Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto
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Название: Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte

Автор: Louise Otto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027204908

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СКАЧАТЬ ich dagegen thun? Er war ja ein »alter« Herr und gewiß gingen viele Leute dieses Weges, es war wohl herkömmliche Badesitte und Freiheit. Ja, aber alle Spaziergänger begegneten uns nur, des gleichen Weges ging Niemand, schon begann es zu dämmern, der Fremde ersuchte mich, vom Steigen auf einer Bank zu ruhen, da ich schwer athmete, er setzte sich neben mich, nahm jetzt einen zärtlichen Ton an und wollte meine Hand küssen, ich sprang auf, rief nur: »Sie täuschen sich in mir!« und lief hastig denselben Weg zurück und hinunter. Zitternd und wüthend ging ich in mein Zimmer und verließ es bis zum andern Tag nicht wieder – von dem Kellner erfuhr ich, daß der Weg zur Ruine viel weiter war und ich sie also nur im Dunkeln hätte erreichen können – dann fragte ich auch nach dem Herrn mit dem Orden – es war in der That ein vornehmer Herr am Hofe eines Kleinstaates – so viel ich weiß, lebt er nicht mehr. – Ich dachte wieder an meine Tante – war es denn in der That nur einer Abenteuerin, als welche ich ja wohl erschien, vergönnt, in Gottes schöner Welt sich umzusehen? und welches Recht haben die Männer, uns nur unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, ob es ihnen wohl vergönnt ist, ein unwürdiges Spiel mit uns zu treiben, wenn wir gerade im Bewußtsein unsrer sittlichen und weiblichen Würde, keines fremden Schutzes bedürfen und es verschmähen, immer eine Ehrendame oder einen Vormund und Wächter an unsrer Seite zu haben? Wie erbitterte mich schon damals eine solche Erniedrigung unseres Geschlechtes! Aber sei es wie es immer sei – ich wollte diesen albernen Vorurtheil keine Concessionen machen, diese Erniedrigung nicht auf mich nehmen.

      Noch in mädchenhafter Entrüstung und nach einer schlaflosen Nacht verließ ich Liebenstein – wie edel erschien mir mein Kutscher dem Ordensherrn gegenüber! Dem Manne aus dem Volke konnte ich meine Person tagelang vertrauen – der feine Cavalier hatte keine Stunde gebraucht, meinen Abscheu hervorzurufen, mich tief zu beleidigen. Als dann auf der abschüssigen Chaussee das Pferd einen Seitentritt trat und plötzlich unter der Deichsel lag, eine kräftige Thüringerin herzusprang und mir aus dem Wagen half, Burschen herzukamen, Pferd und Wagen wieder auf- und einzurichten, da wollte dieser Schreck lange nicht so viel besagen wie jener – im Gegentheil: er zeigte mir das Volk von seiner liebenswürdigsten Seite, überall boten sich helfende Hände und freundliche Worte. Der Vorfall hatte nicht viel zu besagen, das Thier kam bald wieder auf die Beine und ich in den Wagen. Ich hatte nach Schweina bei Glücksburg schicken lassen, daß die dortige Höhle Jemand zu sehen wünsche. »Eine Herrschaft« war wieder der übliche Ausdruck gewesen, und wieder ward ich auch dort gefragt: wo die Herrschaft sei? und als ich sagte, daß die Bestellung von mir komme, ob ich nicht warten wolle bis Gesellschaft komme? Ich erklärte, daß ich das Uebliche allein bezahlen würde und eben Gott danke, wenn ich dafür auch allein sei – und ich war allein in dieser Unterwelt mit zwei halbwüchsigen Burschen, die da und dort Fackeln und Windlichter anzündeten, mich durch die wunderbaren Säulengänge führten und im Nachen fuhren über den finstern, unterirdischen See. – Damals erschien mir die Sache unendlich märchenhaft und großartig; gerade um mir diesen Jugendeindruck nicht zu verderben, bin ich später nicht hineingegangen, so oft ich auch in der Gegend war – es möchte mir doch nun vielleicht Alles klein und kleinlich vorkommen!

