DIE KLAUE - Der Kannibale von New York. Robert W. Walker
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Название: DIE KLAUE - Der Kannibale von New York

Автор: Robert W. Walker

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Die Fälle der Jessica Coran

isbn: 9783958353800

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СКАЧАТЬ Opfer tatsächlich leiden musste.

      Es gab nicht viele Bluttrinker oder Kannibalen in Haft, also wurde jeder – von jemandem, der nur gelegentlich kannibalistisch mordete, bis zu einem Vollzeit-Killer wie Jeffrey Dahmer – als wichtige Informationsquelle gesehen, um die dunkelsten und abartigsten menschlichen Begierden zu erforschen. Aus psychiatrischer Sicht waren diese seltenen Exemplare unbezahlbar. Also behandelten Leute wie Arnold und OʼRourke sie wie Filmstars.

      Aber was hatten sie von Sims gelernt, dessen eigener Charakter so schwach war, dass er von einem schattenhaften zweiten Selbst dominiert wurde, ein eingebildetes Double, von dem er behauptete, es sei eine Frau namens Stainlype, die der Kannibale war, und nicht er? Jessica fragte sich, wer von beiden, Sims oder Stainlype, im Jenseits für seine Sünden bezahlen würde. Wie bei Sims hatten ihre Gespräche mit Matisak einige bisher nicht aufzufindende Leichen lokalisiert und das war der einzige Grund, wieso sie in das Gefängnis für geisteskranke Straftäter zurückgekehrt war.

      Als sie langsam in der friedlichen und ruhigen Stimmung wegdöste, die im Flugzeug herrschte, fühlte sich Jessica eine Zeit lang sicher und unantastbar, bis sie Matisaks Reibeisenstimme hörte: »Die Klaue … die Klaue … die Klaue …«

      Jessica schreckte auf und hörte, wie Dorrington die Stewardess anschnauzte, die ihm Hühnchen statt eines Clubsandwichs gebracht hatte. Er sagte immer wieder: »Das Clubsandwich … das Clubsandwich …«

      »Was kann ich Ihnen bringen, Miss?«, fragte die Flugbegleiterin.

      »Nur einen Kaffee, schwarz, bitte«, rief sie über das Dröhnen des Flugzeugs hinweg. Sobald sie ihren Kaffee sicher abgestellt hatte, vertiefte sie sich wieder in die Fallakte in ihrem Schoß.

      Die New Yorker Polizei stand ratlos dem Fall eines sadistischen Frauenhassers gegenüber, der in einem großen Gebiet Frauen attackierte, verstümmelte und ihr Fleisch verzehrte. Die Vorgehensweise der sogenannten Klaue war so furchtbar, dass es über alles hinausging, was Jessica innerhalb oder außerhalb eines Autopsiesaals je gesehen hatte.

      Ein Captain des NYPD namens Alan Rychman hatte mehrere Anfragen durch das VICAP geschickt – das Violent Criminal Apprehension Program im National Crime Information Center in Washington, D.C. Rychman suchte landesweit nach Hilfe und nutzte dazu das Computersystem des FBI, in dem alle Informationen über Gewaltverbrechen gesammelt wurden, um nach bestimmten Mustern und Ähnlichkeiten zu fahnden. Das NYPD hatte bisher erfolglos versucht, irgendwelche Hinweise auf die Identität beziehungsweise Identitäten des Killers zu finden. Den Opfern waren so viele Verletzungen zugefügt worden, dass die Möglichkeit in Betracht gezogen werden musste, die Klaue könnte mehr als eine Person sein. Zusammen mit Rychman bat auch der angesehene Chef-Forensiker von New York, Dr. Luther Darius, über seine Kontakte unter den Medizinern beim FBI um Unterstützung.

      Jessica kannte Dariusʼ Ruf – wenn der um Hilfe bat, musste es in New York wirklich schlimm stehen. Offensichtlich waren fünf bekannte Opfer des Killers in mehreren verschiedenen Bezirken gefunden worden, was die Ermittlungen noch schwieriger machte, da verschiedene Polizeibezirke und gerichtsmedizinische Labors involviert waren. Die Morde hatten vor Kurzem aufgehört, aber alle fürchteten, dass weitere grausig verstümmelte und teilweise verzehrte Leichen auftauchen würden.

      Sie fand es sehr interessant, dass der Killer schon von Anfang an Spielchen mit der Polizei gespielt und die Leichen absichtlich dort abgeladen hatte, wo sie leicht gefunden werden konnten. Offenbar wollte er, dass die Leichen gefunden wurden. Vielleicht fühlte er sich schuldig und die Opfer sollten ein ordentliches Begräbnis erhalten, oder – und das war angesichts der Brutalität der Morde viel wahrscheinlicher – es gefiel ihm, damit anzugeben, wie gut er eine Leiche zerstückeln konnte, und er wollte die Öffentlichkeit, die Behörden oder beide in Angst versetzen und Ekel hervorrufen.

