort, und er hielt sie im Arm. Beide arbeiteten für die Minengesellschaft und brauchten sich nicht zu verstecken. Mehr wusste sie von ihnen nicht.

      Sie hatte die Stimme erkannt, obwohl sie keinen Klang hatte, alle Ohren umging und sich direkt in die Köpfe begab, die ihr Einlass gewährten. Die Stimme СКАЧАТЬ