      Aber mit welcher Ehrfurcht, welchem Triumph, welcher Seligkeit durchflammte es mich, als ich nun die Wartburg erblickte, als ich zu ihr hinaufwanderte! Da freilich nicht allein – es war die halbe táble d'hôte aus dem »Rautenkranz«, die sich da gemeinsam auf den Weg machte. – Damals war die Burg noch nicht »restaurivt«, sie trug noch ihr altes rundes Dach, man begann eben erst den großen Rittersaal freizulegen, den eine geschmacklose Zeit ganz vermauert. Das Lutherzimmer war in seiner alten Einfachheit, die weißgetünchte Wand mit dem Tintenklex, die alten Geräthe, der Leviathan zu Füßen – es heimelte dies Alles gar traulich an, ganz anders als heut. Heut ist aufgeputzte Reliquie, was damals ursprüngliches Heiligthum. Noch gab es keine Gemälde an den Wänden, die Geschichte der Wartburg verherrlichend – aber vor mir stand sie lebendig. Es war ein Gewitter im Anzug – die Gesellschaft, die gemeinsam herumgeführt worden, trieb zur Eile, um vor dem Gewitter unten zu sein – aber für mich konnte es nichts Erwünschteres geben, als hier ein Gewitter abzuwarten – ich blieb im Zimmer des Castellans, an jenem Fenster, daran man heute noch in der altdeutschen Restauration so gern weilt und hinabschaut in das unendliche Grün. Da hab ich die Wartburg besungen, wie schon erwähnt, und ich lasse Einzelnes des größeren Gedichts aus eben jener Sammlung hier folgen, weil es die Zeit und meine Jugend charakterisirt, und weil ich mich darauf berufen darf, daß ich niemals den Idealen meiner Jugend untreu geworden! Das Motto dazu ergab sich dort auch:

      »Hier, diesen Harnisch hat ein Weib getragen«,

       Sprach in der Burg der alte Castellan.

       Wohl gilt's jetzt nicht, das Herz in Erz zu schlagen,

       Daß nicht ermordend ihm die Feinde nahn!

       Mein weiblich Herz wollt ihr mit Gift verwunden –

       Wohl bitter hat es euer Thun empfunden!

       Doch mag es nimmer andern Schirm und Schild,

       Als die Begeistrung, die vom Herzen quillt.

       Hoch am Himmel stand die Sonne,

       Gleich einem Engel mit goldenen Flügeln

       Ausgesendet vom Thron des Höchsten,

       Zu segnen die Erde mit Glanz und Wärme.

       Und der Engel breitete

       Die strahlenden Arme weit aus –

       Und es war als zög er die aufathmende Erde

       Näher dem Himmel, näher der Gottheit.

       Goldene Strahlenringe zog der Engel von seinen Fingern,

       Vertheilte sie dahin und dorthin;

       Und die Ringe wurden zu Heiligenscheinen,

       Zu Himmelsglorien auf den Gipfeln der Berge,

       Dahin sie der Engel geworfen.

       Und solch eine Himmelsglorie,

       Solch ein Heiligenschein krönte noch einmal

       Die Krone der Burgen des Thüringer Waldes:

       Die uralte Wartburg. Ich stand und schaute. So lang ich daheim verweilt Ein spielendes Kind, eine sinnende Jungfrau An den Ufern der Elbe, wo uralte Burgen Verwitterte Klöster unheimlich mahnen An des Mittelalters eiserne Gestalt: An den Ufern der Elbe, wo grünende Reben Mit reifenden Trauben verheißend mahnen An der neuen Zeiten gährende Gewalt: So lang ich daheim verweilt an den Ufern der Elbe Den reben- und burgbegränzten, so lang auch weilte Die Sehnsucht in meiner Brust nach der Krone der Burgen Des Thüringer Waldes: der uralten Wartburg. Nun stand sie in Himmelsglorie mit dem Heiligenschein Vor den trunkenen Blicken. Meine Hände waren gefalten, Thränen mir aus den Augen wallten, Im Herzen wallte ein Hochgefühl: Ich war am Ziel.

      Es folgen nun vier längere Abschnitte, deren Hauptinhalt der Schlußgesang kurz zusammenfaßt:

      Sinnend trat ich hinaus

       In den mauerumgebenen Schloßhof,

       Wo junge Gräser sprossten, Kinder der neuen Zeit, Die nichts gesehen von der vergangenen Tage Herrlichkeit, Von der vergangenen Tage Leid. Hinter den wallenden Wolken Schaute noch einmal ruhig strahlend hervor Die unvergängliche Klarheit der Sonne, Und beleuchtete zu meinen Füßen, Ein Werk der spielenden Natur, Im dreigeblätterten Klee – ein Vierblatt. Ich pflückte es als Angedenken – als vierfaches, An diese Burg, die erinnerungsreiche Und that dabei einen Schwur, einen vierfachen: Elisabeth, die Heilige, Sei mir ein Vorbild in stiller Demuth In allumfassender Menschenliebe Der Armen mich СКАЧАТЬ