      Das fünfte Opfer wurde gefunden, nachdem ein Mann in einer nächtlichen Radio-Talkshow angerufen und der Polizei erzählt hatte, wo sie suchen sollten; der Anrufer hatte sich schüchtern als Ovid vorgestellt. Als man den Anruf zurückverfolgte, stieß man nur auf eine leere Telefonzelle in Manhattan, aber man hatte Ovids Stimme auf Band.

      Beim Durchstreifen der Gegend, an der laut Ovid die Polizei suchen sollte, fand man eine ausgeweidete Frau, ihre Innereien waren weg, vermutlich gegessen. Es war bereits forensisch festgestellt worden, dass man es mit einem kannibalistischen Monster und daher mit dem wohl brutalsten Serienkiller seit dem Son of Sam zu tun hatte.

      Der Bastard war nicht sehr wählerisch, dachte Jessica. Seine Opfer waren zwischen 17 und 71 Jahre alt. Von jung und blond bis zu grauhaariger Großmutter und das gab dem NYPD keinerlei offensichtlichen Opfertyp, was das Wissen um den Killer, mit dem sie zu tun hatten, weiter begrenzte. Das einzige Gemeinsame war, dass die Opfer alle Frauen waren, und dies wiederum führte zu der Spekulation, der Ripper habe einen tief sitzenden Hass auf Frauen. Das war zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt eine tiefschürfende Erkenntnis.

      Das NYPD hatte keine Fingerabdrücke, keine Haarproben oder irgendwelche Fasern, und ohne jemanden in Haft zu haben, dessen Zahnabdrücke zu denen auf den Körpern der Opfer passten, und keinerlei weitere Spuren, hofften weder die forensische Abteilung noch Captain Rychman auf irgendwelche Wunder. Der Killer war sorgfältig und hinterließ wenig bis gar keine Spuren, was Jessica zur Annahme veranlasste, er war, was das FBI einen organisierten Killer nannte.

      Dr. Luther Darius hatte beim FBI um nützliche Software zur Verbrechensaufklärung gebeten und diese auch erhalten. Damit konnte er möglicherweise die Größe und den Typ der Waffe ermitteln, die bei den Opfern der Klaue eingesetzt worden war. Jessica Coran war an der Entwicklung und Verbesserung der Software beteiligt gewesen, ein Wunschprojekt des mittlerweile pensionierten Dr. Holecraft. Er war einer von Jessicas Lehrern für Forensik gewesen. Darius konnte keine bessere computergestützte Hilfe bekommen als das FBI-Evidence-TACK-Programm. Diese Software zur Beweissicherung konnte Darius Wochen, wenn nicht Monate sparen, die er sonst mit mühsamem Sammeln und Vermessen von Beweismaterial verbracht hätte.

      Mit diesem Gedanken im Hinterkopf schloss Jessica erneut die Augen und döste weg. Alle Informationen, die die Probleme des NYPD betrafen, schienen wie die Überreste eines gesunkenen Schiffs auf den Wellen ihres Geistes hin und her zu schaukeln, ohne Beziehung zueinander, unverbunden und unorganisiert. Sie versuchte, sie im Geiste wegzuschieben, Ruhe zu finden. Für kurze Zeit gelang ihr das auch, bis sich die schwimmenden Überreste zu einer verstörenden, vertrauten Form zusammenfanden – dem Gesicht von Gerald Ray Sims. War die Klaue aus demselben Holz geschnitzt? Sie kam zögernd zu diesem Schluss, weil beide Appetit auf menschliches Fleisch hatten und Tort-6-Killer waren.

      Dann sah sie, wie sich Simsʼ Gesicht verdunkelte und zu einer bestialischen Fratze verformte – Stainlype; dann wurde Stainlype zu Matthew Matisak und seine Augen funkelten sie durch die Scheibe seiner verglasten Zelle an.

      Matisaks Gestalt erhebt sich plötzlich in ihrem Traum und kommt mit erschreckender Geschwindigkeit auf sie zu, tritt durch das Glas hindurch, das sie beide trennt, ein übernatürliches Geschöpf, das sich nicht durch eine Scheibe aufhalten oder beeindrucken lässt. Seine Hände sind drei Meter vor seinem Körper und versuchen sie zu schnappen. Sie greift schnell hinab nach der Waffe, die sie ins Gefängnis geschmuggelt hat, erhebt sie und feuert, wobei sie Matisaks Gesicht halb wegschießt. Aber er kommt weiter auf sie zu, ein Auge hängt ihm auf die Wange, das andere ist weiter auf sie gerichtet und fixiert sie unheimlich.

      Sie schnappt nach Luft, als er sie packt, zuckt zusammen und erwacht. Das Flugzeug war gerade im Anflug auf La Guardia.

      Kapitel 3

       New York City, 03. Juli 1993

      »Was meinst du, Ovid?«

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